Krise beim BR: Sender in Schieflage!
Die Spardebatte im Bayerischen Rundfunk geht weiter. Sind als Nächstes der Chor und die Orchester dran?
München - Gestern war die Aufregung groß. Der Haushaltsausschuss des Landtags diskutierte den Bericht des Rechungshofs über den Bayerischen Rundfunk. Eine Reduzierung der drei Klangkörper – Chor, Sinfonie- sowie Rundfunkorchester – sei im Zug von Sparmaßnahmen nicht auszuschließen, so die „Süddeutsche Zeitung“. „Wir müssen überlegen, ob wir uns das alles noch leisten können“, wird BR-Verwaltungs-Chef Albrecht Frenzel zitiert.
Dem widerspricht der Bayerische Rundfunk. Es gelte nach wie vor die klare und auch mehrfach geäußerte Zusage von BR-Intendant Ulrich Wilhelm, wonach die Klangkörper des Bayerischen Rundfunks nicht zur Disposition stünden. Der BR sei stolz auf seine herausragenden Orchester und seinen Chor, die einen einzigartigen Beitrag zum Profil des Senders und zum kulturellen Leben in Bayern leisten.
BR sieht sich als kultureller Vorreiter
Dies habe gestern im Landtag auch der Verwaltungsdirektor gewürdigt: Der BR leiste kulturell mehr als jede andere Anstalt: im Programm mit ARD alpha, fiktionalen Programmen wie „Dahoam is dahoam“ sowie den kulturelle Hörfunksendern BR Klassik und Bayern 2, aber auch durch seine drei Klangkörper.
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Der Kulturauftrag ist die eine Seite. Die andere sind das Schielen nach der Quote und die finanzielle Schlagseite: Von 2010 bis 2014 verzeichnete der BR laut Rechnungshof ein Minus von 100 Millionen Euro. Für 2017 bis 2020 sagen Prüfer ein Minus von 328 Millionen Euro voraus. Vor allem die Pensionslasten stürzen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk in die Krise.
Motto des BR war: „Wer später bremst, ist länger schnell“
Der BR habe lange nach dem Motto gelebt: „Wer später bremst, ist länger schnell“, so Rechnungshofspräsident Heinz Fischer-Heidlberger. Jetzt müsse die Vollbremsung dafür umso dramatischer ausfallen.
BR-Verwaltungsdirektor Frenzel stellte substanzielles Sparprogramm in Aussicht. „Es muss alles auf den Prüfstand“, sagte er. Und: „Der BR muss kleiner werden.“ 450 Stellen sollen bis 2025 bei der Fernsehproduktion wegfallen. Betriebsbedingte Kündigungen wolle man vermeiden.
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Wenn alles auf dem Prüfstand steht, werden auch die Klangkörper künftig nicht verschont. Sie waren bisher von Kürzungen ausgenommen.
Orchester sind ein teurer Anachronismus
Das Klima innerhalb der ARD ist für Orchester schlecht: Sie gelten als teurer Anachronismus, der mit dem heutigen Programmauftrag kaum mehr zu rechtfertigen sei. Beim SWR wurden gegen heftige Proteste aus der Musikszene zwei sehr unterschiedlich profilierte Orchester aus Stuttgart und Baden-Baden demonstrativ zusammengelegt.
In München herrscht dagegen noch weitgehend Schönwetter: Das Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks bekommt vom Freistaat aller Voraussicht nach den lang ersehnten Saal mit Erstbelegungsrecht. Viel spricht für diesen Neubau im Werksviertel hinter dem Ostbahnhof.
Aber was passiert bei der über- oder überübernächsten Spar-Runde? Ist der Neubau nicht eine Einladung an den Sender, seine Musiker als viertes Staatsorchester nach München, Nürnberg und Bamberg beim Freistaat abzuladen? Auch dies könnte zu den Folgekosten eines Neubaus gehören, die man vom Ende her denken muss und nicht wie ein Milchmädchen als visionäre Spekulation.
Eine Milliarde aus Gebührengeldern
Vor dem Hintergrund des Defizits wird allerdings oft vergessen: Dem BR steht eine Milliarde Euro jährlich aus Gebührengeldern zur Verfügung. Wie er sie ausgibt, ist seine Sache. Er kann ein Allerweltsprogramm machen, aber auch sein Profil gegenüber anderen ARD-Anstalten durch einen kulturellen Schwerpunkt schärfen.
Der Landtag hat den Rechnungshof beauftragt, den BR schon in zwei Jahren neu zu prüfen. Die Debatte wird uns weiter verfolgen. Die Zukunft wird zeigen, was Ulrich Wilhelms oft wiederholte Bestandsgarantie für die Klangkörper in Euro wirklich wert ist. Robert Braunmüller