Küchengerät und Kunsthandwerk: Spaziergang über die Handwerksmesse

München - Die Internationale Handwerks und Gartenmesse (IHM) ist in diesem Jahr bereits zum 72. Mal in München auf dem Messegelände Riem. 337 Ausstellerinnen und Aussteller aus dem Handwerksbereich zeigen ihre Arbeiten. Und dabei geht es um Handwerk im weitesten Sinne.
Rasenmäher, Swimmingpools und Hollywoodschaukeln gibt es in der Gartenausstellung zu sehen; Bügeleisen, Mixer, Vakuumiergeräte bis hin zu einer Chips-Maschine in der "Küchenkultur".
Bis Sonntag ist die Ausstellung noch zu sehen
Eine weitere Halle widmet sich dem Thema "bauen, sanieren und modernisieren", und wieder eine andere wendet sich an den Nachwuchs im Handwerk - hier hat unter anderem die Bundeswehr einen Stand.
Und dann gibt es noch die Halle B5 - die künstlerischste von allen. Das Thema: Handwerk und Design. Die AZ hat mit Ausstellern gesprochen.
Die Messe beginnt Samstag und Sonntag um 9.30 Uhr und schließt um 18 Uhr. Der Eintritt kostet für Erwachsene 15 Euro, ermäßigt neun Euro, für Kinder bis zum zwölften Lebensjahr ist der Eintritt kostenlos. Ein Nachmittagsticket ab 15 Uhr kostet sieben Euro.
Thilio: Beschwingter Hocker
Wer die Halle B5 betritt, findet gleich rechts einen Hocker aus gebogenen Holzleisten. Korbinian Amann ist Schreiner und hat die Sitzgelegenheit als Abschlussprojekt der Akademie für Gestaltung und Design in München entworfen. Der 32-Jährige hat sich bei der Form seines Hockers vom Samen einer Linde inspirieren lassen - die Leisten wölben sich und wirken dabei leicht und dynamisch. Wer sich daraufsetzt, kann darauf ähnlich wie auf einem Gummiball auf- und abwippen.

Genau das sei sein Ziel gewesen, als er den Hocker entwarf, sagt Amann. "Als ich auf die Gestalterschule gegangen bin, musste ich ziemlich viel auf harten Stühlen sitzen", erinnert er sich. So entstand die Idee, eine aktive und gleichzeitig ästhetische Sitzgelegenheit zu entwickeln. Die Leisten des Hockers "Thilio" sind aus Eschenholz. Ein Rahmen aus Stahl hält sie zusammen.
Barleben: Charmant an der Hand
Viel Charme haben auch die Handpuppen von Marie Barleben aus dem badischen Emmendingen. Die heute 69-Jährige hat vor 20 Jahren als Autodidaktin damit begonnen, Tiere als Handpuppen zu nähen. Heute ist Barleben ein kleines Familienunternehmen. Friedrich Barleben, Ehemann der Künstlerin, lässt einen Fuchs in seiner Hand reden. "Bitte, was war die Frage? Geht es um Hühnerhaltung?", sagt ein Fuchs mit spitzer Schnauze und grünen Augen.

Auch Esel, Raben, Ziegen, Wildschweine, Hunde, kurz: alle möglichen Tiere, hat seine Frau entworfen. Es bereite große Freude, sie auf der Messe auszustellen, sagt Friedrich Barleben - da sie bei den Vorbeigehenden immer für ein Lachen sorgten. Nicht nur zum Lieblings-Opa werde man mit den Figuren, auch Erzieher, Psychologinnen und Coaches verwendeten die Puppen gerne für ihre Arbeit. Schauspielerisches Talent brauche man dafür nicht, sagt Barleben - und der Fuchs versteckt sich schüchtern an seiner Schulter.
Italiano Plurale: Ein Drache als Teekanne
Das Teeservice von Cecilia Coppola wirkt auf den ersten Blick kitschig, auf den zweiten verzaubert und verrückt - wie bei Alice im Wunderland. Da wird eine Teekanne zum Drachen, auf seinem Nacken reitet ein Junge, auf dem Deckel liegt ein Mädchen mit wehendem Kleid. Bei einer anderen Kanne spitzt ein Frosch seine Lippen, um Tee auszugießen.
Sieben Künstlerinnen und Künstler des italienischen Kollektivs "Italiano Plurale" sind in diesem Jahr zum ersten Mal auf der IHM vertreten. Unter ihnen auch Gian Luca Bartellone mit Schmuck aus Pappmaché, oder Stefania Lucchetta mit Ketten aus filigranem Titanium. "In Italien ist für die Künstler gerade eine sehr schwierige Situation", sagt Kurator Waldemar Kerschbaumer im Hinblick auf die angespannte wirtschaftliche Lage im Süden.
Goldschmiedeschule Pforzheim: Kreativität ist erwünscht
Ein dreistöckiger Pilz, wie er sonst auf Baumstämmen mitten im Wald wächst, schimmert hier wie Perlmutt. Drei grüne Steine lugen wie Augen in unterschiedliche Richtungen. Entworfen hat die Brosche die Kunstschmiedeschülerin Melissa Fräßdorf der Goldschmiedeschule Pforzheim. Auch ein Kopfschmuck wie von dem Schamanen eines indigenen Stammes liegt daneben.

Eine andere Schülerin hat einen Fingerring entworfen, mit winzigen Klauen, in den man eine Zigarette stecken kann. Was die Schülerinnen und Schüler der Goldschmiedeschule hier in der Messe ausgestellt haben, zeigt vor allem eines: Am Berufskolleg für Design, Schmuck und Gerät in Pforzheim ist Kreativität erlaubt und erwünscht.
Robert Race: Bezauberndes aus Holz
Die bewegbaren Holzfiguren des britischen Spielzeugkünstlers Robert Race sind ein Höhepunkt der Messe. Wer sich traut, die Hebel und Kurbeln seiner Holzgeräte zu bedienen, setzt ganze kleine Welten in Bewegung. Das Holz, das der 79-Jährige verwendet, ist meist Treibholz aus dem Meer. Sein Spielzeug hat in seiner Einfachheit etwas Bezauberndes. Da ist eine Kuh, die die Augen verdreht, wenn man ein Pendel zum Schwingen bringt.

Da sind kleine Frauen und Männer, die Kanu fahren, wenn man an einem Rädchen dreht. Es gibt Vögel, die fliegen, und Ratten, die an Schnüren ziehen und damit Menschen zum Krabbeln bringen. Wer die Bilderbücher des schwedischen Kinderbuchautors Sven Nordqvist kennt, mit seinen Geschichten von dem alten Pettersson mit seinem Kater Findus und den kleinen Mucklas, wird sich an sie erinnert fühlen.