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Bohren & Der Club Of Gore spielen mit ihrem neuen Album im Orangehouse.
von  Abendzeitung
Nur nicht hudeln: Die Mühlheimer Band Bohren & Der Club Of Gore lässt sich Zeit, ihre Stücke bis zum magischen Punkt zu entwickeln.
Nur nicht hudeln: Die Mühlheimer Band Bohren & Der Club Of Gore lässt sich Zeit, ihre Stücke bis zum magischen Punkt zu entwickeln. © Veranstalter

Bohren & Der Club Of Gore spielen mit ihrem neuen Album im Orangehouse.

Ein Lieblingsspiel der späten Schulzeit hieß Bandnamen-Erfinden. Wir waren gut, aber wäre uns dieser Name eingefallen, wir hätten uns die Hände abhacken lassen: Bohren & Der Club Of Gore. Das klingt deutsch ohne Peinlichkeit, international ohne coole Pose und vor allem gottvoll, düster, abgefahren.

Für das Verständnis von Bohren & Der Club Of Gore ist es nicht unwesentlich zu wissen, dass die Mühlheimer ursprünglich Metal spielten, schon lange aber einen ganz eigenen Ambient-Sound entwickelt haben. „Dolores“ heißt ihr aktuelles Album.

Der Club Of Gore rockt, allerdings in Zeitlupe. So langsam fließt die Musik voran, dass sich Vorstellungen von Rhythmus aufzulösen beginnen. Es ist ein Denken von Beat zu Beat. Jeder steht für sich allein und verhallt für sich allein. Und wenn das Schlagzeug aufhört zu sein, bleiben nur die liegenden Akkorde des Fender-Rhodes.

Um ein Stück langsam bis in ein Stadium zu schieben, wo man alles wegnehmen kann außer den Grundakkorden und die Musik dennoch im Kopf des Zuhörers weiterläuft, braucht man Zeit. Gerne überschreiten Bohren die Sechs-Minuten-Grenze in ihren Stücken.

Wenn in „Unkerich“ plötzlich ein Saxophon auftritt, ein Melodieinstrument eine klare Linie über die Flächen zieht, ist das ein großer, bemerkenswerter Moment. Bohren & Der Club Of Gore sind weniger eine Band als eine Performance-Truppe, die den Blick auf die Musik verändert. In der Entschleunigung des Pop-Systems wird plötzlich wieder Substanz sichtbar. Hier wird das Kleine zum großen Ausdruck und deutlich, was wir in einer reizüberfluteten Welt gar nicht mehr erleben können.

Christian Jooß

Orangehouse (Feierwerk), Hansastraße 39-41, Beginn: 21 Uhr, Eintritt: 15 Euro

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