Kreuz-Pflicht von Markus Söder: Kirchenausstatter noch ohne großes Geschäft

Der Ansturm auf die Kirchenausstatter in München ist bisher ausgeblieben und das trotz Söders Kreuzpflicht.
von  Ralph Hub
200 Kreuze zur Auswahl bei J.G.Schreibmayr in Sendling.
200 Kreuze zur Auswahl bei J.G.Schreibmayr in Sendling. © rah

München - Eigentlich müssten Bayerns Beamte vor den Ladentheken der Kirchenausstatter Schlange stehen und Onlinehändler Extraschichten schieben, um bestellte Kreuze auszuliefern. Doch tatsächlich herrscht Flaute – und das, obwohl seit letztem Freitag der Kreuzerlass von Ministerpräsident Markus Söder gilt.

"Im Eingangsbereich eines jeden Dienstgebäudes ist als Ausdruck der geschichtlichen und kulturellen Prägung Bayerns gut sichtbar ein Kreuz anzubringen“ – so jedenfalls steht es im Paragraf 28 der Geschäftsordnung für bayerische Behörden. Gültig ist der Erlass seit dem 1. Juni.

Markus Söder höchstpersönlich hängte bereits Ende April medienwirksam ein Kreuz im Eingangsbereich seiner Staatskanzlei auf. Die restlichen Ämter und Behörden des Freistaats sollten folgen. Doch nix ist’s bisher. Söders wahlkampfwirksamer Kreuzzug gerät gleich zu Beginn ins Stocken, wie es scheint. Fast sieht es so aus, als gingen Bayerns Staatsdiener nicht mit derselben Begeisterung an die Sache heran wie der Landesvater.

Im Polizeipräsidium ist man noch in der Planung

"Wir befinden uns noch in der Planungsphase“, heißt es beispielsweise im Münchner Polizeipräsidium. "Jede Inspektion soll ein Kreuz erhalten“, kündigt Sprecher Sven Müller an. Das wären dann etwa knapp 50 Kreuze. Im Landeskriminalamt hängt auch noch kein Kruzifix. "Wir warten auf Anweisung vom Innenministerium“, sagt Sprecher Carsten Neubert. Im Innenministerium hängt natürlich schon ein Kreuz – wäre ja auch zu peinlich, wenn selbst in den Ministerien der Staatsregierung in den letzten Wochen nix passiert wäre.

200 Kreuze zur Auswahl bei J.G.Schreibmayr in Sendling.
200 Kreuze zur Auswahl bei J.G.Schreibmayr in Sendling. © rah

Die Verwirrung in Bayerns Amtsstuben ist dagegen groß. Nur staatliche Behörden sollen ein Kreuz aufhängen, die städtischen in München beispielsweise halten sich raus. In welchen Gebäuden sollen Kreuze hängen und vor allem wo? Wie sollen sie aussehen? Was dürfen sie kosten? Wer muss eines aufhängen und wer kann sich eventuell drücken? Alles ungeklärte Fragen. Staatstheater, Opernhäuser oder Schlösser fallen nicht unter den Erlass – die staatliche Schlösser- und Seenverwaltung dagegen schon. Wie soll sich da ein gesetzestreuer Staatsdiener noch auskennen?

Die Behörden dürfen selber entscheiden, wie die Kreuze aussehen dürfen

Und bevor man Fehler macht, sagt mancher hinter vorgehaltener Hand, "warten wir erst einmal ab, was von Oben kommt“. Doch von da wird nichts kommen. "Wir machen dazu keine Vorschriften“, sagt Oliver Platzer, Sprecher des Innenministeriums. Die Behördenleiter könnten das selbst entscheiden, heißt es im Ministerium. Eigentlich hätten das auch schon längst geschehen sollen. Freitag letzter Woche war in Sachen Kreuz der Stichtag. "Das Kreuz lässt sich nicht von oben verordnen“, sagte bereits Kardinal Reinhard Marx, Erzbischof von München und Freising und Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz.

Münchens Kirchenausstatter merken noch keinen Boom

In Amtsstuben scheinen das manche auch so zu sehen. Bei den beiden größten Münchner Kirchenaustattern herrscht bisher jedenfalls Flaute. "Wir verkaufen nicht mehr Kreuze als früher“, sagt ein Mitarbeiter der Firma Schreibmayr. Das Sendlinger Unternehmen verkauft seit 200 Jahren alles, was Gläubige brauchen – von der Hostie bis zum Messgewand.

Das kleinste Kreuz (7 Zentimeter) kostet bei Schreibmayr 1,60 Euro. Eine handgeschnitzte Version, einen Meter groß aus Südtirol bis zu 1.000 Euro. Der große Ansturm ist bisher ausgeblieben. "Vielleicht kommt er ja noch“, hofft ein Verkäufer. 200 verschiedene Kreuze stehen zur Auswahl.

Der Kundenandrang bei Kirchenausstattern hält sich in Grenzen.
Der Kundenandrang bei Kirchenausstattern hält sich in Grenzen. © rah

Bei der Konkurrenz "Carl Ludwig“ am Ostfriedhof (seit 1905) läuft das Geschäft auch nicht besser. Einen "Söder-Effekt“ – "wäre schön, wenn’s den gäbe“, sagt Firmenchef Thomas Ludwig. Aber auch er hat die Hoffnung noch nicht aufgegeben. "Wir stehen in Kontakt mit der Staatskanzlei“, sagt Ludwig, "das sind sehr nette Gespräche, aber bisher noch ohne konkretes Ergebnis“.

Weil Staatsdiener auch immer angehalten sind, aufs Geld zu schauen, lockt mancher Händler sogar mit Mengenrabatt. Bei 50 Kreuzen fürs Münchner Polizeipräsidium wäre da bestimmt ein kleiner Nachlass drin. "Kirchenausstatter sind da keine Ausnahme“, sagt Thomas Ludwig, "das erwarten die Leute“.

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