Lass die Sau raus!
Im Schwabinger „barschwein“ klingeln die Kassen – jetzt soll ganz Bayern erobert werden
Michael Kampschultes Handy steht selten still. Mal ist es eine Reservierungsanfrage, die den gebürtigen Essener erreicht, dann wieder sein Geschäftspartner oder – hoppla! – der Staatsanwalt. Welcher Gastronom hätte noch nicht mit aggressiven Gästen oder Zechprellern zu tun gehabt? „Ich bin rund um die Uhr erreichbar“, sagt Kampschulte, „der schlimmste Tag ist der Sonntag. Dann rufen alle an, die am vorigen Abend angezwitschert waren und irgend etwas bei uns vergessen haben.“
Bei uns, das ist im „barschwein“ an der Münchner Freiheit. Schon 1994 hatte Kampschulte die Idee einer Kneipe entwickelt, die ohne feste Bindung an eine Brauerei ihr Bier zu besonders günstigen Preisen anbieten kann. Doch dann kam die Liebe dazwischen, und ihn verschlug es an die Isar.
Auch Augsburg, Rosenheim und Würzburg sollen ihre Wutzn bekommen
Mit Schicki-Micki haben er und sein Kompagnon Ralph Pelster denn auch wenig am Hut: Leicht verruchtes Rot und Schwarz dominiert die zwei Ebenen des „barschwein“, viel dunkles Holz, wenig Metall, wenig Licht – dafür mehrere topmoderne Flachbildschirme, die beide Etagen zum Eldorado für Fußballfans machen.
Das Obergeschoss, das als Raucherclub betrieben wird, ist an Bundesliga-Spieltagen allerdings fest in der Hand der Isar-Rauten, des hiesigen HSV-Fanclubs. Auch sonst versteht Kampschulte sich auf die innerdeutsche Völkerverständigung: Das Kölsch ist mittlerweile neben dem Hellen der Verkaufsrenner bei den Studenten, die nach wie vor den Großteil der Besucherschar ausmachen – auch wenn, wie Kampschulte beobachtet, „unsere Gäste gemeinsam mit der Bar ein klein wenig älter geworden sind.“
Das Konzept „Umsatz durch Masse“ griff sofort nach der Eröffnung vor gut vier Jahren. Mittlerweile ist am Wochenende ohne Reservierung kaum noch ein Platz zu bekommen, manchmal wird der Trubel selbst dem Geschäftsführer zuviel. „Unter der Woche bin ich oft abends hier“, sagt der 52-Jährige, „aber für die Samstage bin ich ein bisschen zu alt.“
Das schreit förmlich nach Expansion: Würzburg, Augsburg und Rosenheim sollen ihre eigenen Wutzn bekommen, die Termine stehen noch in den Sternen. „Wir bleiben erstmal innerhalb Bayerns“, sagt Kampschulte. „In München fühle ich mich so wohl, dass ich nicht mehr zurück möchte.“
Tim Slagman
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