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Leerstand in München: U5 Akademie steht schon seit fünf Jahren leer – Stadt sträubt sich gegen Zwischennutzung

Seit 2018 steht das Gebäude der ehemaligen U5 Akademie in Haidhausen leer. Es gehört der Stadt München, die schon Pläne dafür hat. Bis die aber umgesetzt werden, könnte es noch dauern.
von  Jan Krattiger
Eigentlich viel Platz für Ideen: Die ehemalige U5 Akademie in Haidhausen.
Eigentlich viel Platz für Ideen: Die ehemalige U5 Akademie in Haidhausen. © Jan Krattiger

München - Es ist ein geschichtsträchtiges Haus mitten in Haidhausen an der Seerieder Straße 18a: Es war nämlich einmal das Sudhaus der Traditionsbrauerei Unionsbräu – bis zur Jahrhundertwende eine der größten Brauereien der Stadt. Gebraut wird an der Seerieder Straße aber schon lange nicht mehr.

Von 1991 bis 1995 wurde das Gebäude um das Sudhaus herum schließlich umgebaut und aufgestockt von der Kunstakademie "U5". Die geriet allerdings knapp zwanzig Jahre später in finanzielle Probleme. Im August 2018 meldete die "U5" Insolvenz an, seither stehen die 1850 Quadratmeter leer. Das Besondere an dem Gebäude: Es gehört der Stadt, genauer gesagt dem Kommunalreferat.

Die Akademie hatte das Haus saniert und aufgestockt. Jetzt steht es leer.
Die Akademie hatte das Haus saniert und aufgestockt. Jetzt steht es leer. © Jan Krattiger

Leerstand in der U5 Akademie in Haidhausen: Eine Sanierung ist noch immer nicht in Sicht

Betreut wird es aber von der städtischen Wohnungsbaugesellschaft GWG. Die Stadt hat eigentlich auch schon seit Jahren konkrete Pläne für das Gebäude: Es soll eine Bildungsstätte bleiben, das Privatgymnasium Dr. Überreiter soll von der Pariser Straße 30 hierher ziehen. Darüber ist sich die Stadt mit dem Privatgymnasium eigentlich seit September 2018 einig.

Warum steht das große Gebäude dann so lange schon leer? Offenbar ziehen sich die Planungen hin, und sie verteuern sich auch. Die ursprünglich einmal veranschlagten zehn Millionen Euro Sanierungskosten sind jetzt schon auf mindestens 18 Millionen angewachsen. Bereits 2021 hat die Stadt festgestellt, dass die Sanierungsarbeiten aufwendiger würden, als erwartet. Ein Beginn der Arbeiten ist auch zwei Jahre später noch nicht in Sicht.

Schon lange nicht mehr geputzt: das Schild der ehemaligen U5 Akademie in Haidhausen.
Schon lange nicht mehr geputzt: das Schild der ehemaligen U5 Akademie in Haidhausen. © Jan Krattiger

Das Bündnis Freiräumen wünscht sich eine Zwischennutzung für das frühere Sudhaus in München

Das ehemalige Schulgebäude würde sich eigentlich gut für eine Zwischennutzung eignen, so lange noch nicht gebaut wird, dachte sich das Bündnis Freiräumen. Das Bündnis veranstaltet einmal im Jahr das Forum für Freiraum mit Diskussionen, Workshops, Filmvorführungen und vielem mehr. "Im Beschluss zur Sanierung aus dem Jahr 2021 stand ein Sanierungsende 2023/2024 drin," sagt Joshua Neumann von Freiräumen.

Die AZ trifft ihn zusammen mit seinen Mitstreiterinnen Leonie Krüger und Andrea Kramer vor Ort. "Jetzt sitzen wir da im Herbst 2023 und es ist natürlich nichts passiert."

Wollten hier rein: Leonie Krüger, Joshua Neumann und Andrea Kramer vom Bündnis "Freiräumen".
Wollten hier rein: Leonie Krüger, Joshua Neumann und Andrea Kramer vom Bündnis "Freiräumen". © Jan Krattiger

Nichts passiert heißt: keine Sanierungsarbeiten, keine neue Nutzung, aber auch keine Zwischennutzung der leer stehenden Räume. Bei der Begründung, warum das große, leer stehende Gebäude nicht zwischengenutzt werden kann, stützt sich die städtische Wohnungsgesellschaft in einem Stadtratsbeschluss aus dem Jahr 2021 auf ein Gutachten eines Architekturbüros, das die erforderlichen Sanierungsmaßnahmen erarbeitet hat – und setzt die gleichen Maßstäbe für eine Zwischennutzung an.

U5 Akademie in Haidhausen: Keine Zwischennutzung, weil sich Anwohner über Lärm beschweren?

Eine "Genehmigung für die Nutzungsänderung" und Nachrüstung der technischen Anlagen und des Brandschutzes seien dafür nötig. Ganz abgesehen davon, dass eine "lärmintensivere Nutzung, z. B. als Werkstätten oder als Tonstudio" wegen der Nachbarn Konfliktpotenzial böte.

Ursprünglich war an der Seerieder Straße 18a das Sudhaus der Traditionsbrauerei Unionsbräu (gegründet 1895).
Ursprünglich war an der Seerieder Straße 18a das Sudhaus der Traditionsbrauerei Unionsbräu (gegründet 1895). © Jan Krattiger

Das sorgt bei den Freiräumen-Aktivisten und auch bei Stadtpolitikern für Stirnrunzeln. Marie Burneleit von der Partei wollte das Bündnis Freiräumen per Anfrage unterstützen, Räume in dem Gebäude zur Zwischennutzung zu bekommen – und erhielt eine klare Absage. Sie hält die Gründe aber für vorgeschoben: "Meiner Meinung nach wurde aus Angst vor Anwohnenden, die sich über Lärm beschweren, eine Zwischennutzung verhindert."

Das Bündnis Freiräumen hat in München viele Erfahrungen mit Zwischennutzungen gemacht

Aber: Nicht jede Zwischennutzung ist laut oder braucht "diffizile Haustechnik". "Kulturelle Zwischennutzungen sind so vielfältig wie die Szene und ich wünsche mir, dass die städtischen Wohnungsgesellschaften hier mutiger denken", resümiert Burneleit.

Einen Beweis, dass das möglich ist, würde das Bündnis Freiräumen gerne erbringen. Sie haben über die Jahre viel Erfahrung mit Zwischennutzungen gesammelt, haben auch Brandschutz- und Architekturexperten an der Hand, die sie unterstützen würden. "Es gibt immer mehrere verschiedene Wege, um gerade in einer Zwischennutzung die Anforderungen, beispielsweise zum Brandschutz, zu erfüllen.

So schaut es drinnen aus: Fabrikflair, alles ziemlich modern.
So schaut es drinnen aus: Fabrikflair, alles ziemlich modern. © Marie Burneleit

Die GWG spricht davon, dass das leerstehende Gebäude aktuell im "Vermietungsprozess" ist

Es gibt auch verschiedenste baurechtliche Wege, eine Zwischennutzung zu ermöglichen," sagt Leonie Krüger von Freiräumen. Aber: "Wir machen häufig die Erfahrung, dass es von vornherein, zum Beispiel mit Bezugnahme auf das Baurecht, heißt: 'Nein, das geht einfach nicht'. Aber es wird nicht mal versucht, diese Wege der alternativen Nutzung überhaupt zu gehen."

Stattdessen: vorauseilende Ablehnung. Das erfährt auch die AZ auf Nachfrage bei der GWG zu den aktuellen Plänen mit dem Gebäude. Die GWG sei aktuell "im laufenden Vermietungsprozess". Nähere Angaben dürfe man erst machen, wenn der abgeschlossen sei. Wann die Sanierungsarbeiten losgehen und das Gebäude wieder genutzt wird, ist unklar – dass es weitere fünf Jahre werden? Durchaus möglich.

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