Krailling: Das sagen die Großeltern der Opfer

Die Oma der getöteten Mädchen aus Krailling und ihr Lebensgefährte werden bei der Verhandlung in den Zeugenstand treten. Sie sind sich sicher, dass Thomas S. der Täter ist
Krailling - Der grausame Mord an den Kraillinger Schwestern Chiara (†8) und Sharon (†11) hat ganz Deutschland erschüttert. Ab heute wird Thomas S. (51), dem Onkel der Mädchen, der Prozess gemacht.
Er soll seine Nichten aus Habgier getötet haben. Bislang hat er keinerlei Angaben zu den Vorwürfen gemacht. Die Mutter von Chiara und Sharon muss laut Gericht nicht zur Verhandlung erscheinen, außer Anette S. (42) möchte es. Sie wird als Nebenklägerin von Annette von Stetten vertreten. Die Rechtsanwältin war auch im Fall Dominik Brunner mit der Nebenklage befasst.
Wer auf jeden Fall aussagen muss, ist die Oma der ermordeten Kinder. Doris S. (71) und ihr Lebensgefährte Klaus W. sind sich sicher, dass Thomas S. die Tat begangen hat. Ihr Schwiegersohn sei schon immer unangenehm aufgefallen, hat die Oma im Bekanntenkreis verlauten lassen.
Aber auch ihre Tochter Ursula (45), Schwester von Anette und Tante der getöteten Mädchen, kommt bei ihrer eigenen Mutter nicht gut weg. Die Töchter hätten sich schon als Kinder nicht immer wirklich gut verstanden, so Doris S. Ursula sei oft „schwierig“ gewesen.
Im Sommer 2011 hat die Frau von Postbote Thomas S. dem „Stern“ erzählt, sie glaube an die Schuld des Angeklagten. Anfangs hatte sie ausgesagt, ihr Mann sei in der Tatnacht bei ihr gewesen – was sie später revidierte. „Für mich gibt es keinen Zweifel, dass er es war“, sagte sie in dem Interview.
Doris S. ist wie ihr Lebensgefährte Klaus W. überzeugt, dass Ursula im Vorfeld der Tat nicht so unbeteiligt war, wie sie später glauben machen wollte. Schließlich habe sie irgendetwas von den enormen Schulden wissen müssen: Das damals zur Zwangsversteigerung ausstehende Haus in Peißenberg gehört nämlich ihr.
Die Schulden und die drohende Zwangsräumung gelten für die Anklage als Tat-Motiv. Thomas S. hatte sich mit seiner Schwägerin Anette um einen Erbteil der Familie gestritten.
Die Staatsanwaltschaft geht deshalb von folgender Motiv-Variante aus: Thomas S. wollte die Kinder töten, danach die Mutter – und es wie einen erweiterten Suizid aussehen lassen. Nur weil Anette S. in der Tatnacht deutlich später als üblich nach Hause kam, sei der Täter unruhig geworden und habe den Tatort verlassen, ohne auch die Mutter umzubringen. Er soll ihre Tötung – per Stromschlag mit einem Handmixer in der Badewanne – bereits vorbereitet haben. „Wir gehen davon aus, dass er erwartet hat, die Mutter im Laufe der Nacht noch anzutreffen“, sagte Oberstaatsanwältin Andrea Titz.
Ob der Angeklagte sich im Prozess äußern wird, ist offen. Sein Anwalt sagte im Vorfeld, in der Anklageschrift seien „Widersprüche vorhanden“, die er ansprechen werde.
Der Vater von Chiara und Sharon, Sven von G., möchte nicht in der Öffentlichkeit stehen. Auch er ist Nebenkläger im Prozess. Nach der Beerdigung seiner Töchter hat er sich eine Auszeit genommen, flüchtete vor der allgemeinen Aufmerksamkeit und Neugier nach Griechenland.
Oma Doris S. wird wohl nur einmal vor Gericht erscheinen müssen. Klaus W. hingegen wird wohl öfter aussagen. Denn er ist derjenige, der sich in den Erbschaftsstreitigkeiten und finanziellen Dingen der Familie vermeintlich am besten auskennt.
Bisher sind 13 Prozesstage bis zum 27. März angesetzt. Die Ankläger haben insgesamt 63 Zeugen und neun Sachverständige benannt. Ob sie alle geladen werden, entscheidet das Gericht. Die Verhandlung beginnt am Dienstag um 9.30 Uhr im Schwurgerichtssaal A 101 im Justizzentrum an der Nymphenburger Straße 16.