Landtagswahl in Bayern: Warum die Grüne Jugend den Grünen nicht beim Wahlkampf hilft

München - Am Sonntag ist Landtagswahl. Und die Stimmung bei den Grünen war schon einmal besser. Die einen schimpfen, dass die Grünen ihnen alles wegnehmen wollen, vom Parkplatz bis zum Schweinebraten. Und den anderen erscheint die Politik der Grünen viel zu zaghaft, wenn es doch eigentlich darum geht, den Planeten vor dem Klimawandel zu retten.
Zu den Unzufriedenen zählt ausgerechnet auch die eigene Jugendorganisation, die Grüne Jugend. Denn statt Seite an Seite mit der Partei den Wahlkampf zu bestreiten, macht die Grüne Jugend lieber ihr eigenes Ding. Die Chefin in München, Magdalena Flury (22), erklärt warum.
AZ: Frau Flury, warum beteiligt sich die Grüne Jugend nicht am Wahlkampf der Grünen?
MAGDALENA FLURY: Wir haben auf Bayern-Ebene eine eigene Kampagne gestartet, bei der es um vier Punkte geht: kostenlose Bildung für alle, einen Mietenstopp, kostenloser ÖPNV und ein klimagerechtes Bayern. Es ist nicht so, dass wir uns gar nicht beteiligen, aber wir haben eine andere Zielsetzung.
Grüne-Jugend-Chefin Magdalena Flury: "Eine klimaschützende Politik ist immer auch sozial"
Inwiefern unterscheiden Sie sich da von den Grünen?
Wir haben schon einige Punkte ins Wahlprogramm rein verhandelt, aber unsere Forderungen gehen weit darüber hinaus.
Bei Grünen denken inzwischen viele an eine lastenradfahrende Elite. Wie sehr stört Sie das?
Es ist total schade, dass die Leute das denken. Dieses Image wird leider stark von rechts befördert. Eine klimaschützende Politik ist immer auch sozial. Ein Grund ist sicher, dass in der Außenwirkung der Grünen die Sozialpolitik zu kurz kommt.
Aber das Klischee kommt doch nicht von ungefähr. Was haben die Grünen da falsch gemacht?
Ich glaube, es gibt da nicht den einen Punkt. Da spielt vieles mit rein. Ein Grund ist sicher, dass bei den Grünen in der Außenwirkung die Sozialpolitik zu kurz kommt. Und deshalb wollen wir ja auch mit unserer Kampagne stärker darauf setzen.
Magdalena Flury will "eine Mobilisierung der Gesellschaft erreichen"
Die Spitzenkandidaten Ludwig Hartmann und Katharina Schulze kommen beide aus München. Da läge es doch nahe, dass Sie die beiden unterstützen. Warum tun Sie es nicht?
Unsere Zielsetzung ist eine andere. Für die Grünen steht das Wahlergebnis natürlich gerade im Fokus. Wir wollen aber eine breite Mobilisierung in der Gesellschaft erreichen.

Haben die Spitzenkandidaten im Kampf ums beste Wahlergebnis ihre Überzeugungen aufgegeben?
Das würde ich so nicht sagen. Ich glaube einfach, wir haben in Teilen unterschiedliche Schwerpunkte – etwa in der Sozialpolitik.
Katharina Schulze war selbst mal Chefin der Grünen Jugend München. Da hat es ihr wahrscheinlich nicht gefallen, dass Sie nicht mit Ihr Wahlkampf machen.
Ich habe nicht mit ihr darüber gesprochen.
Für die Grüne Jugend hat schwarz-grün keine Zukunft
Schulze und Hartmann haben nicht ausgeschlossen, mit der CSU zu koalieren. Wie stehen Sie dazu?
Wir haben in den vergangenen Jahren gesehen, was die CSU nicht kann: nämlich ernsthafte Klimapolitik. Auch die Bildungspolitik ist eine Katastrophe. Ich glaube nicht, dass es etwas Gutes wäre, gemeinsam mit der CSU zu regieren. Das ist ein Punkt, in dem wir uns unterscheiden. Die Grüne Jugend steht klar dahinter, dass schwarz-grün keine Zukunft haben sollte.
Was passiert, wenn die Grünen doch eine Koalition eingehen?
Dann ist es unser Auftrag, die Regierung kritisch zu begleiten und ihr auf die Finger zu schauen.
Inwieweit haben die Grünen den Kontakt zu ihren einstigen Partnern im Klimaaktivismus verloren?
Die Grüne Jugend beteiligt sich daran, dass das Verhältnis zur Klimaschutzbewegung nicht ganz abbricht. Aber zum Teil kann ich den Frust in der Bewegung nachvollziehen.
Warum?
Viele haben sich nach der Bundestagswahl erhofft, dass die Grüne eine starke Kämpferin für den Klimaschutz ist. Aber es kam nicht so. Es hat sich gezeigt, dass es doch stärkere Zwänge gibt, vor allem in einer Koalition mit der FDP.
In der Stadt haben viele den Eindruck, grüne Politik besteht vor allem darin, Radwege zu bauen.
Ich glaube, das ist eine falsche Beobachtung. Zum Beispiel haben sich die Grünen auch sehr für den Erhalt der Geburtsklinik in Neuperlach eingesetzt. Es ist schade, wenn da nicht mehr nach außen dringt.
2018 gab es am Wahlabend eine große Party der Grünen. Robert Habeck hat gestagedived. Rechnen Sie damit, dass wieder so ausgelassen gefeiert werden kann?
Ich glaube grundsätzlich schon. Die Umfragen sind okay und auf jeden Fall wird der Abschluss einer anstrengenden Zeit gefeiert werden, auch wenn das Ergebnis wohl nicht mehr so wird wie beim letzten Mal.
Feiern Sie mit?
Ja, ich denke schon. Wir sind ja trotzdem Partner.