Kronawitters trauriger Weihnachtswunsch
Wer hätte nicht eine besondere Weihnachts-Erinnerung? In der AZ erzählen Münchner ihre Geschichte. Den Auftakt macht heute Alt-OB Georg Kronawitter.
Es war das Jahr 1935. Ich ging in die zweite Klasse einer dörflichen Zwergschule, in der alle acht Klassen gemeinsam unterrichtet wurden. Die Kinder der dritten und vierten Klasse durften kurz vor Weihnachten einen Brief an das Christkind schreiben. Der Lehrer sagte, sie sollten sich nicht zu viel wünschen, damit das Christkind nicht verärgert ist und gar nichts bringt.
Zu Hause musste ich immer wieder an den Brief an das Christkind denken: Ich will ihm auch schreiben. In meiner schönsten Schrift schrieb ich: „Liebes Christkind, bring mir meine Schwester Paula wieder. Sonst will ich nichts.“ Meine Schwester Paula war ein Jahr jünger als ich und vor einem halben Jahr an Diphtherie gestorben. Damit es ja nicht zu viel für das Christkind wird, habe ich mir kein einziges Spielzeug gewünscht.
Als meine Mutter den Brief gelesen hatte, weinte sie lange. Dann sagte sie, das Christkind kann viel, aber es kann keinen Menschen, der gestorben ist, lebendig machen, auch nicht unsere kleine Paula. Dieses Weihnachten war dann für uns sehr traurig. Wir haben vor dem Christbaum viel von unserer Paula erzählt. Meine Mutter sagte auch später immer wieder, es ist schön, dass wir wenigstens ein Bild mit den drei Kindern haben und Paula mittendrin ist.
Schreiben Sie Ihre Geschichte
Haben Sie auch eine besondere Weihnachts-Erinnerung? Schicken Sie sie – gern mit Foto! – per Mail an: lokales@abendzeitung.de. Oder per Post an die AZ-Lokalredaktion, Rundfunkplatz 4, 80335 München. Die schönsten Geschichten werden veröffentlicht.
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