Lebenslange Haftstrafen im Dissidentenmordprozess

München - Im Prozess um den gewaltsamen Tod des Exilkroaten Stjepan Durekovic vor 33 Jahren hat das Oberlandesgericht München am Mittwoch zwei Ex-Offiziere eines früheren jugoslawischen Geheimdienstes zu lebenslanger Haft verurteilt. Die 74 und 71 Jahre alten Männer haben nach Überzeugung des Gerichts den tödlichen Anschlag auf den kroatischen Dissidenten im Exil in Auftrag gegeben und vorbereitet. Mit seiner Entscheidung entsprach der Strafsenat dem Antrag der Bundesanwaltschaft, die Verteidigung hatte auf Freispruch plädiert und will Revision einlegen.
Hintergrund der Bluttat waren dem Urteil zufolge die Wirren im Jugoslawien der Nach-Tito-Zeit mit seiner schwachen Volkswirtschaft, die durch die Erdölkrise infolge des Irak-Iran-Krieges seit 1979 noch weiter geschwächt wurde. Gleichzeitig habe die Gefahr bestanden, dass die Unabhängigkeitsbestrebungen der Staaten der jugoslawischen Republik "neuen Auftrieb bekommen".
In dieser Situation wurde der ins deutsche Exil geflüchtete kroatische Regimekritiker Durekovic zum Sündenbock. Er war Marketingchef des größten jugoslawischen Ölkonzerns gewesen, dessen Führung unter Korruptionsverdacht stand. Man hoffte, sich mit ihm eines "gefährlichen Separatisten" zu entledigen, denn Durekovic engagierte sich für die Exil-Organisation "Kroatisches Nationalkomitee" und war in einem unabhängigen Kroatien für eine Führungsposition vorgesehen.
Der Dissident "sollte mundtot gemacht werden"
Diese Gründe für eine Liquidierung des Regimekritikers "waren beiden Angeklagten bekannt", sagte der Vorsitzende Manfred Dauster. Der Ältere war damals politischer Leiter des Staatssicherheitsdienstes SDS. Er hat nach Überzeugung des Senats den Auftrag für den Mordanschlag erteilt, den sein Mitangeklagter, Chef der Abteilung zur Bekämpfung feindlicher Emigration, vorbereitet habe. Der 71-Jährige bediente sich dabei eines – schon früher verurteilten – Informanten, der sich in der Exilanten-Szene Ansehen verschafft und das Vertrauen Durekovics gewonnen hatte.
Dem Spitzel gehörte die Druckerei in der Garage in Wolfratshausen, die am 28. Juli 1983 zum Schauplatz des Mordes wurde. Der Informant stellte laut Urteil seinem Führungsoffizier einen Nachschlüssel zur Verfügung, den der Emigrantenbekämpfer den mindestens drei Killern übergab. Sie lauerten in der Garage, als der Journalisten dort einen Artikel hinterlegte. Mit Schüssen aus zwei Pistolen und durch Hiebe gegen den Kopf töteten die Killer das Opfer. Die Täter sind bis heute nicht ermittelt.
Lesen Sie hier: Flüchtlingsrat kritisiert Balkanzentren
Die Tat sei heimtückisch und aus niedrigen Beweggründen verübt worden und damit als Mord zu werten, sagte der Vorsitzende. Der Dissident "sollte mundtot gemacht werden". Dies, so Dauster, sei ein Motiv "auf der untersten Stufe".
Dass der Prozess erst so spät stattfand, liegt an internationalem Recht: Erst mit dem EU-Beitritt Kroatiens im Juli 2013 konnten europäische Haftbefehle erlassen werden, die die Auslieferung der Ex-Geheimdienstmänner ermöglichten. Allerdings verabschiedete Kroatien noch rasch ein Gesetz, das die Auslieferung zunächst verhinderte. Erst auf massiven Druck der EU lenkte die Regierung ein.