Leichtbauhallen für Geflüchtete: So sieht der Alltag dort aus

München - Fast sechs Jahre lang hat niemand hier geschlafen, gegessen, Deutsch gelernt, eine Arbeit gesucht und auf dem Handy die Nachrichten von seinem Zuhause verfolgt, aus dem ein Krieg sie vertrieben hat. Seit August 2016 standen die Leichtbauhallen an der Neuherbergstraße in Milbertshofen leer. Nun leben dort wieder geflüchtete Menschen. Die AZ hat sich gemeinsam mit der SPD-Stadtratsfraktion die Unterkunft angesehen.
Unterkünfte aus Metall statt Beton
Um Geflüchteten aus Syrien, Afghanistan und Afrika ein Dach über dem Kopf zu bieten, baute die Stadt im März 2016 an der Neuherbergstraße in Milbertshofen Leichtbauhallen auf. Solche Hallen bestehen nicht aus Beton, sondern aus Metall. Sie sind also günstiger, leichter auf- und wieder abzubauen.
Nicht einmal ein halbes Jahr war die Halle 2016 bewohnt. Danach stand sie leer - bis dieses Frühjahr der Krieg in der Ukraine ausbrach.

Neben den Leichtbauhallen, die an der Neuherbergstraße stehen, hat die Stadt seit Mai zwei weitere Standorte eröffnet: an der Hansastraße beim Westpark und in Zamdorf. Insgesamt gibt es etwa 520 Plätze. Dazu mietet die Stadt Hotels und andere Unterkünfte.
Die meisten Geflüchteten kommen von der Münchner Messe
An der Neuherbergstraße sieht es - zumindest von außen - ein bisschen wie auf einem Schulhof aus. Es gibt zwei Tischtennisplatten, einen Basketballkorb, eine Helferin pustet mit Kindern Seifenblasen in die Luft. Zwischen den weißen Hallen stehen Bänke aus Metall und orangene Mülleimer. Insgesamt 252 Bettplätze gibt es, aber nur 153 sind derzeit belegt.

"Fast jeden Tag kommen und gehen Menschen", sagt Natalya Smoly, sie leitet die Einrichtung. Die meisten Ukrainer kommen von der Erstaufnahmeeinrichtung an der Münchner Messe. Seit etwa zwei Wochen seien aber immer mehr dabei, die zuvor bei Münchnern zu Hause gelebt hätten, erzählt Smoly.
Ab 22 Uhr ist Nachtruhe
Und während sich die einen freuen, endlich mehr Platz zu haben als eine Matratze, sei es für die anderen schwer, sich plötzlich die Toiletten mit so vielen anderen teilen zu müssen und nicht mehr selbst kochen zu können - sondern das zu essen, was das Catering bringt.
In den Hallen trennen Holzwände, etwa zwei Meter hoch, die Bereiche voneinander ab. Es gibt keine Türen, Decken verhängen die Eingänge. Dahinter stehen vier Metallbetten mit Schaumstoffmatratzen. Steckdosen gibt es in den Einzel-Bereichen keine. Um 22 Uhr geht das Licht aus.
Wartezeiten für eine eigene Wohnung sind lang
Konflikte gebe es wenig, sagt Petra Bauer. Sie leitet bei der Awo den Bereich der Flüchtlingshilfe. Ihre Mitarbeiter und sie helfen bei der Wohnungs- und Jobsuche. Ein eigenes Zuhause zu finden, sei für die meisten der größte Wunsch, sagt sie. Doch erfüllen kann die Stadt den nicht so einfach, schildert die SPD-Fraktionschefin Anne Hübner: "Oft warten Menschen fünf Jahre auf eine Sozialwohnung."
Trotzdem sei alles besser als vor sechs Jahren, sagt Bauer. "Es gab von Anfang an WLAN, ein Programm für die Kinder - und vor allem: viel mehr Geld." Manche der Geflüchteten von damals seien schon etwas neidisch. "Ich sage dann: Na ja, wir haben halt dazugelernt."