Kriegsverbrecherprozess: Verteidigung fordert Freispruch
MÜNCHEN - Er soll für ein Massaker an 14 italienischen Zivilisten im Juni 1944 verantwortlich sein - jetzt fordert die Verteidigung einen Freispruch für den 90-jährigen Josef Sch., der jahrzentelang unbehelligt in Ottobrunn lebte.
In einem der vermutlich letzten großen NS-Kriegsverbrecherprozesse hat der Verteidiger den Freispruch des angeklagten 90-jährigen früheren Wehrmachtsoffiziers gefordert. Das Massaker an 14 italienischen Zivilisten im Juni 1944 sei nach so langer Zeit nicht mehr aufzuklären, sagte Verteidiger Klaus Goebel am Freitag in seinem Plädoyer vor dem Münchner Landgericht.
Während viele Zeugen oder andere mutmaßliche Beteiligte schon verstorben oder nicht mehr verhandlungsfähig seien, müsse Josef Sch. „sozusagen als letzter Mohikaner“ vor Gericht, kritisierte Göbel.
Die Staatsanwaltschaft fordert lebenslange Haft
Die Staatsanwaltschaft fordert eine lebenslange Haftstrafe für den 90-Jährigen. Sie wirft dem Angeklagten Josef Sch. 14-fachen Mord und versuchten Mord in einem Fall vor.
Er soll als Kompanieführer des Gebirgspionierbataillons 818 im Juni 1944 in der Toskana die Ermordung von italienischen Zivilisten befohlen haben. Deutsche Soldaten sollen vier Menschen erschossen und zehn weitere Männer in einem Bauernhaus in Falzano di Cortona in die Luft gesprengt haben. Ein damals 15-Jähriger überlebte das Massaker. Mit der Ermordung der Zivilisten sollte der Anklage zufolge Rache für den Tod zweier Soldaten bei einem Partisanenüberfall genommen werden.
Der Angeklagte bestreitet die Tat
Die Anklage wirft Josef Sch. niedrige Beweggründe und Grausamkeit vor. Es sei ein ausreichendes Maß an Sicherheit für die Täterschaft des Mannes gegeben, hatte der Staatsanwalt unter Verweis auf Zeugenaussagen und Dokumente erklärt. Der angeklagte Rentner und frühere Leutnant aus dem bayerischen Ottobrunn hat in dem Prozess eine Beteiligung an dem Massaker im Zweiten Weltkrieg stets bestritten.
Der Rentner lebte jahrzehntelang unbehelligt in seinem oberbayerischen Heimatort. Er wurde wegen des Massakers bereits im September 2006 von einem Militärgericht im italienischen La Spezia in Abwesenheit zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt.
AP