Landgericht: Angeklagter will auf den Scheiterhaufen

Alexander H. (22) legt in seinem Drogen-Prozess ein schriftliches Geständnis ab. Außerdem fordert er seine öffentliche Verbrennung.
Torsten Huber |
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Bizarr: Mit „Rape me“ („Vergewaltige mich“) auf der Brust kommt Alexander H. ins Gericht.
T. Huber Bizarr: Mit „Rape me“ („Vergewaltige mich“) auf der Brust kommt Alexander H. ins Gericht.

Alexander H. (22) legt in seinem Drogen-Prozess ein schriftliches Geständnis ab: „Ich bekenne mich verantwortlich für alle Fehler der Vergangenheit.“ Außerdem fordert er seine öffentliche Verbrennung.

München - Die langen, dunklen Haare zum Zopf gebunden, Vollbart und auf dem weißen T-Shirt von Alexander H. (22) steht „Rape me“ (vergewaltige mich). Kerzengerade und mit geschlossenen Augen sitzt er auf der Anklagebank im Münchner Landgericht. „Er meditiert“, sagt sein Verteidiger Nicolas Frühsorger.

Reden will er nicht. Sein Geständnis in dem Berufungsprozess wegen Drogenmissbrauchs und Diebstahls hat er auf ein Blatt geschrieben, das er Richter Manfred Sehlke wortlos auf den Tisch legt. Sehlke liest laut vor: „Ich bekenne mich verantwortlich für alle Fehler der Vergangenheit. In eurem Weltbild ist kein Platz für mich und meine Brüder.“ Auch einen Urteilsvorschlag liefert er schriftlich mit: „Als Strafe fordere ich meine öffentliche Verbrennung auf dem Scheiterhaufen. In der Tradition der Heiligen Inquisition.“

Die Staatsanwaltschaft wirft Alexander H. vor, dass er in seiner Wohnung eine Cannabis-Plantage gezüchtet und Drogen verkauft haben soll. Außerdem habe er bei Saturn einen Ipod für 419 Euro, vier Festplatten für 169 Euro und eine Computertastatur für 39,99 Euro gestohlen. In erster Instanz am 18. Oktober verhängt der Amtsrichter damals eine zweijährige Freiheitsstrafe. Sein Verteidiger Frühsorger erklärt: „Mein Mandant ist obdachlos, kam damals auch mit einem „Rape-me-T-Shirt in die Verhandlung und forderte seine Verbrennung. Da ist keine Bewährung mehr möglich, weil keine günstige Sozialprognose vorliegt.“ In der Berufung versucht Frühsorger die Strafe für Alexander H., der seit dem 14. April 2012 in Haft sitzt, zu mildern.

Der Sohn eines Arztes ist hochintelligent. Nach dem Abitur leistet er Zivildienst, schreibt sich danach für das Elektrotechnik-Studium ein. Nur bis zum 5. Semester hält er durch. Er ist unterfordert und sagt einem Gutachter: Das ist alles zu „oberflächlich präsentiert“ worden und die Professoren sind nur „stupide Redner“, die er nicht mehr hören mag.
Er genießt nach dem Uni-Abgang sein Leben in vollen Zügen, hört viel Musik und raucht dicke Joints. Seiner Familie wirft er vor, dass sie sich nicht für seine Welt interessiere. Seit dem 16. Lebensjahr nimmt er Drogen.

Sein Vater, der sich inzwischen Vorwürfe macht, dreht ihm den Geldhahn zu. Alexander H. zieht aus, lebt zunächst von Ersparnissen. Dann versucht er, sich mit Drogenverkäufen finanziell über Wasser zu halten. In seiner Geldnot begeht er Diebstähle. Eine weitere psychiatrische Begutachtung, um zu prüfen, ob die Drogen Einfluss auf sein Nervensystem genommen haben, lehnt er im Gericht kopfschüttelnd ab. Besuche der Familie schlägt er mit einer Gestik ab. Am Freitag soll das Urteil fallen.

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