Kraxeln als Therapie: "Man bezwingt das eigene Ich"
Ein ganz neuer Ansatz um Depressionen zu kurieren: Ein Kletterprojekt soll psychisch kranken Patienten helfen - und zeigt erste Erfolge.
Schizophrenie und Depression gehören zu den teuersten Erkrankungen Deutschlands. Pro Jahr werden Milliardenbeiträge für Krankenhausbehandlungen und Arbeitsunfähigkeitszeiten ausgegeben. Die Rückfallrate ist sehr hoch. Das „Programm für seelische Gesundheit“ will dagegen etwas tun – und bittet zum Kraxeln!
Seit kurzem gibt’s einen therapeutisch begleiteten Kletterkurs unter der Schirmherrschaft des Extremkletterers Alexander Huber. Der Profibergsteiger hatte selbst mit Angststörungen zu kämpfen, er weiß, was es bedeutet, psychisch zu erkranken.
„Es ist nicht der Berg, den man bezwingt, sondern das eigene Ich“, sagt er. Das sieht auch Patient Helmut so. Er gehört zu den ersten sechs Patienten, die an dem mehrtägigen Kletterprojekt in der DAV-Kletterhalle Thalkirchen teilgenommen haben. Helmut leidet unter Angstsymptomen. „Beim Klettern hat sich die Angst dann aber einfach versteckt“, sagt der 53-Jährige.
Die Angebote sind für Patienten beteiligter Krankenkassen kostenlos. Wer sich für das Programm interessiert, wendet sich am besten an seinen Psychiater oder Nervenarzt.
Seit drei Jahren bietet das Centrum für Desease Management der TU München deshalb kostenlose Freizeit-und Informationsangebote für Patienten an. Entspannungskurse, Nordic Walking, Kunsttherapie und Ernährungsberatungen stehen den Betroffenen zur Auswahl.
Eine Zwischenauswertung der ersten 450 Patienten, die zwei Jahre lang Teil des Programms waren, verzeichnete bereits erste Erfolge. Durch das Versorgungsprogramm wurden 50 Prozent der Behandlungskosten eingespart, die in Anspruch genommenen Krankenhaustage reduzierten sich in diesem Zeitraum um 70 Prozent.
Marlies Kralicek
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- Technische Universität München