Lachend in den Knast - Millionendieb zu sieben Jahren Haft verurteilt

Er klaute über vier Millionen Euro: Sven Kittelmann ist in München zu sieben Jahren Haft verurteilt worden. Der Dieb gibt nur die Tat zu. Die rund 3,5 Millionen Euro Beute hält er noch versteckt.
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MÜNCHEN - Er klaute über vier Millionen Euro: Sven Kittelmann ist in München zu sieben Jahren Haft verurteilt worden. Der Dieb gibt nur die Tat zu. Die rund 3,5 Millionen Euro Beute hält er noch versteckt.

Lässig sitzt Sven Kittelmann (33) da, bequem zurückgelehnt, die blauschwarze Trainingsjacke am Kragen leicht geöffnet, die Hände ruhen entspannt auf den Oberschenkeln. Der Mann auf der Anklagebank sieht aus, als wüsste er genau, was ihn erwartet. Und er genießt es. Sein Lächeln variiert von leicht süffisant bis breit grinsend, er lässt sich das minutenlange Blitzlichtgewitter gefallen, lacht sogar auf Bitten der Fotografen und Kameraleute ins Objektiv. Keine Frage, Sven Kittelmann fühlt sich als Star. Da bringt ihn auch das Urteil nicht aus der Ruhe: Sieben Jahre wegen Diebstahl mit Waffen. „Wir sehen ihn nicht als Robin Hood“, sagte der Vorsitzende Richter Martin Rieder: „Er hat die Beute in seine eigene Tasche gesteckt.“ Über den Verbleib der Beute aber schwieg Kittelmann.

Die Staatsanwältin Gabriele Frank hatte acht Jahre gefordert, Kittelmanns Verteidiger Maximilian Pauls weniger als fünf Jahre. Er hatte darauf hingewiesen, dass Kittelmann die Waffe nur bei sich trug, weil sie zur Ausstattung des Geldfahrers gehörte, sie aber niemals eingesetzt hätte.

Kittelmanns Coup war filmreif: Mit einem Trick ließ der Thüringer seinen Beifahrer an der A8 aussteigen – der Kollege sollte Abfall entsorgen – und fuhr mit dem Transporter davon. Mit 4,2 Millionen Euro, der Tageseinnahme verschiedener Supermärkte. 500 000 Euro ließ er im Transporter zurück. Er hatte es eilig, und das viele Geld war auch für den stämmigen Kerl zu schwer. 3,6 Millionen Euro – immerhin noch drei Reisekoffer voll und etwa 130 Kilo schwer– nahm er mit auf seine Flucht (siehe unten). Als er im April 2008 gefasst wurde, hatte er nur 30 000 Euro dabei. Wo ist der Rest der Beute? Für die 2. Strafkammer des Landgerichts München II eine Frage, die für die Höhe der Strafe entscheidend war.

"Sie sind im Besitz des Geldes“

Die Geschichte von einer ihm nur flüchtig bekannten Georgierin, der er das Geld zur Aufbewahrung gegeben haben will, nimmt ihm niemand ab. Er habe die Tat sehr genau geplant, sagt der Richter. „Da ist es unglaubwürdig, dass man das Geld einer unbekannten Person gibt, von der man keine Telefonnummer hat. Das ist erfunden. Sie sind im Besitz des Geldes.“

Der Richter hatte während der Verhandlung durchblicken lassen, dass er sich rund drei Jahre Haft ersparen könne, wenn er über die Beute spricht.

Doch das interessiert Kittelmann nicht. Er verfolgt den Prozess eher gelangweilt. Als sein Verteidiger Maximilian Pauls „aus Respekt vor dem Gericht“ ankündigt, seinen Mandanten noch einmal zu fragen, ob er auspacken will, grinst Kittelmann breit. Das Ergebnis kennen schließlich beide: „Die Vorwürfe werden voll umfänglich eingeräumt.

Jahreseinkommen von einer halben Million

Ansonsten werden keine Angaben gemacht“, erklärt Pauls denn auch wenig überraschend. „Wir können niemanden zu seinem Glück zwingen“, kommentiert der Richter. Doch Kittelmann sieht sein Glück offenbar woanders. Seine Rechnung: Sieben Jahre Haft für die rund 3,5 Millionen Euro, die er wohl noch hat – das macht ein Jahreseinkommen von einer halben Million.

Die Verteidigung wies darauf hin, dass die Mitarbeiter schlecht verdient hätten. Kittelmann habe zwischen 1400 und 1900 Euro netto bekommen. Gewohnt hat er im einem Männerwohnheim in der Bergmannstraße. Zugunsten Kittelmanns ließ der Richter aber nur gelten, das es die Firma ihm relativ leicht gemacht habe – andere Geldtransport- Firmen hätten striktere Sicherheitsvorkehrungen.

"Modriger Geruch“

Die 3,6 Millionen Euro muss Kittelmann an den Staat zahlen – deswegen wird die Jagd nach der Beute weitergehen. Der Polizist, der die 30 000 Euro nach der Festnahme zählte – sie bestanden aus Euro, US-Dollar und tschechischen Kronen – hatte angegeben, er habe einen „modrigen Geruch“ festgestellt. War das Geld also vergraben? Kittelmann hat noch eine Halbschwester und zwei Halbbrüder – mit einem der beiden soll er während der Flucht gesehen worden sein. Enge Verbindung hat er auch zur Mutter seiner Halbgeschwister.

Dass er auch nach der Entlassung nicht unbeobachtet sein wird, machte der Richter am Ende nochmal deutlich: „Sie haben gelächelt“, sprach er Kittelmann direkt an. „Aber sie sollten sich nicht zu früh Freude. Sie werden keine Freude an dem Geld haben.“

John Schneider

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