Kripokommissar bringt sich selbst in Bedrängnis

Ein Kripokommissar bringt sich im Untersuchungsausschuss Labor in Bedrängnis. Seine Aussage liefert keinen Hinweis auf politische Manipulationen. Dafür erscheint nun die Rolle des Kommissars in fragwürdigem Licht.
von  dpa
Der Hauptzeuge im Untersuchungsausschuss "Labor": Kriminalhauptkommissar Stephan Sattler
Der Hauptzeuge im Untersuchungsausschuss "Labor": Kriminalhauptkommissar Stephan Sattler © dpa

München - Im Untersuchungsausschuss Labor zeichnet sich die Entkräftung brisanter politischer Manipulationsvorwürfe gegen Justiz und Staatsregierung ab. Bei der Vernehmung eines Schlüsselzeugen im Landtag am Dienstag konnten die Abgeordneten kein Indiz für politische Einflussnahme auf die Betrugsermittlungen gegen Ärzte finden. Dagegen steht nun aber die Frage im Raum, ob der frühere Leiter der Sonderkommission Labor des Landeskriminalamts und andere im LKA selbst politischen Druck erzeugen wollten, um die Ermittlungen in ihre Richtung zu steuern. In kein gutes Licht rückte sich der Kommissar auch durch das Eingeständnis, Kollegen beim früheren LKA-Präsidenten angeschwärzt zu haben.

Kriminalhauptkommissar Stephan Sattler hatte im Jahr 2010 mit einer aufsehenerregenden Aussage vor Gericht den Eindruck erweckt, nach Entdeckung einer Parteispende des Augsburger Laborarztes Bernd Schottdorf an die CSU seien die Ermittlungen von oberer Stelle behindert und das Personal der Sonderkommission abrupt reduziert worden. "Ich habe noch nie erlebt, dass in ein Verfahren so eingegriffen wurde", wurde Sattlers Zeugenaussage damals in einer Zeitung zitiert. "Seit wir das" - die Spende an die CSU - "der Staatsanwaltschaft gemeldet haben, hatten wir unheimliche Schwierigkeiten, das zu ermitteln."

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Im Zeugenstand des Untersuchungsausschusses betonte Sattler am Dienstag dagegen, diese Aussage sei falsch zitiert worden. "Nach meinem Dafürhalten ist das nicht richtig."

Der Vorwurf einer politischen Einflussnahme auf die Betrugsermittlungen gegen Schottdorf und seine Kunden in der niedergelassenen Ärzteschaft ist eine der zentralen Fragen, die der Untersuchungsausschuss aufklären soll. "Das ist ein ungeheuerlicher Vorwurf und der Kernpunkt unseres Untersuchungsauftrags", sagte der stellvertretende Ausschussvorsitzende Franz Schindler (SPD). "Es steht immer so im Raum, da gab es dunkle Mächte, die auf tapfere Ermittler, auf stolze LKA-Beamte Einfluss genommen haben, damit die ihren Job nicht erledigen können."

Sattler war zunächst Chef der Sonderkommission Labor gewesen, aber nach internen Auseinandersetzungen zuerst als Chef abgelöst und Ende 2008 aus der SoKo abberufen worden.

In einem weiteren brisanten Punkt fanden die Abgeordneten bei der Befragung Sattlers keinen Hinweis für mangelnden Verfolgungseifer der Justiz. Die Betrugsermittlungen gegen Schottdorf und Berufskollegen waren 2008 von der Münchner an die Augsburger Staatsanwaltschaft abgegeben worden. Am ersten Tag seiner Zeugenvernehmung hatte Sattler einen Münchner Staatsanwalt und Kollegen aus dem Landeskriminalamt zitiert, dass die Augsburger Staatsanwälte das Verfahren "platt machen" und "töten" würden.

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Der Ausschussvorsitzende Alexander König (CSU) konfrontierte Sattler mit den Protokollen der Augsburger Staatsanwaltschaft aus dem Jahr 2008. Daraus geht hervor, dass die Augsburger Ermittler zwar die von Sattler und der SoKo ursprünglich verfolgte Stoßrichtung gegen mehrere tausend Ärzte für rechtlich riskant hielten. Doch ließen die Augsburger Staatsanwälte keinen Zweifel, dass sie den Laborunternehmer Schottdorf als Dreh- und Angelpunkt des vermuteten betrügerischen Abrechnungssystems verfolgen wollten: "Ziel ist, das Verfahren 2009 zur Anklage zu bringen", hielten die Ermittler schriftlich fest. Die Anklage kam dann tatsächlich, allerdings erst im Jahr 2012.

Aufhorchen ließ die Abgeordneten jedoch eine brisante E-Mail Sattlers. "Vielleicht lässt oder muss sich die Geschichte politisch lösen, wenn es denn so sein muss", schrieb Sattler damals einem Münchner Staatsanwalt. Der Polizist betonte zwar: "Eine politische Lösung, das ist nicht mein Ding." Doch manche Abgeordneten bezweifeln diese Darstellung.

Zum Abschluss der Zeugenvernehmung konfrontierte der Untersuchungsausschuss Sattler noch mit einer Mail, in der er 2009 anderen Ermittlern bei LKA und Staatsanwaltschaft Rechtsbeugung vorgeworfen und außerdem zwei Vorgesetzte beim LKA-Präsidenten Peter Dathe angeschwärzt hatte: Diese hätten über den Präsidenten gelästert. "Im Nachgang betrachtet würde ich sowas nie mehr schreiben. Ich bedauere das auch", sagte der konsternierte Polizist.

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