Interview

Lauf-Tipps von Marathon-Profi Manuela Dannwolf: "Unser Körper ist unser Trainer"

So mancher will jetzt im Frühling (wieder) seine Laufschuhe schnüren. Fitnesscoach und Marathon-Läuferin Manuela Dannwolf gibt Tipps für einen guten Start und erklärt auch, warum zu viel Ehrgeiz schaden kann.
von  Rosemarie Vielreicher
Manuela Dannwolf läuft für ihr Leben gern. Im Netz teilt sie ihr Wissenunter "Lauf-Liebe". Nun hat sie ein Buch veröffentlicht.
Manuela Dannwolf läuft für ihr Leben gern. Im Netz teilt sie ihr Wissenunter "Lauf-Liebe". Nun hat sie ein Buch veröffentlicht. © Nils Schwarz

AZ-Interview mit Manuela Dannwolf: Die 42-Jährige aus dem Großraum München ist schon zahlreiche Marathons gelaufen. Nun hat sie ihr Buch "Fit for Running" herausgebracht und gibt darin detailreiche Lauf-Tipps inklusive über 100 Übungen.

"Das Laufen ist für mich das Schönste auf der Welt"

AZ: Frau Dannwolf, Sie schreiben in Ihrem Buch, Laufen sei das schönste Hobby der Welt. Vielleicht für den einen oder anderen Sportmuffel: Warum lieben Sie es so?
MANUELA DANNWOLF: Das Laufen ist für mich das Schönste auf der Welt, weil es Ausdauertraining mit der Natur verbindet und uns näher zu uns selbst bringt. Die frische Luft, die Sonne, die Jahreszeiten und gleichzeitig der Ausdauersport, der sich auf die Psyche unglaublich gut auswirkt - und auf den Körper natürlich auch. Wenn man morgens, bevor die Welt erwacht, nach draußen geht, seinen regelmäßigen Tritt auf dem Asphalt hört und in einen Flow kommt - dieses Gefühl gibt mir keine andere Sportart.

Dabei schaute es kurzzeitig so aus, als könnten Sie gar nicht mehr laufen, geschweige denn schmerzfrei gehen. Das Knie streikte. Was war passiert?
Ich habe es übertrieben, bin teilweise vier bis fünf Mal die Woche gelaufen. Zu viel, zu schnell. Für manche Leute mag das klappen, aber für den Durchschnittsathleten, der vielleicht schon die eine oder andere Schwachstelle hat, kann das zu Problemen führen. So war es bei mir auch.

"Der Körper verzeiht sehr lange, aber irgendwann kommt der Cut"

Warum tut man sich zu viel Sport an?
Ich habe relativ schnell kleine Erfolge bei Läufen und Marathons gefeiert und wurde ehrgeizig. Ich habe versucht, aus meinem Körper herauszuholen, was geht. Dabei dachte ich: Mir kann das nichts anhaben, krank oder verletzt sind nur andere. Der Körper verzeiht auch sehr lange. Aber irgendwann kommt der Cut.

"Das Kopfkino vorher ist meistens schlimmer als das Laufen selber"

Sie haben daraufhin Ihr Training umgestellt. Wie?
Ich laufe nun drei Mal die Woche und kombiniere es mit funktionalen Übungen. Übrigens habe ich so auch meine zweitbeste Marathonzeit geschafft. Manchmal ist weniger mehr.

Es gibt also diejenigen, die zu ehrgeizig an die Sache herangehen, so manch anderer kämpft dagegen mit dem inneren Schweinehund. Wie rafft man sich auf?
Einfach rausgehen und es probieren, bis es Spaß macht. Es ist egal, ob morgens oder abends. Am besten legt man sich die Laufsachen schon parat, um es sich möglichst einfach zu machen. Selbst wenn man anfangs nur zehn Minuten schafft: Meine Erfahrung ist, wenn man erst einmal losgelaufen ist, dann bleibt man auch dran. Das Kopfkino vorher ist meistens schlimmer als das Laufen selber.

"Man sollte sich zunächst nicht zu große Ziele setzen"

Haben Sie noch weitere Tipps für die Motivation?
Man sollte sich auf das Gefühl danach konzentrieren. Denn das ist immer großartig. Wichtig ist auch, sich nicht mit anderen zu vergleichen und sich Verbündete zu suchen, die auch gerade mit dem Laufen anfangen. Man sollte sich zunächst auch nicht zu große Ziele setzen. Anfangs ist es durchaus anstrengend, daher kann man es auch mit Gehen kombinieren. Das ist keine Schande! Man kann sich etwa vornehmen, bis zum nächsten Baum zu laufen, dann geht man wieder ein Stück.

"Mein Tipp: einmal barfuß über die Wiese rennen" 

Wenn man Ihr Buch durchschaut und auch die lange Liste an möglichen Verletzungen, stellt man schnell fest: einfach Schuhe anziehen und loslaufen - so einfach ist es auf Dauer nicht, will man richtig trainieren. Worauf muss man unbedingt achten?
Wenn man merkt, das Laufen könnte einem dauerhaft Spaß machen, rate ich für die richtige Technik zu einem Lauftrainer oder zu fundierten Videos zum Thema. Eine der Stellschrauben, wie man Verletzungen vermeiden kann, ist etwa der Fußaufsatz. Anfänger setzen meist mit der Ferse auf. Das verursacht eine starke Belastung aufs Knie. Mein Tipp: einmal barfuß über die Wiese rennen, um den natürlichen Laufstil, wie ihn Kinder noch haben, wiederzuentdecken.

Wie schaut die restliche Lauf-Haltung bestenfalls aus?
Die Schultern und Arme geben die Bewegung der Beine vor. Daher macht es Sinn, die Ellbogen etwas unter einem 90-Grad-Winkel eng am Körper zu halten. Die Arme schwingen nach hinten und vorne, also in die Richtung, in die man will. Der Oberkörper ist dabei leicht nach vorne gebeugt, als würde man gegen Wind anlaufen. Eine Vorübung: Man geht auf die Fußspitzen und fällt mit geradem Körper leicht nach vorne. Das ist die richtige Ausgangsposition für die Laufbewegung.

Manuela Dannwolf über funktionales Lauftraining

Laufen hat auch noch einen positiven Effekt aufs Gewicht: Man verbrennt sogar nach dem Training noch Kalorien. Wie das?
Generell gilt: Wenn man abnehmen möchte, liegt Laufen ganz vorne bei der Kalorienverbrennung. Wer seine Muskeln trainiert, profitiert zusätzlich vom Nachbrenneffekt. Ich empfehle daher, neben dem Laufen auch diese zu trainieren, dann steigt der Grundumsatz.

Welche Muskel-Übungen in Kombination zum Laufen würden Sie vorschlagen?
Funktionales Training mit dem Körpergewicht oder mit Bändern. Das halte ich langfristig gesehen für das Sinnvollste. Kniebeugen etwa, die lassen sich ganz einfach beim Laufen einbauen. Auch für Anfänger sind sie geeignet, wenn man noch nicht durchlaufen kann. Oder auch Ausfallschritte. An einer Bank kann man zum Beispiel auch Liegestütz machen. So kann man den ganzen Körper trainieren, und es bringt gleichzeitig mehr Spaß.

Manuela Dannwolf: Fit for running. Effektive Programme, um deine Laufroutine abwechslungsreich zu gestalten und ganzheitlich zu trainieren; riva; 368 Seiten; 24 Euro.
Manuela Dannwolf: Fit for running. Effektive Programme, um deine Laufroutine abwechslungsreich zu gestalten und ganzheitlich zu trainieren; riva; 368 Seiten; 24 Euro. © Nils Schwarz

"Hören Sie auf Ihren Körper"

Seitenstechen hatte jeder schon mal beim Laufen. Wie merke ich während des Sportelns, dass die Belastung zu viel wird?
Als ich mit dem Laufen angefangen habe, hatte ich auch Seitenstechen. Das ist nicht schlimm. Was hilft: zwischendurch gehen, tief ein- und ausatmen, die Arme von oben nach unten schwingen. Wenn allerdings der Puls zu hoch wird, der Kopf rot wird und man sehr schnaufen muss, sind das Anzeichen dafür, dass es zu viel ist. Wenn man nebenher noch sprechen kann und sich wohlfühlt, ist man in einem guten Bereich. Ich kann mich auch fragen: Nehme ich die Umgebung, die Vögel, die Menschen um mich herum noch wahr?

Wie wichtig sind nach dem Training Ruhephasen für den Körper?
Sehr wichtig. Wenn ein Anfänger 20 Minuten laufen geht, wird er es am nächsten Tag auch spüren. Also gibt man dem Körper an diesem Tag ein Alternativtraining oder Ruhe: Sauna, einen Spaziergang, sich massieren lassen. Am zweiten oder dritten Tag merkt man, es geht wieder. Jetzt kann man den nächsten Trainingsreiz setzen und so entwickelt man sich wellenförmig nach oben und wird immer besser. Jeder ist anders, und das Allerwichtigste ist, auf seinen Körper zu hören. Er ist unser eigener Trainer. Wer tief in sich hineinhört, merkt: Unser Körper will sich bewegen, aber er weiß auch, wann er Pause braucht. Dieses Körpergespür wiederzugewinnen, ist etwas Großartiges.

"Das Vergleichen beginnt ganz früh und damit der falsche Ehrgeiz"

Wann kann man mit ersten Erfolgen rechnen?
Das ist ganz individuell. Aber wer es schafft, acht Wochen lang drei Mal die Woche zu laufen, hat gute Chancen auf erste Erfolge - und wird vielleicht sogar vom Lauffieber gepackt. (lacht)

Sie hatten vorhin angesprochen, man solle sich nicht vergleichen. Passiert das bei Laufwettbewerben nicht automatisch? Und auch in Sozialen Netzwerken werden gerne Lauf-Erfolge samt Route und Zeit gepostet. Gefährlich?
Ja, das Vergleichen beginnt ganz früh und damit der falsche Ehrgeiz. Ich halte es für eine große Gefahr, Social Media verstärkt das noch. Deswegen sage ich: Bleib bei dir selbst. Du kannst es schon auch mal posten und dir den Applaus dafür abholen. Aber man darf sich nicht davon abhängig machen und nicht deswegen laufen. Lieber sich selbst auf die Schulter klopfen - egal, was andere schaffen.


Für die Mobilität: Beinschwingen

Beinschwingen.
Beinschwingen. © Nils Schwarz

Diese Übung halte ich für eine der wichtigsten Aufwärmübungen vor dem Laufen, da sie den Bewegungsradius der Hüfte nach vorn und hinten sicherstellt", schreibt Manuela Dannwolf.

Hebe aus dem hüftbreiten Stand ein Bein leicht vom Boden an. Sorge für einen stabilen Stand, indem du dein Gewicht gleichmäßig auf dem ganzen Fuß deines Standbeins verteilst. Dein Standbein ist dabei nicht durchgedrückt und deine Beinachse gerade. Führe das locker gebeugte Schwungbein nach hinten und den Arm der gleichen Seite nach vorn.

Schwinge nun dein Schwungbein nach vorn und hinten. Deine Arme schwingen gegengleich nach vorn und hinten mit. Dabei bleibt dein Oberkörper aufrecht, deine Hüfte gerade nach vorn gerichtet. Beginne mit einer kleinen Bewegung und erhöhe dann allmählich den Bewegungsradius. Wechsle nach der Hälfte der Trainingszeit die Seite.

Eine Übung für den ganzen Körper: Reverse Plank mit Beinheben

Reverse Plank mit Beinheben.
Reverse Plank mit Beinheben. © Nils Schwarz

Während die klassische Plank-Position auf den Händen oder Ellbogen in fast keinem Trainingsplan fehlt, wird ihre umgekehrte Variante eher stiefmütterlich trainiert. Dabei ist die Rückenstütze eine außerordentlich effektive Ganzkörperübung. Das abwechselnde Anheben eines Beins sorgt für eine zusätzliche Herausforderung.

Setze dich mit gestreckten Beinen am Boden ab und platziere deine Hände neben deinem Gesäß, wobei deine Fingerspitzen in Richtung deiner Füße zeigen. Drücke dich in der Hüfte nach oben, sodass du dich nur noch auf Händen und Fersen abstützt. Komme mit der Hüfte so weit nach oben, dass dein ganzer Körper eine gerade Linie bildet.

Hebe nun im Wechsel dein rechtes und linkes Bein an, wobei deine Hüfte auf der gleichen Höhe bleibt.

Gut fürs Gesäß: Side Walk mit dem Miniband

Side Walk mit dem Miniband.
Side Walk mit dem Miniband. © Nils Schwarz

Die seitlich ausgeführten Schritte mit dem Miniband sind eine perfekte Übung für die seitliche Gesäßmuskulatur sowie eine stabile Hüfte. Sie lassen sich sehr gut mit den Übungen "Knieöffner" sowie "Beinheben zur Seite" und "Beinheben nach hinten" (auch in Dannwolfs Buch) kombinieren. Die Coachin leitet an:

Steige in das Miniband, sodass es um deine Füße liegt, und stelle dich mit angewinkelten Armen in eine leichte Hocke. Deine Fußspitzen zeigen nach vorn, deine Knie sind leicht nach außen geöffnet.

Starte nun mit kleinen Schritten zur Seite, wobei du deine Arme wie beim Laufen vor und zurück mit bewegst. Führe die Übung erst in eine Richtung durch und wechsle nach der Hälfte der Trainingszeit die Bewegungsrichtung.

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