Krebs: Gerd Bittl (74) ist an Heiligabend gestorben
Der Senior-Chef des großen Sporthauses im Westen der Stadt ist auf der Palliativ-Station der Barmherzigen Brüder in der Nacht auf Heiligabend gestorben
München - Wie Seeräuber Störtebeker war er ein Steher und sein männlich gutes Aussehen erinnerte an „Mr. Puskin“: Sporthaus-Senior Gerd Bittl wird der Münchner Szene fehlen, in der Nacht zum Heiligen Abend schlief der silberhaarige Gentleman in der Palliativ-Station der „Barmherzigen Brüder“ für immer ein.
Stunden vor seinem stillen Weg zu den Engeln besuchte ihn noch ein nach ihm benannter „Philosoph“, der ganz spezielle Freund und Berater Karl Heinz Kleppel, in dessen Gesprächs-Oase in der Tizianstraße in Gern Bittl meist den letzten Drink vor dem Nachhauseweg einnahm. Der gesellschaftliche Paradiesvogel wäre im kommenden September 75 Jahre alt geworden.
Der Unternehmer hinterlässt eine Ex-Ehefrau, eine Ehefrau, vier Söhne, eine Tochter sowie Lebensgefährtin Sina, deren Sohn Sydney er wie ein eigenes Kind liebte und großzügig förderte. Es wird bestimmt keine leichten Erbschaftsauseinandersetzungen geben.
Wegen eines geplanten Stiftungs-Vertrages kam es vor sieben Wochen im Familienkreis zu Diskussionen. Hintergrund ist ein Passus im Gesellschafter-Vertrag: Als Senior besaß er zwar 51 Prozent der Sportartikel-Firma, als sein Sohn Stephan die Geschäfte übernahm.
Alle wichtigen Entscheidungen aber waren nur „einstimmig“ durchführbar. Dieser Tatbestand führte zu einigen Reibereien zwischen Bittl senior und junior. Gerd Bittl soll die ganze Angelegenheit zuletzt derart mitgenommen haben, dass er ins Krankenhaus eingeliefert wurde.
Die Ärzte kamen nach einwöchiger Untersuchung überein, dass eine Niere entfernt werden müsse. Damit war Bittl aber nicht gerettet. Nach der Operation wurde er für einen Lungeneingriff in das Spezialkrankenhaus in Gauting gebracht, wo die Ärzte schließlich feststellten, dass er an Krebs leidet. Inoperabel.
Gerd Bittl, immer gekleidet wie aus dem Ei gepellt, war ein geschäftlicher Fuchs, dem es trotz großer Innenstadt-Konkurrenz gelang, mit seinen Sportgeschäften am Münchner Stadtrand „ein bittl besser“ zu sein. Er überholte die Eltern Karl und Ottilie Bittl, die 1949 mit einem Schuhgeschäft in Allach starteten und schuf mit mehreren Filialen sein Imperium. Er lernte bei Tretter, begann als Schuhverkäufer und ließ sich in Pirmasens als Schuhtechniker ausbilden.
Was er anfasste, vergoldete sich. So konnte er sich teuere Hobbies leisten wie Schlittenhund-Rennen in Alaska und Skandinavien sowie eine Sammlung Oldtimer, darunter den „BMW-Barockengel“ und ein seltener Ferrari. Gerd war Feinschmecker auf allen Gebieten und gern auf der Spur. Großzügig offerierte er Freunden und manchem Feind Drinks im „Augustiner Keller“, in der „Bratwurst“, oder im Biergarten am Viktualienmarkt.
Mit dabei meist seine sturmerprobten Spezln wie Gunter, das Tier, Solar-Spezialist Gustl Schuster, Porsche-Michi und der Philosoph.
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