Kraillinger Doppelmord: Frau will sofortige Scheidung

München - Sie besucht ihn nicht im Gefängnis, sie reagiert nicht auf Anrufe. Ursula S. will ihren Mann Thomas nie mehr wieder sehen. Jetzt hat sie die Scheidung eingereicht. Als Noch-Ehefrau ist sie davon überzeugt, dass der 50-Jährige seine beiden Nichten Chiara (†8) und Sharon (†11) ermordet hat.
Das Verhalten von Thomas S. „ist derart unvorstellbar unmenschlich, dass es der Antragstellerin nicht zumutbar ist, auch nur einen Tag länger als notwendig weiterhin mit ihm verheiratet zu sein“, steht im Scheidungsantrag, der beim Amtsgericht Weilheim eingegangen ist. Die beiden sind seit 1996 verheiratet und haben vier Kinder.
Unverblümt bezichtigt Ursula S. ihren Noch-Ehemann des Mordes. Der Anwalt hat es für sie so aufgesetzt: Der Noch-Ehemann „fuhr in der Nacht vom 23. auf den 24.3.2011 in die Wohnung der Schwester der Antragstellerin nach Krailling und ermordete dort eben deren beiden Kinder Chiara und Sharon“. Ursula S. will eine so genannte Härtefallscheidung ohne jegliche zeitliche Verzögerung. Dabei spielt es keine Rolle, dass Thomas S. noch nicht verurteilt ist. „Die Scheidung muss schnell gehen“, betont ihr Anwalt Manfred Wölke.
Das sonst bei Ehepaaren übliche Trennungsjahr soll entfallen. „Die Ehe könnte innerhalb von vier Wochen geschieden werden, sobald das Amtsgericht einen Termin festgelegt hat“, hofft Familienrechtler Wölke. Ursula S. hat beantragt, dass ihr Mann im Scheidungsprozess vor dem Amtsgericht Weilheim erscheint und zu den Vorwürfen Stellung bezieht. Doch das ist unwahrscheinlich. Die Kinder, drei Buben und ein Mädchen, bleiben nach der Scheidung bei ihrer Mutter.
Die Unterhaltsansprüche der Frau und ihrer Kinder sollen später geklärt werden. Viel haben sie nicht zu erwarten. Das Haus der Familie in Peißenberg ist belastet. Noch heuer soll es am Amtsgericht Weilheim versteigert werden. Ursula S. und ihre Kinder sind bei Freunden im Landkreis untergekommen. Das Haus in Peißenberg haben sie seit der Verhaftung des Familienvaters am 1. April nicht mehr betreten. Möglicherweise zieht die Mutter mit den Kindern ganz weg.
Ursula S. will jeglichen Kontakt zu ihrem Mann abbrechen. Ihre Handynummer hat sie bereits gewechselt. Seine Bitte, ihn in der JVA in Stadelheim zu besuchen, lehnt sie ab. Nicht einmal beim Mordprozess in einigen Monaten in München will sie ihn sehen. Es sei „völlig undenkbar, da hinzukommen“, sagte sie zu Karl Peter Lachniet, dem Verteidiger ihres Noch-Ehemannes.
Thomas S. sitzt seit fast sechs Wochen in Untersuchungshaft. Dass seine Frau die Scheidung beantragt hat, weiß der 50-Jährige Postbote allerdings noch gar nicht. „Das wird ein schwerer Schock für ihn“, vermutet Karl Peter Lachniet.