"Letzte Generation": Neue Straßenblockaden in Bayern – "Finale" bei der IAA in München

Chiemsee - Vier Mitglieder der "Letzten Generation" sitzen an einem Tisch auf einer Wiese, flankiert von zwei Plakaten mit der Aufschrift "Klimakatastrophe zulassen = Verfassungsbruch". Im Hintergrund: das Alte Schloss auf der Herreninsel Chiemsee, wo vor 75 Jahren die Grundlagen für das heutige Grundgesetz geschaffen wurden.
Dieses Bild ist gewollt: Immer wieder referieren die vier Klimademonstranten auf ihrer Pressekonferenz auf das Verfassungsjubiläum. "In einer Welt von Dürren, Wassermangel und Ernteausfällen wird die Würde des Menschen angetastet", sagt die 73-jährige Marion Fabian von der "Letzten Generation". Aus Sicht der Klimaaktivisten begeht die Regierung durch Nichteinhalten von Artikel 1 des Grundgesetzes einen Verfassungsbruch.
"Letzte Generation": "Politiker gefährden die Grundrechte von allen"
Die 73-Jährige sieht sich selbst bereits direkt von der Klimakatastrophe betroffen: "Vor drei Wochen bin ich an einem sehr heißen Tag zusammengebrochen." Sie hätte eine der vielen Hitzetoten werden können, sagt Fabian.
Der Vorwurf an die Regierung: "Politiker inszenieren sich verfassungstreu, aber gefährden die Grundrechte von allen." Die Aktivisten sehen dabei nicht nur die Würde des Menschen und das Recht auf Leben gefährdet. So warnt die 26-jährige Psychologie-Studentin Anja Windl: "In einer Welt von immer mehr Flutkatastrophen kann das Recht auf Eigentum nicht länger gewährleistet werden."
"Letzte Generation" plant Proteste bei der IAA in München: "Hochburg der politischen Blockadehaltung"
Die "Verfassungsbrüche" wollen die Aktivisten nicht länger hinnehmen und deshalb in Bayern, dem Geburtsland des Grundgesetzes, ab Montag in den friedlichen zivilen Widerstand treten, heißt es.
"Bayern ist das Land der großen Worte und der kleinen Taten", beklagt die 25-jährige Lena Mair, die Physik und Umweltwissenschaften studiert hat. Mit einem Protestmarsch in Würzburg ab 16 Uhr geht es los.

Richtung Süden setzen sich die Proteste dann weiter fort und gipfeln in der "Hochburg der politischen Blockadehaltung": München. Passend zur Internationalen Automobil-Ausstellung (IAA), die Anfang September stattfindet.
"Letzte Generation" will in Bayern wieder Straßen blockieren
Wo und wann Aktionen geplant sind, geben die Aktivisten nicht preis. Klar ist jedoch: Straßenblockaden werden auch in Bayern zu den Protestformen gehören. Wie lange die Letzte Generation im Freistaat protestieren wird, sagen sie auf AZ-Nachfrage nicht.
Sie seien vom Mittel der Straßenblockade jedoch klar überzeugt, sagt Mair: "Es gibt sehr viele Wissenschaftler*innen, die bestätigen, dass die Methoden, die wir verwenden – also die Unterbrechungen des täglichen Lebens – zielführend sind." Ein besonderes Schutzkonzept gegen Aggressionen blockierter Autofahrer gebe es nicht. "Ich vertraue auf die Menschlichkeit", sagt Mair.
"Letzte Generation" hofft auf Treffen mit Frank-Walter Steinmeier auf der Herreninsel Chiemsee
Den Aktivisten geht es laut eigener Aussage mit den Protesten vor allem darum, mit der Politik ins Gespräch zu kommen. "Wie sehr wünschte ich mir, dass der ranghöchste Repräsentant des Staates uns zuhören würde. Er müsste nur ein paar Schritte über diese grüne Wiese gehen", sagt die 73-jährige Aktivisten Fabian über Bundespräsident Walter Steinmeier, der parallel zur Pressekonferenz der "Letzten Generation" das Jubiläum des Verfassungskonvents feiert.
Die Aktivisten fordern mehr Mitspracherecht der Bürger in der Politik: "Es ist an der Zeit, dass die Regierung einen Gesellschaftsrat einberuft", so Physikerin Mair. Der soll mit Hilfe von Experten einen kohärenten Plan erarbeiten, wie Deutschland sozial gerecht bis 2030 die Nutzung der fossilen Rohstoffe beendet. Dieser solle so ausgelost werden, dass er die "Gesellschaft repräsentiere" und demnach die Faktoren Alter, Geschlecht, Einkommen und Migrationshintergrund berücksichtigen.