Landtagswahl 2018: Chemie-Student (23) wird jüngster Abgeordneter

Florian Siekmann, Kopf der Grünen Jugend, ist der jüngste Abgeordnete im Maximilianeum. Nervös macht das den jungen Mann aber nicht. Die AZ hat ihn getroffen.
von  Irene Kleber
Florian Siekmann im Spitzenduo mit Eva Lettenbauer am Wahlabend in der Muffathalle.
Florian Siekmann im Spitzenduo mit Eva Lettenbauer am Wahlabend in der Muffathalle. © Grüne/Georg Kurz

Florian Siekmann, Kopf der Grünen Jugend, ist der jüngste Abgeordnete im Maximilianeum. Nervös macht das den jungen Mann aber nicht. Die AZ hat ihn getroffen

München - Wenn in zwei Wochen der neu gewählte Landtag zum ersten Mal im Maximilianeum zusammentritt, wird dieser junge Mann es sein, der die konstituierende Sitzung mitleiten darf: als jüngster Parlamentsabgeordneter, zusammen mit dem ältesten (der dieses Jahr der FDP-Mann Helmut Markwort ist).

Dürfen wir vorstellen? Florian Siekmann, 23 Jahre alt, Chemiestudent an der LMU – und Kopf der Grünen Jugend Bayern. Er hat 39 516 Wählerstimmen geholt – nur 646 weniger als sein CSU-Kontrahent im Stimmkreis Hadern, der Digitalminister Georg Eisenreich. Jetzt zieht Florian Siekmann über die Liste in den Landtag.

Treffen in der Uni-Mensa

Die AZ trifft ihn in der Uni-Mensa an der Leopoldstraße, wo er mit langen Schritten Tempo macht. Treppe rauf, zack, einreihen, Tablett krallen, Kässpatzen aufladen, Kasse, Besteck. Essen. Nervös also, vor der ersten Parlamentssitzung? Nö, sagt er, mit tiefer, raumfüllender Stimme, und schiebt sich eine Gabel in den Mund. Reden könne er ja, das hat er geübt. Gremien, Sitzungen, alles nichts Neues.

Florian Siekmann ist schon als Grundschüler Klassensprecher gewesen – an seiner Dorfschule im 500-Einwohner-Dorf Kalt in Rheinland-Pfalz. Als Gymnasiast dann Schülersprecher und Kreis-Schülervertreter. Als er die Junior-Wahl einführte, eine Art Übungswahl zur Bundestagswahl 2013 für die 800 Schüler seines Gymnasiums, da spätestens habe er Feuer gefangen an der Politik.

Mit einem Stipendium nach München

"Wir haben alle Flyer und Wahlprogramme der Parteien durchgeackert mit den Schülern", sagt er. "Ich habe überlegt, wie viel Leben da noch vor mir ist. Und fand nur eine Partei, die so weit in die Zukunft denkt. Beim Klima, bei der sozialen Gerechtigkeit, bei der Atomkraft. Das waren die Grünen." Er wolle, sagt er, "dass unser blauer Planet auch in 50 Jahren noch lebenswert sein wird".

Florian Siekmann im Spitzenduo mit Eva Lettenbauer am Wahlabend in der Muffathalle.
Florian Siekmann im Spitzenduo mit Eva Lettenbauer am Wahlabend in der Muffathalle. © Grüne/Georg Kurz

Siekmann hat sein Abi mit 1,1 abgelegt. Das ist umso bemerkenswerter, als seine Eltern (Papa Elektriker, Mama Sachbearbeiterin) keine Akademiker sind, die ihm bei Logarithmus, Versanalyse oder Seminararbeiten hätten helfen können. Er habe sich allein durchgebissen, verstanden, "dass wir in Deutschland für gleiche Bildungschancen für alle kämpfen müssen". Und dass es eine starke Stimme brauche für junge Leute.

Fürs (Bio-)Chemiestudium kam er mit einem Stipendium nach München. Er hat den Bachelor in der Tasche und steht am Anfang seines Masterstudiums. Noch wohnt er in einer WG im schollheim in der Maxvorstadt (16 Leute, eine Küche, ein Wohnzimmer).

Mitbewohner unterstützten ihn im Wahlkampf

"Die Mitbewohner haben mich durch den Wahlkampf gerettet", sagt er. Weil sie nicht nur zig Flyer mit ihm sortiert und verteilt hätten. Und weil immer etwas Warmes zu essen in der Küche gestanden sei, wenn er nach dem letzten Termin nachts heimkam. Davor hat Siekmann für sie gekämpft. Als Chef der Studentenvertretung um die Verlängerung des Studi-Semestertickets. Und als Mitglied im Hochschulrat, der mitberät, wer überhaupt als Professor an die Uni kommt.

Mit den Uni-Ämtern ist nun Schluss, auch wenn Siekmann Student bleibt bis zum Masterabschluss. Und noch etwas ändert sich: Aus dem Wohnheim muss er ausziehen, wenn er vom Hörsaal in den Plenarsaal wechselt und sich dann für mehr Windräder, mehr Busse auf dem Land oder gegen die bayerische Grenzpolizei engagiert. Mit jungen Leuten wohnen mag er trotzdem weiter. Wer also eine WG-taugliche Wohnung zu vermieten hat, lasse es ihn gerne wissen.

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