Leser feiert 100. Geburtstag! Die AZ gratuliert

München - Ein Jahrhundert ist Gustav Borscz nun auf der Welt: Als Erstes gratuliert ihm sein Enkel. Die Nachbarn im Haus haben ihm ein Geburtstagsständchen geschenkt: Patrick Berg von der Musikschule kam zu Besuch in die Wohnung. Hier bläst der Musiklehrer so kraftvoll ins Horn, dass die schönen Melodien bis auf die Grünwalder Gladiolenstraße hinaus zu hören sind.
Gustav Borscz aus Grünwald: Seit 55 Jahren Abonnent der Abendzeitung
Für AZ-Abonnent Gustav Borscz eine gelungene Überraschung. Er ist am Dienstag 100 Jahre alt geworden. Sein Enkel scherzt: "Jetzt darf mein Opa keine Ravensburger Spielesammlung mehr spielen, denn die ist nur für das Alter von eins bis 99 Jahre!" Zwischen der hölzernen Schrankwand und dem überquellenden Gabentisch sitzt der nun 100-Jährige auf seinem weißen Sofa - und strahlt. Er sieht wirklich gut aus mit den schlohweißen Haaren, im schicken Anzug mit Einstecktuch und seiner Lieblingsuhr am Handgelenk.

Seit 55 Jahren liest der Mann täglich die Abendzeitung. Morgens liegt sie im Briefkasten. Nach seinem Frühstück - Hagebuttentee und Müsli mit Rosinen, Honig und Zimt - liest er in Ruhe die AZ.
Und zwar in der klassischen Reihenfolge von vorne nach hinten: "So kann ich meine Gedanken auffrischen. Ich möchte wissen, was in der Welt passiert, gerade weil ich nicht mehr viel draußen bin", sagt Gustav Borscz: "Und den Sport lese ich selbstverständlich ausführlich!", legt er nach. Zum Spaß und als Gehirntraining macht er zudem am Wochenende fleißig das "Wortsuchspiel" auf den Rätselseiten.
AZ-Leser feiert 100. Geburtstag
Die Abendzeitung gratuliert ihrem Fan mit einem Blumenstrauß - die Gerbera leuchten im AZ-Rot. AZ-Fotograf Sigi Müller hat sein Fotobuch "Münchens Blaue Stunde" für den treuen Leser mitgebracht.
Nicht nur zwei Kinder, acht Enkel und zwei Urenkel haben am Dienstag gratuliert. Die ersten Verwandten haben schon früh am Morgen angerufen. Denn Gustav Borscz ist ein freundlicher Typ und allseits beliebt. Ursprünglich stammt er aus Oberschlesien. 1966 kam er nach Grünwald. Als Installateur und Heizungsmonteur hat er hier lange gearbeitet. Später war er bei der Gemeinde Grünwald 20 Jahre als Wasserwerksmeister angestellt.
Fallschirmspringen war seine große Leidenschaft
Abenteuer erlebte er mit dem Sportclub München. Seine Leidenschaft war das Fallschirmspringen. Das große Freiheitsgefühl dabei hat es ihm angetan. Zuletzt hat er sich im Alter von 90 Jahren aus einem Flugzeug gestürzt, es war zur Sicherheit ein Tandemsprung. "Auch bei der Feuerwehr war es aufregend", erinnert sich Gustav Borscz. Als Hauptfeuerwehrmann machte er 17 Jahre bei der Freiwilligen Feuerwehr mit. Die Kollegen in Grünwald haben ihn gestern zu einem Besuch im Spritzenhaus abgeholt.
Auf die Frage, was er gut gemacht habe in seinem Leben, antwortet Gustav Borscz: "Dass ich eine Familie gegründet habe, die sich so verbreitet und vergrößert hat." Tochter Gabriele gibt ihrem Vater gerührt ein Küsschen auf die Wange.
Seine polnische Pflegerin Olga hat für das Fest eine herrliche Erdbeertorte und eine Schokoladenbombe gezaubert. Sie wohnt mit in der Wohnung. Die beiden vertragen sich sehr gut. Alle zusammen feiern das Familienfest im Wohnzimmer. Sie stoßen auf die 100 an - und darauf: "Dass es harmonisch ist in der Familie.

Wir kommen alle miteinander gut aus", sagt Tochter Gabriele. Da glitzern auch bei Gustav Borscz Tränen in den blauen Augen.
Er geht mit Rollator, war aber lange topfit. Das Geheimnis seiner starken Gesundheit? "Ich habe mich viel bewegt. Ich habe schwer gearbeitet und Sport gemacht", meint der Grünwalder. Leider lebe seine Frau nicht mehr, mit der er 72 Jahre zusammen war. "Ich habe sie an einem 1. April kennenlernt, das war kein Aprilscherz", erzählt der Senior.
Grünwalds Zweiter Bürgermeister Stephan Weidenbach stößt mit an - und lauscht dem Lebensmotto von Borscz: "Weiter, immer weiter."
Eines weiß der 100-Jährige auf jeden Fall: "Alt sein ist vielleicht nicht immer so schön, alt werden aber schon."