Lebenslänglich Deutschland
Am Donnerstag soll sein Prozess zu Ende gehen: In jedem Fall bleibt John Demjanjuk erst einmal hier
MÜNCHEN Wird Deutschland sein Schicksal? John Demjanjuk soll als ukrainischer Wachmann für Nazi-Deutschland 27 900 Juden mit in den Tod des Vernichtungslagers Sobibor getrieben haben. Am Donnerstag soll das Urteil in dem Kriegsverbrecher-Prozess gegen ihn fallen. In München.
„Schon der Prozess war für ihn die größte Strafe”, erklärte sein Anwalt Ulrich Busch im AZ-Gespräch. Selbst ein Freispruch könne daran kaum noch etwas ändern. Der Staatenlose könne nicht zu seiner Frau in den USA – und sie nicht zu ihm. „Sie kann nicht fliegen”, führt Busch medizinische Gründe an. Demjanjuk war aus den USA, wo seine Familie lebt, ausgewiesen worden. Allein Deutschland erklärte sich auf Grund des Haftbefehls bereit ihn aufzunehmen. Kommt Demjanjuk frei, werde er sich hier einen Platz in einem Altersheim suchen müssen, so der Verteidiger. Da könnten ihn immerhin seine Kinder und Enkel besuchen.
Der Staatsanwalt Hans-Joachim Lutz hat sechs Jahre Haft wegen Beihilfe zum Mord beantragt. Setzt er sich damit beim Gericht nicht durch, ist davon auszugehen, dass er Revision einlegt.
Gleiches gilt aber auch für einen Schuldspruch. Ulrich Busch: „Eine Verurteilung wird John Demjanjuk nicht überleben.” Auch er würde bei einer Haftstrafe wohl in Revision gehen. Sein fünftägiges Plädoyer beendete der hünenhafte Verteidiger gestern mit der Forderung nach Freispruch, Haftentlassung und Haftentschädigung.
Das bedeutet, dass sich – egal wie das Urteil ausfällt – mit hoher Wahrscheinlichkeit der Bundesgerichtshof noch einmal mit John Demjanjuk befassen muss. Das kann Monate dauern, vielleicht ein Jahr. So lange bliebe der 91-jährige Demjanjuk in Stadelheim in U-Haft.
Im Falle einer Verurteilung wäre Stadelheim auf Grund seiner guten medizinischen Ausrüstung neben Straubing ein möglicher Ort für die Verbüßung der Strafe. Nach derzeitigem Stand wäre Demjanjuk haftfähig.
Anhängig ist derzeit ein Auslieferungsantrag aus Spanien. Als Sobibor-Wachmann soll Demjanjuk auch für den Tod von Spaniern verantwortlich sein. „Die spanischen Behörden haben aber die Gründe für den Auslieferungsantrag noch nicht ausreichend konkret gemacht”, erklärt der Leitende Oberstaatsanwalt Alfons Obermeier. Die Namen der Opfer fehlen. Erst dann kann in München über eine Auslieferung entschieden werden. Für die nächsten Monate heißt es: Endstation Deutschland.
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