Krümel statt Röhre
MÜNCHEN Wer da Triumphgeheul heraushört, der hört richtig. Im Streit mit dem Freistaat um die Finanzierung der zweiten Stammstrecke holt sich die Münchner SPD jetzt ausgerechnet bei CSU-Verkehrsminister Peter Ramsauer Schützenhilfe . Das Bundesverkehrsministerium habe erklärt, „dass die Möglichkeit einer Finanzierung der zweiten Stammstrecke durch einen Kredit der Landeshauptstadt München rechtlich überhaupt nicht möglich ist”. Genau das aber hatte die Staatsregierung von der Stadt gefordert.
Für die Grünen in Stadt, Land und Bund ist das alles ohnehin ein „Schwarzer-Peter”-Spiel und „plumpes Wahlkampfmanöver” von Horst Seehofer&Co. Sie schlagen eine andere, bescheidenere Strategie vor: lieber ein Bündel kleinerer Sofortmaßnahmen als der große Wurf zweite Stammstrecke.
Die Tunnelröhre ist für die Grünen in Stadt und Land sowieso längst zum „Phantom” geraten. Die argumentieren, es sei illusorisch, zwei Milliarden Euro vom Bund allein für den Tunnelbau zu bekommen, wenn im Fördertopf für Verkehrsprojekte in ganz Deutschland bloß zwei Milliarden Euro zur Verfügung stehen. Das hieße, dass nur Bayerns Verkehr gefördert würde – und in Bayern nur Münchens Stammstrecke. Wenig wahrscheinlich.
Wenn der Freistaat nur den „ganz großen Kuchen” akzeptieren wolle, sagt Toni Hofreiter, der für die Grünen im Bundestag den Verkehrsausschuss leitet, sei das kindisch. Ein paar Krümel tun’s halt manchmal auch: Für kleinere oder mittelgroße Projekte wäre ja durchaus Geld des Bundes da.
Folgende acht Sofortmaßnahmen für die Münchner S-Bahn würden die Grünen am liebsten sofort anstoßen:
Ausbau der Sendlinger Spange von Laim zum Heimeranplatz
Bau eines Regionalzughaltes Poccistraße mit Option S-Bahn-Halt im Störfall
Ausbau der S-Bahn-Außenäste für eine Taktverdichtung
Ein weiteres Gleis für den S-Bahn-Betrieb am Ostbahnhof
Viergleisiger Ausbau des S-Bahnhofes Laim
Beseitigung von Engpässen im S-Bahn-Netz wie Fahrstraßenkreuzungen, Eingleisbetrieb wie auf dem Westarm der S4 – einschließlich des Westkopfes Pasing
Verbesserung der Leit-, Steuerungs- und Regeltechnik
Behindertengerechter Ausbau von Bahnhöfen und Anschaffung weiterer Zuggarnituren.
In dieselbe Kerbe schlagen Münchens Freie Wähler. Deren Vorsitzender Michael Piazolo fordert noch für 2012 ein Sofortprogramm, „um den an der Belastungsgrenze fahrenden Fuhrpark und technische Einrichtungen wie die Stellwerke auf Vordermann zu bringen”. Eine zweite Röhre sei auf absehbare Zeit weder zu bezahlen noch sinnvoll.
Jetzt fragt sich nur noch, ob solche Krümel den S-Bahn-Fahrgast auch satt machen werden.