Lehrlinge gesucht! Flüchtlinge als Lösung?
Die Nachwuchssorgen vieler Handwerksbetriebe – ein Thema, das auch bei der Internationalen Handwerksmesse in München weit oben auf der Agenda steht. Schließen Flüchtlinge die Lücke?
München - Nein, die Arbeit geht ihm nicht aus – ganz im Gegenteil. Die Aufträge sind da im Handwerk, die Branche erwartet für dieses Jahr weiterhin gute Zahlen, sie rechnet mit einem Umsatzwachstum von zwei Prozent. Eigentlich heile Welt bei den Betrieben – wäre da nicht das leidige Problem mit den Le(e)hrstellen.
Insgesamt rund 17.000 Ausbildungsjobs blieben nach Verbandsangaben 2015 unbesetzt. 200.000 Handwerksbetriebe suchen in den nächsten zehn Jahren Nachfolger zur Betriebsübergabe. Das Thema beschäftigt auch die Internationale Handwerksmesse (IHM), wo seit gestern mehr als 1000 Aussteller ihr Angebot zeigen. Auch Kanzlerin Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) besucht die Messe. Sie wird am morgigen Freitag zum Spitzengespräch der deutschen Wirtschaft nach München kommen.
Flüchtlinge "vorqualifizieren"
Die Lücke bei den Auszubildenden im Handwerk war zwar etwas kleiner als noch im Jahr 2015, aber eine echte Entspannung ist angesichts des Drangs vieler junger Leute zum Studium und der demografischen Entwicklung nicht in Sicht. Eine mögliche Lösung: Viel mehr Flüchtlinge sollen fit gemacht werden für eine Ausbildung im Handwerk. In den nächsten Jahren will das Handwerk 10.000 Flüchtlinge „vorqualifizieren“. Vielen fehlten Schulbildung und Sprachkenntnisse, sagt der deutsche Handwerkspräsident Hans Peter Wollseifer. Aber wenn man Orientierung gebe und Integrationsbereitschaft einfordere, sei er zuversichtlich, dass ein hoher Prozentsatz in eine Ausbildung vermittelt werden könne.
Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU), der gestern die Messe eröffnet hatte, fordert, das Handwerk brauche ein „Berufsabitur“, bei dem wie in Österreich und der Schweiz Ausbildungsabschluss und Abitur in einem ermöglicht werden.
Ein weiteres Thema auf der IHM: die Digitalisierung. Ob Drohnen bei den Dachdeckern oder PC-gesteuerte Fräsmaschinen – wer das Thema „nicht aktiv angeht, wird in fünf oder zehn Jahren nicht mehr in der Wirtschafts- und Arbeitswelt sein“, mahnt EU-Digitalkommissar Günther Oettinger. Handwerkspräsident Wollseifer räumt ein: „Es besteht noch Nachholbedarf.“ Aber die Handwerksmesse sei auch eine Leistungsschau in Sachen Digitalisierung: „Wir werden den Betrieben zeigen, was jetzt schon möglich ist in den einzelnen Branchen“, sagt Wollseifer.
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