KVR-Mitarbeiterin liefert Diebesbande Informationen über Luxus-Bikes

Daten-Missbrauch im KVR: Eine Mitarbeiterin der Verkehrsüberwachung half einer bosnischen Schieberbande, mit Hilfe der Kennzeichen teure Motorräder in München zu finden. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.
von  Abendzeitung
Teure Maschinen wie diese Ducati Desmo 16GP9 standen auf dem Wunschzettel der Diebesbande.
Teure Maschinen wie diese Ducati Desmo 16GP9 standen auf dem Wunschzettel der Diebesbande. © Reuters

MÜNCHEN - Daten-Missbrauch im KVR: Eine Mitarbeiterin der Verkehrsüberwachung half einer bosnischen Schieberbande, mit Hilfe der Kennzeichen teure Motorräder in München zu finden. Die Staatsanwaltschaft ermittelt.

Kristina S. soll Informationen aus ihrer Behörde an eine Bande von Motorrad-Dieben weitergegeben haben. Die Serientäter richteten bei ihren Beutezügen eine Schaden in Höhe von mehreren hunderttausend Euro an.

Kristina S. ist im Kreisverwaltungsreferat stellvertretende Leiterin eines Sachgebiets in der Unterabteilung Verkehrsüberwachung. Oder besser gesagt: Sie war. Denn ihr wird vorgeworfen, ihr Dienstgeheimnis verletzt zu haben. Kein Bagatell-Delikt: Der Straftatbestand kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu fünf Jahren geahndet werden. Konkret soll die KVR-Mitarbeiterin den Dieben Adressen beschafft haben. Die Täter nannten ihr Kennzeichen teurer Motorräder, die sie in der Stadt gesehen hatten. Dann soll Kristina S. ihnen Auskunft darüber erteilt haben, wo genau sie die begehrte Beute finden. Zu der bosnischen Bande gehörte auch ihr Ex-Mann Mladen S. – mit dem sie aber zum Zeitpunkt der Taten schon nicht mehr liiert war.

Erst im Prozess gegen die Motorrad-Diebe kam der Daten-Missbrauch heraus. Nach Angaben von Oberstaatsanwalt Anton Winkler hatten zwei Angeklagte geschildert, wie der Informationsfluss aus dem KVR ablief. „Wir wussten schon, dass es irgendwo eine undichte Stelle geben muss.“ Das Ermittlungsverfahren gegen Kristina S. werde noch zwei bis drei Monate dauern. Denn noch sei nicht klar, wie oft sie Daten an die Bande weitergegeben habe. Derzeit werde aber davon ausgegangen, dass sich die Fälle „im einstelligen Bereich“ bewegen.

Die Mitarbeiterin ist derzeit krank geschrieben

Kristina S. war gestern im Kreisverwaltungsreferat nicht zu erreichen. Eine Kollegin erklärte, sie sei krank geschrieben. „Sie wird mit sofortiger Wirkung innerhalb des KVR umgesetzt – in einen weniger sensiblen Bereich“, sagte KVR-Sprecher Christopher Habl der AZ. Die Behörde habe von den Vorwürfen gegen die eigene Mitarbeiterin erst aus den Medien erfahren. Kristina S. weist eine Mitverantwortung für die Beutezüge der Bande von sich: „Sie bestreitet, gewusst zu haben, dass die Infos für Motorrad-Diebstähle benutzt wurden“, erklärt Oberstaatsanwalt Anton Winkler.

Die Bande bestand aus sechs Männern und zwei Frauen – alle kroatischer oder bosnischer Herkunft. Sie hatten sich laut Anklageschrift im Januar 2007 zusammengetan. Die Täter gingen absolut dreist vor: Sie mieteten Transporter, fuhren damit in Tiefgaragen, brachen Gitterboxen auf – und entwendeten einige Dutzend teure Motorräder. Teilweise luden sie sogar Fahrzeuge ein, die direkt an der Straße standen. Die Motorräder wurden dann im Ausland verkauft. Das Ganze flog auf, im Sommer 2007 klickten die Handschellen. Ein Teil der Täter ist bereits verurteilt. Zwei Angeklagten wird noch der Prozess gemacht.

Schon vor einigen Jahren waren KVR-Mitarbeiter in die Schlagzeilen geraten. Sie hatten in der Zulassungsstelle gearbeitet und über Jahre hinweg TÜV-Plaketten an Besitzer hoffnungsloser Rostlauben verteilt. Natürlich gegen Bakschisch.

Julia Lenders

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