Lass doch mal wachsen: Liebe Münchner, hört bitte endlich auf den Rasen zu mähen, zumindest im Mai
München, Samstagmorgen. Die Kinder beschäftigen sich selbst. Endlich mal länger als bis 8 Uhr im Bett liegen. Durch das offene Fenster kommt unerwartet ein Hauch von Sonnenschein, leichte Frühlingsluft und dann: Über die ganz schöne Soße brüllt zwei Minuten nach 8 Uhr der unerbittliche Sound des Rasenmähers, benzinbetrieben.
Ein klares Zeichen: Das Gras im Innenhof muss mal wieder länger als fünf Zentimeter gewachsen sein, dazu haben sich wahrscheinlich noch paar wilde Blumen gesellt, die sich an unerlaubten Stellen mit dem Kopf zu weit herausgewagt haben. Dabei könnte alles doch ganz anders sein. "Mähfreier Mai" möchte ich aus dem Fenster brüllen. Sinnlos, gegen den Benziner bleibe ich chancenlos. Also schreibe ich es hier: Es ist "Mähfreier Mai"! Ehrlich: Kannte ich bis vor Kurzem auch nicht. Aber ich mag ihn jetzt schon. Einen der Gründe lesen Sie oben. Ein paar andere folgen jetzt.
Vom "No Mow May" zum "Mähfreien Mai" – gerade für Städte wie München wichtig
Die Idee stammt aus England, dem Mutterland des "ordentlichen" Rasens. Der "No Mow May" ist dort schon länger bekannt. Statt im Mai die Natur in die Schranken zu weisen, soll man also einfach mal abwarten. Das hat einige ganz positive Effekte – auf meine Entspannungszeit – und auf den Rasen, und auf den Wasserverbrauch, und auf die Vielfalt von kleinen Sechsbeinern im Garten.
Gerade in Städten wie München, in denen Natur doch rar gesät ist, ist das nicht zu verachten. Und Gras, das im Mai nicht auf drei Millimeter kurz rasiert wurde, als hätte es einen Termin beim Bahnhofsfriseur, hat im heißen Sommer ganz gute Chancen, ohne Verbrennungen dritten Grades zu überleben. Es sei denn natürlich, eine braune Stachelwüste soll das Ziel sein. Dann vergessen Sie, was ich geschrieben habe.
In England wurde der Effekt übrigens untersucht, den die revolutionäre Verweigerungshaltung hat: Insekten, die fürs Bestäuben da sind, finden wohl zehnmal mehr Nektar als Nahrung, wenn schon einen einzigen Monat nicht gemäht wird und auf einer ungemähten Blumenwiese in der Größe eines Basketballfelds sollen 60.000 Insekten leben können. Ein Teil davon ist wiederum bestes Futter für nervige Singvögel, die sich auch um lästige Insekten kümmern. Zack, schon hat man sich den Titel "Kleiner Weltenretter des Monats" erarbeitet.
Im Juni geht’s übrigens weiter: Statt ein Texas Chainsaw Massacre im Garten anzurichten und alles niederzumetzeln, was bis dahin erfolgreich ganz alleine gewachsen ist, kann man das neu entstandene Leben einfach leben lassen. Zumindest in Teilen. Also einfach einen schönen Undercut mähen und einen Streifen stehen lassen.

So, genug geschrieben: Sie wollen am "Mähfreien Mai" teilnehmen? Kein Problem: Sie müssen ganz einfach nichts tun. Oder warten Sie, vielleicht doch: Falls Sie keinen eigenen Garten haben, aber einen entsprechenden grünen Innenhof, rufen Sie doch bitte kurz mal Ihre Hausverwaltung an und fragen nach, ob man da denn schon einmal was vom "Mähfreien Mai" gehört hat. Argumente finden Sie oben.
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