Schneller als Augustiner: Giesinger Bräu bringt Mitte August alkoholfreies Bier heraus

München - Am Dienstagvormittag herrschte mal wieder Aufbruchsstimmung bei Giesinger Bräu: "Heute ist unser alkoholfreies Bier zum ersten Mal abgefüllt worden", erzählt Geschäftsführer Steffen Marx im Gespräch mit der AZ – und verrät exklusiv, wann es auf den Markt kommt.
Giesinger Bräu bringt Alkoholfreies auf den Markt: "Nehmen den Sommer noch mit"
"Die Etiketten und auch die Kronkorken sind da, wir sind mit den Tests und Probekostungen durch – also haben wir uns entschieden, wir nehmen den Sommer noch mit!", sagt der 45-Jährige. 2.000 Hektoliter sollen erst einmal gebraut und nach Marx' Vorstellungen noch in diesem Jahr verkauft werden.
Am 15. August, also an Mariä Himmelfahrt, präsentiert Giesinger Bräu offiziell das neue Bier mit dem Namen "Giesinger Freiheit“. Steffen Marx: "Um 7 Uhr in der Früh geht's bei Weißwurst und Gesang im Giesinger Bräustüberl los. Bierverkostung um diese Zeit macht auch nicht jeder, da haben wir uns gedacht, das probieren wir. Ist ja Alkoholfreies!"
Alkoholfreies Bier im Trend: Giesinger Bräu reagiert auf die Entwicklung
Er habe sich tatsächlich lange nicht so recht mit alkoholfreiem Bier anfreunden können, gesteht Marx: "Ich weiß, ich habe mal gesagt, das würde ich nie machen!"

Die Zeiten hätten sich aber geändert: "Man muss vielleicht noch zwischen den Leuten im Glockenbachviertel und der Dorfjugend auf dem Land unterscheiden, aber grundsätzlich sind die jungen Menschen so um die 20 immer weniger dem Alkohol zugetan und suchen Alternativen – wir reagieren auf diese Entwicklung!"
Brauer-Bund: "Bald jedes zehnte in Deutschland gebraute Bier alkoholfrei"
Ursprünglich habe man vorgehabt, das alkoholfreie Bier nach der Wiesn in der Detoxphase zu präsentieren. Das Unternehmen sei aber gerade in einer Phase, in der man das Ganze auch technisch aufstellen könne und die Zeit dafür habe: "Also hauen wir jetzt mal einen raus!" Auch wenn man sich da noch immer in einer Nische bewege, gehe der Trend ganz klar hin zum alkoholfreien Bier, und auf diese Entwicklung wolle man reagieren.
"Seit 2007 hat sich die Produktion alkoholfreier Biersorten in Deutschland mehr als verdoppelt – auf gut 670 Millionen Liter im Jahr 2022. Wir rechnen damit, dass schon bald jedes zehnte in Deutschland gebraute Bier alkoholfrei sein wird", wird Holger Eichele, Hauptgeschäftsführer des Deutschen Brauer-Bundes, von der dpa zitiert.
Die Zeiten, als alkoholfreie Biere noch vor 20 oder 30 Jahren hauptsächlich von Autofahrern getrunken worden seien, seien lange vorbei, betont Eichele. Bier ohne Alkohol werde heute nicht mehr als Ersatz wahrgenommen. Verbraucherinnen und Verbraucher schätzten oft auch die im Vergleich zu alkoholhaltigem Bier geringe Kalorienzahl.
Giesinger-Bräu-Chef Marx: "Es ist unser klarer Plan, auf die Wiesn zu kommen"
Mit dem Alkoholfreien im Angebot will Giesinger Bräu zukunftsfähig bleiben. Mit gutem Hopfen und gut gezüchteter Hefe lasse sich ein aromatisches alkoholfreies Bier herstellen, sagt Marx, ohne auf die Details im Brauprozess einzugehen.
Das alkoholfreie Bier ist ein wichtiges Steinchen in Marx' persönlichem Puzzle: So kann Giesinger Bräu nämlich ein Vollsortiment anbieten und kommt dem Ziel, eines Tages offiziell auf dem Oktoberfest vertreten zu sein, einen Schritt näher.
"Es ist unser klarer Plan, auf die Wiesn zu kommen, weil wir eben entsprechend leistungsfähig sind", sagt Marx. Für 2024 habe man das zeitgleich auf der Theresienwiese stattfindende Bayerische Zentral-Landwirtschaftsfest im Visier, "auf welche Art und Weise das klappen kann, muss sich erst noch zeigen".
Giesinger Bräu: Crowdfunding bleibt ein wichtiger Bestandteil
Man habe schon zwei Mal bei der Stadt angefragt, sie möge doch bitte einen Hinweis geben, was das Unternehmen noch tun könne. "Oder ob die Stadt womöglich die Durchführungsbestimmungen fürs Oktoberfest quasi dahingehend ändern kann, dass wir doch noch auf die Wiesn können", so Marx.
Dieses Jahr kratze man am dafür so wichtigen Break-Even, 40.000 Liter Bier seien angesichts der gestiegenen Preise dazu vermutlich notwendig: "Wir stehen jeden Morgen optimistisch auf, dass das dann auch relativ schnell klappt."

Ein wichtiger Bestandteil bleibt für Giesinger Bräu das Crowdfunding, mit dessen Hilfe rund elf Millionen Euro zusammengekommen sind. Marx: "Die Leute sind total begeistert von dem Konzept, und es ist sehr beruhigend, dass wir mit den knapp 8.000 Leuten eine so große Community haben."
Die Zeiten, als Alkoholfreies nur als Clausthaler bekannt und bei den wahren Biertrinkern verpönt war, sind also definitiv vorbei. Immer mehr Menschen betrachten die Variante immer weniger als Notlösung, sondern sogar als trendiges Erfrischungsgetränk.
Zeitpunkt offen: Augustiner will ebenfalls alkoholfreies Bier anbieten
Auch bei Münchens ältester Privatbrauerei (seit 1328) soll es in naher Zukunft ein alkoholfreies Bier geben, wie die Augustiner-Bräu Wagner KG auf AZ-Anfrage bestätigte. "Selbstverständlich beschäftigen wir uns mit dem Thema des alkoholfreien Bieres", sagt Dr. Martin Leibhard, Geschäftsführer Vertrieb.
Auf einen genauen Zeitpunkt wollen sich die Verantwortlichen jedoch nicht festlegen, die Mühlen mahlen langsamer als bei Giesinger Bräu. Im Vordergrund stehe die Qualität des Produktes, heißt es.
Augustiner: Technologie zur Herstellung heller, untergäriger alkoholfreier Biere hat sich entwickelt
"Immer mehr Gastronomen und Biertrinker treten an uns heran und fragen nach einem alkoholfreien Bier aus dem Hause Augustiner", erklärt der technische Geschäftsführer Werner Mayer. Wie bei allen Augustiner-Bieren solle der gute Geschmack entscheidend sein, mittlerweile habe sich die Technologie zur Herstellung heller, untergäriger alkoholfreier Biere jedoch enorm entwickelt.

Laut Augustiner ist "dank moderner Technologie eine wesentlich schonendere Behandlung der Geschmacks- und Aromastoffe gegeben". Qualität habe für die Brauerei absolute Priorität und sei die Grundvoraussetzung dafür, sich mit dem Thema alkoholfreies Bier zu beschäftigen.
Ehemalige DDR war Vorreiter beim alkoholfreien Bier
Der Deutsche Brauer-Bund betont, dass alkoholfreie Biere "eine lange Geschichte" in Deutschland haben. Vorreiter war die DDR, in der Braumeister Ulrich Wappler bei der Brauerei "Engelhardt" in Stralau (Berlin-Friedrichshain) ein Alkoholfreies entwickelte. "Das Bier wurde 1972 der Öffentlichkeit erstmals auf der Leipziger Messe unter dem Namen "AuBi" (Autofahrerbier) vorgestellt."
Ende der 1970er wurden auch in der Bundesrepublik Deutschland erste alkoholfreie Biere in den Markt eingeführt. Markantes Jahr ist hierbei 1979, als die nationale Einführung von "Clausthaler" aus der Frankfurter Binding-Brauerei erfolgte. Die Marke gehört heute zur Radeberger-Gruppe und damit zum Familienkonzern Oetker (Bielefeld).
Lange Nacht der Brauereien: Giesinger Bräu lädt wieder ein
Am 28. und 29. Juli 2023 verwandelt sich das Gelände des Werk 2 von Giesinger Bräu in eine Bier-Oase für alle Liebhaber von handwerklich gebrauten Spezialitäten. Zwei Tage präsentiert Münchens zweitgrößte Privatbrauerei das Festival mit acht Bands und 22 Brauereien und einem vielfältigen Programm aus Musik, Kulinarik und natürlich Bier.

Neben Giesinger Bräu bieten 21 Brauereien aus ganz Deutschland und Südtirol ihre Biere zum Probieren an. Darunter sind bekannte Namen wie Munich Brew Mafia, IsarKindl, Hoppebräu und Nittenauer, aber auch exotische Gäste.
"Wir wollen ein Zeichen setzen, dass es da Freundschaften gibt und dass uns die Liebe zum guten Bier vereint", freut sich Giesinger-Bräu-Chef Steffen Marx auf das Event. Die Lange Nacht der Brauereien findet erstmals seit 2019 wieder statt und steigt zum ersten Mal auf dem Gelände des neuen Brauerei-Standortes in der Lerchenau.