KVR verbietet Protest-Schild vor der russischen Botschaft in München

München - "Der Protest gegen den russischen Angriffs- und Vernichtungskrieg in der Ukraine nimmt weltweit die unterschiedlichsten Formen an." So lautet der erste Satz der Anfrage, die Professor Dr. Hans Theiss (Stadtratsfraktion der CSU mit FREIE WÄHLER) Ende August an Oberbürgermeister Dieter Reiter stellte.
"Da das russische Konsulat an prominenter Stelle in München liegt, wollen Bürgerinnen und Bürger, dass auf der gegenüberliegenden Straßenseite eine Aushang- und Informationstafel ausgestellt wird", heißt es in dem Schreiben.
Gut sichtbarer Protest
Auf der Tafel soll laut Theiss jeder die Möglichkeit haben, seinen Protest gegen den Krieg auszudrücken. In den vergangenen Wochen hat sich das Kreisverwaltungsreferat mit der Tafel beschäftigt und ist zu dem Ergebnis gekommen, dass die Stadt München die Tafel nicht aufstellen kann.
Proteste vor Botschaften oder Konsulaten sind nicht unüblich, genauso wenig wie der Einsatz von Tafeln oder Schildern. Ein Protest müsste laut Frau Dr. Hanna Sammüller-Gradl, Kreisverwaltungsreferentin, allerdings durch die Bürgerinnen und Bürger organisiert werden und nicht durch kommunale Entscheidungsträger. In diesem Fall würde die Stadt gegen "gängige diplomatische Gepflogenheiten" verstoßen.
Kontrolle durch die Stadt
Würde die Stadt München eine Tafel aufstellen, müsste sie auch sicherstellen, dass "alle geeigneten Maßnahmen getroffen sind, um zu verhindern, dass der Friede oder die Würde einer konsularischen Mission beeinträchtigt bzw. gestört werden", so die Antwort des KVR.
Das heißt, die Stadtverwaltung müsste sehr regelmäßig kontrollieren, was auf die Tafel geschrieben wird und die Veröffentlichung von Beleidigungen oder anderer strafrechtlich relevanter Inhalte verhindern. Das wäre in der Realität nicht umsetzbar.
Die Meinungsfreiheit steht im Weg
Die in Deutschland geltende Meinungsfreiheit würde im Zusammenhang mit der Tafel zu einer weiteren Schwierigkeit führen. Solange sich die Kommentare im Rahmen der Meinungsfreiheit bewegen, kann die Stadt nicht vorschreiben, was auf der Tafel stehen darf und was nicht.
Die Stadtverwaltung müsste daher jede Meinung dulden, egal ob diese sich kritisch zum Angriffskrieg äußert oder pro-russisch wäre. Auch Beiträge, die nur am Rande mit dem Krieg zu tun haben, müssten geduldet werden. Ein Missbrauchsrisiko wäre nach Einschätzung der Stadtverwaltung sehr hoch.
Abfuhr für die Infotafel
"Das Ziel, eine Tafel von Seiten der Stadtverwaltung aufzustellen, auf der Bürger*innen ausschließlich ihrem Protest gegen den Krieg Ausdruck verleihen, kann folglich nicht erreicht werden", so das Schlusswort von Sammüller-Gradl. Bisher ist jedoch noch kein Antrag auf Erteilung einer Sondernutzungserlaubnis zum Aufstellen einer Aushang- oder Informationstafel beim KVR eingereicht worden.