Kritik am Großmarkt in Sendling: "Der Markt wird degradiert"

Sendling - Das Wichtigste sei, dass eine funktionierende Großmarkthalle entsteht – mit Mieten, die sich die Händler leisten können. Das betonte Kommunalreferentin Kristina Frank (CSU) stets, wenn es darum ging, was aus dem städtischen Areal in Sendling werden soll. Doch nun sind ausgerechnet die Händler mit den neuen Plänen des Investors Ralf Büschl unzufrieden. Sie fordern eine komplett neue Planung.
Großmarkt in Sendling: Nächsten Mittwoch entscheidet der Stadtrat über die Pläne
Nächsten Mittwoch in der Vollversammlung soll der Stadtrat entscheiden, ob das Kommunalreferat die Verhandlungen fortführen soll. Die nicht-öffentlichen Unterlagen liegen der AZ vor. Darin lässt sich nachlesen: Für den Sichthandel, für Lager- und Kommissionierungsflächen sind rund 42.500 Quadratmeter eingeplant. "Flächenverdichtungen" sollen außerdem Raum für neue Sortimente schaffen – wie Fleisch und Wurstwaren, Fisch und Meeresfrüchte, Molkereiprodukte, Backwaren, Getränke und "Ethno-Food".
Momentan haben die Händler zirka 72.000 Quadratmeter Verkaufs- und Lagerfläche. So schreibt es der Verband des Bayerischen Frucht-Import und Großhandel, der zahlreiche Händler am Großmarkt vertritt. Diese Woche veranstaltete der Verband ein Treffen, um über die Pläne zu diskutieren. Fazit: Die Händler lehnen sie geschlossen und einstimmig ab. Das gesamte Gelände müsste aus Sicht des Verbandschef Günther Warchola komplett neu überplant werden. Überraschend sei die Ablehnung nicht.

Schließlich sollen die Händler in dem neuen Markt plötzlich nur noch die Hälfte an Platz bekommen. Und für manche Betriebe bleibt gar keiner mehr übrig. "Für Betriebe, die ihr Geschäftsmodell fast ausschließlich auf den großmarktunabhängigen Warenumschlag konzentrieren, werden andere Ansiedlungslösungen gefunden werden müssen", heißt es in der Vorlage. Dadurch würden "Schwerlastverkehre der Großlogistiker" wegfallen. Das führe "zu einer Verringerung der Lärmbelastung und Abgasemissionen".
LKW sollen nicht mehr länger parken dürfen
Lastwagen sollen am Großmarkt auch nur noch dann parken dürfen, wenn sie gerade be- oder entladen. So soll die Fläche "maximal effizient" genutzt werden.
Doch dass damit kein Ort mehr bleibt, wo LKW-Fahrer ihre Ruhezeiten einhalten können, sehen die Händler kritisch: "Ohne ausreichende Flächen für das Abstellen von LKW (...) kann die Großmarkthalle nicht funktionieren", schreiben sie.
Insgesamt bleibe für den Großmarkt in dieser Planung bloß ein Drittel des Platzes übrig. "Damit wird der viertgrößte Großmarkt Europas inakzeptabel degradiert", sagt Warchola.

"Ich erwarte vom Kommunalreferat, dass mit den Händlern eine Lösung gefunden wird", sagt Stefan Jagel von der Linken. Auch sonst zeige der Entwurf, dass "was der Investor aus Grünwald vollmundig versprochen hat, nicht eingelöst wird". Zum Beispiel stellte er einst in Aussicht, 6000 Wohnungen zu schaffen, darunter viele bezahlbare.
Das ist vom Tisch. Womöglich bleibt neben der Halle Platz für Wohnraum. Doch, so geht es aus der Sitzungsunterlage hervor, würde nicht der Investor bauen. Denn das Kommunalreferat schlägt vor, ihm insgesamt eine kleinere Fläche zu überlassen.
Grüne und SPD klingen ratlos, wie es nun weitergehen soll. Ihre Fraktion müsse noch beraten, sagt Sibylle Stöhr von den Grünen. "Die SPD will, dass dort eine Großmarkthalle entsteht und die muss natürlich auf Akzeptanz stoßen. Und die SPD will auch, dass dort bezahlbarer Wohnraum entsteht", sagt SPD-Fraktionschef Christian Köning. Aus seiner Sicht ist gerade alles "sehr im Fluss". Sicher ist es also nicht, dass Büschl die Großmarkthalle am Ende baut.
Auch das Kommunalreferat in München fordert eine Korrektur
"Anpassungen" sind im derzeitigen Entwurf auch nach Ansicht des Kommunalreferats notwendig. Diese seien der Bieterin bereits zugeleitet worden. "Wir gehen davon aus, dass die Bieterin in enger Abstimmung mit Händlerschaft und Stadt in ihrem finalen Angebot einen guten, funktionalen Großmarkt präsentieren wird", schreibt eine Sprecherin.
Außerdem ist laut ihr bereits ein Termin mit Händlern, der Verwaltung und dem Investor für Januar vereinbart. Denn jetzt muss es schnell gehen: Fertig soll der Großmarkt eigentlich 2030 sein. Dem Investor will die das Kommunalreferat außerdem entgegenkommen. Es schlägt eine „Anmietgarantie“ vor, um für den Bieter die Sicherheit zu erhöhen – und um gleichzeitig sein unternehmerisches Risiko zu minimieren. Konkret heißt das: Bleiben die Stände über einen bestimmten Zeitraum leer, springt die Stadt ein und trägt bis zu 33 Prozent der Miete.