Krieg lässt Weizenpreise explodieren: Droht der Semmel-Schock?
München - Man kann es nicht anders sagen: "Der Preisanstieg beim Getreide ist exorbitant", sagt Heinrich Traublinger, Landesinnungsmeister für das bayerische Bäckerhandwerk. Es ist eine nie erlebte Gemengelage: Pandemie trifft auf Krieg in der Kornkammer Europas.
Am ersten Tag des russischen Angriffs auf die Ukraine stieg der Preis für ein Scheffel Weizen auf das höchste Niveau seit 2012, der Bayerische Müllerbund kritisierte den Handel von Weizen an der Börse und die Geflügelwirtschaft forderte, die Verwendung von Getreide in der Kraftstoffproduktion zu stoppen (AZ berichtete).
Schon seit September waren die Preise für Weizen gestiegen, seit Kriegsbeginn sind sie nahezu explodiert. Wie lange wird es dauern, bis Preiserhöhungen auch bayerische Verbraucher erreichen?
Werden Backwaren bald teurer?
Bei der Innung könne man nicht sagen, ob und wann sich die Situation auf die Preise für Backwaren auswirken kann oder wird, sagt Heinrich Traublinger der AZ. "Hierfür ist jeder Kollege selbst verantwortlich.

Wir als Landesinnungsverband können unseren Kollegen nur empfehlen, dass sie ihre Kalkulation überprüfen und dann entsprechend reagieren." Auch sei offen, ob alle Gebäcke oder nur vereinzelte Backwaren betroffen sein könnten.
Der Krieg in der Ukraine ist Thomas Geppert zufolge auch nicht der einzige Preistreiber. Der Landesgeschäftsführer des Dehoga Bayern verweist darauf, dass es "massive Steigerungen in allen wesentlichen Bereichen" gegeben habe: Energiepreise gingen durch die Decke, der Mindestlohn wurde erhöht. Preisanpassungen seien unumgänglich, aber eine individuelle Entscheidung.
Die Frage sei, inwieweit Preiserhöhungen überhaupt an die Kunden in Bayern weitergegeben werden können, sagt Bernd Ohlmann, Pressesprecher des Handelsverbands Bayern (HBE). Der deutsche Markt sei sehr umkämpft, die Verbraucher an günstige Lebensmittelpreise gewöhnt.
Schon vor dem Krieg ist der Getreidepreis um ein Drittel gestiegen
Auch Ohlmann weist im Gespräch mit der AZ auf die schwierige Gesamtsituation hin. Der Getreidepreis sei schon 2021 um ein Drittel gestiegen. "Das hat nicht mit dem Ukraine-Krieg begonnen, der ist noch mal ein Katalysator."
Ursachen sind Ohlmann zufolge alle Aspekte der Corona-Pandemie wie Ausfall von Arbeitern, gefährdete Lieferketten, Ernteausfälle. Seit Kriegsbeginn hat sich der Preis pro Tonne Weizen zeitweise auf 420 Euro verdoppelt. Am Freitag sank er, lag aber gut 40 Prozent über den Werten von vor eine Monat.
Die Belastung durch den Krieg wird der Handel nach Ansicht des HBE-Sprechers durch Ankäufe in anderen Ländern auszugleichen versuchen. Doch diese hätten teilweise den Export verboten - wie Ungarn.
Eine Versorgungskrise ist ausgeschlossen
Wichtig ist ihm aber die Botschaft: "Es kommt nicht zu Engpässen oder einer Versorgungskrise" - auch wenn die Semmel vielleicht etwas mehr kosten werde und vielleicht nicht immer jede Brot- und Nudelsorte vorhanden sein werde. "Dass die Münchner um das letzte Brot oder die letzte Nudelpackung kämpfen, das wird garantiert nicht sein." Die Händler hätten bislang kein geändertes Kaufverhalten der Kunden bemerkt.
Hamsterkäufe, Versorgungskrisen, das ist Bernd Ohlmann wichtig zu sagen, gebe es nicht. Anders sei es in Ländern wie Ägypten. "Wenn da der Weizenpreis teurer wird, hat das ganz dramatische Auswirkungen, anders als bei uns in Deutschland."
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