Kult-Wirtin Toni Netzle: "Promis waren bei mir Menschen"

Der zweite Teil des großen AZ-Interviews mit Kult-Wirtin Toni Netzle (Alter Simpl) zu ihrem 90. Geburtstag.
Daniela Schwan |
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Schauspielerin und eine Münchner Gastro-Legende: Toni Netzle.
Volker Dornberger/dpa Schauspielerin und eine Münchner Gastro-Legende: Toni Netzle.

Der zweite Teil des großen AZ-Interviews mit Kult-Wirtin Toni Netzle (Alter Simpl) zu ihrem 90. Geburtstag.

München - Über drei Jahrzehnte lang war sie Münchens Kult-Wirtin. Und das, obwohl sie keine Kneipen mag. Am Mittwoch wird Toni Netzle, die den Alten Simpl zur Legende machte, 90 Jahre alt. Noch immer ist die ehemalige Betreiberin und Schauspielerin kreativ. Stillsitzen ist nix für Toni Netzle.

AZ: Liebe Frau Netzle, haben Sie noch Kontakt zu vielen ehemaligen Simpl-Gästen?
TONI NETZLE: Ja, aber nicht so eng – das war schon zu Simpl-Zeiten mein Grundsatz. Ich mag keine Kneipen, mochte ich nie, auch meine eigene nicht.(lacht) Ich bin da 1960 nur gelandet, weil ich einen Job gesucht habe! Ich bin eigentlich Schauspielerin, hab mich scheiden lassen und hatte zwei kleine Kinder, die konnte ich nicht alleine lassen, um als Schauspielerin durch die ganze Welt zu kutschieren. Also brauchte ich einen Job. Und da ich, wie gesagt, keine Kneipen mag, hab ich immer gesagt, das ist mein Wohnzimmer. Das war es bis zum Schluss.

Erzählen Sie doch mal von einer besonderen Begegnung.
Ach, das waren so viele! Mit Menschen. Auch Promis waren bei mir einfach nur Menschen, sie waren genauso wie alle. Ich habe immer versucht, mich um die Ausländer zu kümmern und sie mit einzubeziehen, damit sie was verstehen. Bei uns ist ja nichts passiert, es war einlangweiliger Laden.(lacht)

Einige hatten Hausverbot...
Da gab es einen Simpl-Witz,der lautete: "Hast du gehört, die Toni will eine Party geben für alle, die sie rausgeworfen hat und die Lokalverbot haben oder hatten." "Das finde ich toll! Das zeigt Größe. Will sie das im Simpl machen?" "Nein. Das geht doch gar nicht. Sie hat das Olympiastadion gemietet."

Die Geschichte mit dem Hausverbot

Sehr lustig. Was bedeutet München für Sie?
Ich bin praktisch am Stachus aufgewachsen, hab mein ganzes Leben in München verbracht. Ich bin für Dieter Reiter als Oberbürgermeister, da bin ich offen, ich war schon im Simpl "die rote Toni". Das wirklich Schöne am Simpl war: Alle Parteien, außer ganz rechte, saßen an einem Tisch. Ich habe an Wahltagen Partys gemacht, danach haben die Gewinner und Verlierer zusammen gefeiert, es wurde diskutiert, manchmal gestritten. Der Peter Gauweiler ist bei mir aufgewachsen, der war ein unglaublich versierter Diskutant. Das vermisse ich am meisten. Das war Demokratie. In meinem Büro haben sich Leute getroffen, die sich offiziell nicht treffen durften, da haben sie sich geduzt, und wenn sie sich draußen getroffen haben, nicht mal gegrüßt. Es gingen Filmleute, Politiker, Journalisten ein und aus. Und Studenten. Deren Eltern kamen vorbei und haben ihre Schulden bezahlt. Viele haben gleich ein Kontingent von ein paar Hundert Mark bei mir gelassen, davon konnten ihre Kinder einige Zeit essen und trinken.

Nach dem Motto: Passen Sie bitte gut auf meine Tochter, meinen Sohn auf?
Genau! Eltern vertrauten mir ihre Kinder an, das war schon eine Verantwortung. Zu mir kamen auch die Strauß-Kinder, das durfte keiner wissen. Marianne Strauß hatte händeringend etwas gesucht, als ihre Kinder Franz Georg, Monika und Max im Teenager-Alter weggehen wollten. Das war inden 70ern, die Kinder waren sehr entführungsgefährdet, sie hatten immer Bodyguards dabei. Jeder wusste, dass sie stets bei mir waren, keiner hat drüber geschrieben. Die Journalisten wussten, dass sie nichts außer Haus tragen dürfen und haben sich daran gehalten.

Was wünschen Sie sich?
Gerne würde ich noch mal inder Komödie im BayerischenHof spielen! Und sonst: Dass es meinem Mann, mit dem ich seit 58 Jahren nicht verheiratet bin, gut geht. Dass ich irgendwann einfach einschlafe. Ich habe keine Angst vorm Sterben, aber Angst vor Schmerzen, Leiden, Dahinsiechen, anderen Leuten auf den Keks zu gehen. Ich habe wahnsinnig Angst, dement zu werden und zu verblöden. Es ist mein Wunsch, dass das nicht eintritt. Gott sei Dank bin ich noch gut beinand.

Hier lesen Sie den ersten Teil des Interviews

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