Landtag: Klimaproteste in München sind Teil der Debatte

München - Seit Ende Oktober ist es in Bayern zu 20 Verkehrsblockaden von Klimaaktivisten der "Letzten Generation" und Partnerorganisationen gekommen. Acht davon seien besonders gefährlich gewesen, weil sie auf den Autobahnen A9 und A96 im Raum München stattfanden, berichtete Innenminister Joachim Herrmann (CSU) gestern im Innenausschuss des Landtags.
Protest haben teils auch Sachschäden verursacht
Von keiner im Landesparlament vertretenen Partei können sich die Aktivisten dabei Unterstützung erhoffen. Auch die Grünen-Fraktionsvorsitzende Katharina Schulze bezeichnete das Vorgehen als "falsch". Mehr Verständnis für den Klimaschutz werde dadurch nicht erreicht.
Neben 18 Verkehrsblockaden im Raum München und je einer in Kempten sowie Augsburg registrierte die Polizei in Bayern eine "Letzte Generation"-Aktion in der BMW-Welt, bei der ein Sachschaden von 50.000 Euro entstanden sein soll, sowie einen Klebe-Protest in der Alten Pinakothek, bei dem der Rahmen eines Rubens-Gemäldes beschädigt wurde.
Nur ein Drittel der Aktivisten wohnt in Bayern
In einem von Klima-Klebern am Stachus verursachten Stau habe ein Rettungswagen auf dem Weg zu einem Einsatz festgesteckt, sagte Herrmann. Die Leitstelle habe deshalb einen anderen Wagen losschicken müssen. Nur ein Drittel der bei diesen Aktionen festgestellten Personen habe ihren Wohnsitz in Bayern.
Die gewaltsame Durchsetzung eigener Überzeugungen sei vom Grundgesetz nicht gedeckt, sagte Herrmann: "Der Zweck heiligt nicht jedes Mittel." Wenn jeder, der "hehre Ziele" für sich in Anspruch nehme, sich so verhalten würde, gäbe es keinen demokratischen Rechtsstaat mehr, sondern nur noch Chaos. Der Minister verteidigte die Anwendung des polizeilichen Gewahrsams nach dem Polizeiaufgabengesetz (PAG). Von den 68 an Aktionen in München Beteiligten wurden nach seinen Angaben 40 in Gewahrsam genommen, 30 davon für eine Woche oder länger.
Einige davon seien bereits fünf Mal an Aktionen beteiligt gewesen. Keiner habe gegen die richterliche Entscheidung zum Gewahrsam Rechtsmittel eingelegt, was möglich wäre. Das bayerische PAG ist umstritten, weil es die Möglichkeit eröffnet, Personen bis zu 30 Tage in Gewahrsam zu nehmen.
Polizeigewahrsam müsse "absolute Ausnahme" sein
Dabei gebe es "keinen Automatismus", sagte Herrmann. Jedem Betroffenen werde ein Rechtsanwalt zugeordnet, sofern er nicht einen eigenen benenne. Die Entscheidung über die Ingewahrsamnahme trifft nach dem Gesetz ein Richter. Jetzt prüfen auch Juristen des Innenministeriums, ob Richter, die über den Polizeigewahrsam zu entscheiden haben, bei der Dauer an den Antrag der Polizei gebunden sind. Ein 30-tägiger Polizeigewahrsam müsse die "absolute Ausnahme" sein, sagte Innenminister Herrmann.
Grünen-Fraktionschefin Katharina Schulze beharrte auf der Position ihrer Partei, wonach die bis zu 30-tägige Präventivhaft in der bayerischen Ausprägung des Polizeiaufgabengesetzes "unverhältnismäßig" sei, erfuhr aber auch aus den Reihen der Opposition keine Unterstützung.
SPD, FDP und CSU halten Präventivhaft für gerecht
Wenn Menschen ausdrücklich betonten, dass sie ihre Handlungen wiederholen wollten, sei "Präventivhaft gerechtfertigt", sagte der SPD-Abgeordnete Stefan Schuster. Die FDP fühle sich in ihrer Haltung bestätigt, dass Präventivhaft gebraucht werde, gab der FDP-Parlamentarier Alexander Muthmann zu Protokoll. Die CSU unterstützte die Position des Ministers sowieso.
Man könne nicht zusehen, wie Straftaten begangen würden, sagte der CSU-Parlamentarier und Polizeibeamte Alfred Grob. Die Bevölkerung sei von den Aktionen der "Letzten Generation "maximal angenervt".
Kirche versucht Dialog
Der evangelische Landesbischof Heinrich Bedford-Strohm hat Klimaaktivisten der "Letzten Generation" und den bayerischen Innenminister Joachim Herrmann (CSU) zu einem Gespräch zusammengebracht.
Ein Sprecher der Landeskirche bestätigte gestern das Treffen am Dienstagabend. Bedford-Strohm schlug dabei eine Art Weihnachtspause bei den Protesten vor.
Eine Sprecherin der "Letzten Generation" sagte allerdings, dass keine Weihnachtspause infrage komme, weil die Zeit zu sehr dränge. Sowohl Bedford-Strohm als auch die Sprecherin der Aktivisten lobten jedoch die positive Gesprächsatmosphäre. Man habe sich gegenseitig zugehört.
Der Landesbischof wies zudem darauf hin, die Politik müsse in Sachen Klimawandel stärker handeln.