Krailling-Video: Das sagt die Staatsanwältin

Selbstherrlicher Auftritt des mutmaßlichen Krailling-Mörders vor Gericht: Die Staatsanwältin erklärt die Mordmerkmale und die Auffassung der Staatsanwaltschaft.  
von  dpa/az

Selbstherrlicher Auftritt des mutmaßlichen Krailling-Mörders vor Gericht: Die Staatsanwältin erklärt die Mordmerkmale und die Auffassung der Staatsanwaltschaft.

München - Ihm wird ein entsetzliches Verbrechen vorgeworfen: Auf grausame Weise soll Thomas S. in Krailling bei München seine beiden Nichten ermordet haben. Chiara (8) und Sharon (11) wehrten sich noch verzweifelt, doch sie hatten keine Chance. Am ersten Prozesstag in München gibt sich der 51 Jahre alte Angeklagte betont gelassen: Mal plaudert er am Dienstag entspannt mit einem Polizeibeamten, mal lächelt er, als der Sachverständige amüsante Begebenheiten aus dem Leben des Angeklagten erwähnt.

Nach den beiden Nichten wollte der 51-Jährige, so die Anklage, auch deren Mutter – die Schwester seiner Frau – töten, um so an ein Erbe zu kommen. Der Angeklagte hat selbst eine Familie mit vier Kindern. Seine Frau hat inzwischen die Scheidung eingereicht – er soll nach einem Hausbau hoch verschuldet und von Zwangsversteigerung des Eigenheims bedroht gewesen sein. Zu den Vorwürfen schweigt der 51-Jährige – nicht einmal zu seiner Person will er etwas sagen. Die Eltern der beiden ermordeten Mädchen sind Nebenkläger – sie kamen nicht zum Prozessauftakt, sondern lassen sich von ihren Anwälten vertreten.

Video: Das sagt die Staatsanwältin

 

 

Die Mutter, bei der die Kinder aufwuchsen, hat sich seit der schrecklichen Tat stets von der Öffentlichkeit ferngehalten. Sie hatte in der Tatnacht in der nur etwa 50 Meter entfernten Musikkneipe ihres Lebensgefährten geholfen. Mit ihm zusammen kehrte sie am frühen Morgen heim – und fand die Leichen ihrer Kinder. Es muss ein heftiger Kampf gewesen sein: Überall in der Wohnung fanden die Ermittler Blut: An Mänteln und Kinderjacken in der Garderobe, an Türen, an den Wänden, am Waschbecken, an den Kinderbetten, an herumliegender Kleidung und an einem verbogenen Küchenmesser, wie eine Polizeibeamtin anhand von Fotos den Richtern erläutert. Die Kinder haben sich laut Anklage verzweifelt gewehrt und zu fliehen versucht – doch vergebens, ihr Mörder war stärker.

Die junge Polizeibeamtin schildert die ersten Eindrücke vom Tatort: Die Mutter sei ihr schreiend entgegengekommen, die Hände vor dem Gesicht, blutig. Sie habe gerufen, ihre Kinder seien ermordet worden. Nach Darstellung der Staatsanwaltschaft schlich der Angeklagte in der Nacht zum 24. März 2011 in die unverschlossene Wohnung seiner Schwägerin in Krailling – unter anderem mit einer Hantelstange und einem fünf Meter langen Kunststoffseil bewaffnet. Nach einem heftigen Kampf habe er die beiden Mädchen mit einem Küchenmesser erstochen. Danach habe er auf die Mutter gewartet, um auch sie umzubringen.

„Um zu vermeiden, dass wegen des Ablebens seiner Schwägerin und seiner Nichten ein Verdacht auf ihn fällt, plante der Angeschuldigte, die Tötung seiner Nichten und seiner Schwägerin als "erweiterten Suizid" zu tarnen“, sagt Staatsanwalt Florian Gliwitzky. Als die Mutter aber nicht wie vom Angeklagten erwartet in der Nacht nach Hause kam, habe dieser von der Vollendung seines Plans abgelassen, die ihm nun zu riskant schien. Der Onkel war im Zuge der Ermittlungen routinemäßig als Zeuge vernommen worden und hatte freiwillig eine Speichelprobe abgegeben - ein Treffer: Seine DNA fand sich vielfach in der Wohnung, unter anderem an den Leichen der Kinder, an der Hantelstange, dem Messer und dem Seil.

In ersten Vernehmungen gab er an, nichts mit der Bluttat zu tun zu haben. Für seinen Anwalt Adam Ahmed ist die Anklage nicht schlüssig, das Motiv trägt für ihn nicht. „Für mich ist nach wie vor dieses Tatmotiv nicht nachvollziehbar“, sagte er vor Prozessbeginn. Der psychiatrische Sachverständige Henning Saß schilderte den 51-Jährigen als lebenstüchtigen Mann. Er habe zeitweise studiert, dann als Feinmechaniker gearbeitet, versucht, sich selbstständig zu machen und schließlich als Postzusteller gearbeitet.

Eine Krebserkrankung seiner Frau und eine Lebertransplantation bei einem seiner Söhne habe er nicht als übermäßige Belastung empfunden. Das habe zu seinem Leben gehört, zitierte Saß den Mann. Er habe sein Leben trotz der Schwierigkeiten als erfüllt empfunden. Auf die nach außen so gelassene Haltung des Angeklagten vor Gericht angesprochen, sagte Anwalt Ahmed lediglich, sein Mandant nehme die Vorwürfe sehr ernst.

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