KVR rüstet auf: Schwere Zeiten für Tempo-Sünder in München

Das KVR will neue Blitz-Caddys anschaffen, mit beweglichen Messgeräten rund um die Uhr Tempo messen und mehr Personal für Kontrollen einstellen.
von  Irene Kleber
Die Polizei winkt Fahrzeuge zur Kontrolle aus dem Verkehr.
Die Polizei winkt Fahrzeuge zur Kontrolle aus dem Verkehr. © dpa

München - Es war eine hässliche Schlagzeile, die München sich da eingeholt hat im Sommer 2016: "Metropole der Temposünder". In einer Studie mit Messgeräten an 49 Standorten in München hatte Unfallforscher Siegfried Brockmann festgestellt, dass an der Isar deutlich mehr Temposünder durch die Stadt rasen als in anderen Großstädten Deutschlands.

Mit schlimmen Folgen: Allein 2015 sind laut Polizei fast die Hälfte aller Münchner Verkehrstoten bei Geschwindigkeitsunfällen ums Leben gekommen. Die Grünen im Rathaus forderten daraufhin, das Münchner Ordnungsamt möge sich eine Strategie überlegen, Raser effektiver zu überwachen und zur Verantwortung zu ziehen. Inzwischen haben die Ordnungshüter nachgedacht. Was dabei heraus kam, will Kreisverwaltungsreferent Thomas Böhle am kommenden Dienstag im Stadtrat vorstellen.

Polizei misst bereits an 160 Stellen

Zunächst gut zu wissen: Auf den Hauptstraßen ist es die Polizei, die Geschwindigkeiten kontrolliert. Die Beamten blitzen (mobil und stationär) an rund 160 Punkten in München und kontrollieren in Zivilfahrzeugen mit Videokameras. 2016 hat die Polizei so 237.000 Raser erwischt und deren Verstöße gegen Tempolimits geahndet. In den ruhigen Tempo-30-Zonen aber ist die Stadt zuständig, dafür zu sorgen, dass die Tempolimits eingehalten werden.

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Jeder dritte Fahrer rast: Im April 2016 hatte das Institut für Unfallforschung der Versicherungswirtschaft (UDV) an 49 Stellen in München Tempomessungen durchgeführt. Heraus kam: In Tempo-30-Zonen ist mehr als jeder dritte Fahrer mit über 35 km/h unterwegs. Unfallforschung der Versicherungswirtschaft (UDV). Auf Hauptstraßen fahren 16 Prozent schneller als 55 km/h. Foto: Unfallforschung der Versicherungswirtschaft (UDV)

Dafür besitzt das Ordnungsamt schon jetzt fünf mobile Radar-Messfahrzeuge. Mit den unscheinbaren grauen VW Caddys rücken die Kontrolleure regelmäßig in rund 275 Tempo-30-Zonen aus – wie an der Säbener-, Frauendorfer-, Hoch-, Himmelschlüssel- oder Maria-Einsiedel-Straße. Ein sechster Blitz-Caddy ist gerade neu angekommen (fehlt nur noch der Einbau der Lasertechnik). Dazu gibt es ein Blitzgerät, das fest am McGraw-Graben in Obergiesing installiert ist – stadteinwärts, kurz nach der Einfahrt von der Salzburger Autobahn auf den Mittleren Ring.

Das Kreisverwaltungsreferat (KVR) will die Raser jetzt effektiver jagen und deshalb für 2018 zwei weitere zwei Blitzer-Autos anschaffen. Schon jetzt nimmt die Stadt außerdem an einem Projekt des Innenministeriums teil, bei dem besonders gefährliche Raserstellen mit Hilfe von Dauermessgeräten identifiziert werden, die 24 Stunden oder länger aufgestellt und eingeschaltet sind.

"Strategisch optimierter" Blitzen

An genau diesen Stellen will KVR-Chef Thomas Böhle an den neuralgischen Tagen und Uhrzeiten künftig "strategisch optimierter" Blitzen lassen. Er will so erreichen, dass vor allem zu den Raser-Zeiten das Tempo an diesen Stellen deutlich gesenkt wird.

2018 soll auch die Auswertung aus einem weiteren Pilotversuch mit dem Ministerium vorliegen: Schon jetzt lässt die Stadt an Kitas, Schulen, Altenheimen, Krankenhäusern, Baustellen und nächtlichen Lärmschutzzonen durch sogenannte "semistationäre Messanlagen" blitzen – das sind Blitzgeräte, die auf große Anhänger montiert mehrere Stunden oder Tage an den sensiblen Orten aufgestellt werden, damit die Raser dort ihr Tempo drosseln. Auch solche Geräte will das KVR künftig selbst anschaffen und betreiben.

Bisher sieht die Auswertung der städtischen Blitzer so aus: Die Zahl der Raser-Fälle geht zwar jedes Jahr ein wenig zurück. Aber noch immer erwischen die Kontrolleure des KVR in den 30er-Zonen jeden zehnten Fahrer mit zu hohem Tempo.

660.000 Euro mehr an Bußgeldern in der Kasse

Nur vier von 100 Temposündern haben mehr als 20 Stundenkilometer zuviel auf dem Tacho, die meisten (86 Prozent) fahren bis zu 15 Stundenkilometer zu schnell. Aber auch das kann den Bremsweg so verlängern, dass (gerade vor Kitas) Unfälle entstehen können.

Für mehr Verkehrsüberwachung braucht das KVR auch mehr Personal und plant (einschließlich der Sachkosten) Mehrausgaben von rund einer Dreiviertelmillion Euro pro Jahr. Dafür dürften umgekehrt auch rund 660.000 Euro mehr an Bußgeldern in Kasse fließen.

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Die Grafik zeigt die Erlöse und Kosten der Geschwindigkeitsüberwachung.

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