Krailling-Angeklagter und die Frau: Sex, Geld, Lügen

Die Großmutter trauert um ihre beiden ermordeten Enkel Chiara (8) und Sharon (11), hat mit ihrer Tochter gebrochen und erhebt gegen ihren Schwiegersohn schwere Vorwürfe.
Interview: Barbara Brießmann |
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Der 51-Jährige Angeklagte, Thomas S., im Gerichtssaal vor dem Landgericht München II.
dpa 2 Der 51-Jährige Angeklagte, Thomas S., im Gerichtssaal vor dem Landgericht München II.
Ursula S. (42): Die Tochter von Doris S. und Noch-Ehefrau des Angeklagten hat die Scheidung eingereicht.
RTL 2 Ursula S. (42): Die Tochter von Doris S. und Noch-Ehefrau des Angeklagten hat die Scheidung eingereicht.

Ihr langes weißes Haar hat sie zum Zopf geflochten. Doris S. ist eine gepflegte Frau, der man ihr Alter von 71 Jahren nicht ansieht. Sie trauert um ihre Enkel Chiara und Sharon. Die Mädchen ihrer Tochter Anette S. (42) wurden umgebracht. Wegen Mordes steht der Schwiegersohn von Doris S. vor Gericht. Im Gespräch mit der AZ spricht die Oma exklusiv über den Angeklagten und seine Familie.

AZ-Interview mit Doris S. Die 71-Jährige ehemalige Kosmetikerin ist die Mutter von Ursula S., die mit dem mutmaßlichen Mörder von Krailling verheiratet ist.

Ihre Tochter Ursula – dürfen wir sie eigentlich noch als Ihre Tochter bezeichnen?

DORIS S.: Nein.

Warum?

Ich habe mit dem Teil der Familie gebrochen.

Seit der Tat?

Nein, schon im Sommer 2009.

Was ist da vorgefallen?

Mein Enkel hatte Geburtstag und ich bin mit zwei Kuchen nach Peißenberg gefahren. Ursula, die Kinder und ich saßen am Esstisch. Bloß er (Thomas S., die Red.) hing wieder mal im Schlafzimmer am Computer rum. Ich meinte, ob er nicht einmal mit der ganzen Familie am Tisch sitzen könnte. Ursula ging zu ihm, kam kurz darauf zurück und hat mich rausgeworfen.

Wann haben Sie Ursula und Thomas zuletzt gemeinsam gesehen?

Das war im Januar 2011. Da haben sie einen Dielenschrank aus meiner Garage geholt.

Wie war das Verhältnis von Ursula und Thomas?

Da wusste jeder immer, was der andere tut. Sie waren über jeden Schritt und Tritt gegenseitig informiert.

 


 

Hatten die beiden gemeinsame Interessen?

Ja, Sex und Geld.

Waren Sie vor rund 15 Jahren bei der Hochzeit dabei?

Natürlich

Und wie war’s?

Ein Desaster!

Inwiefern?

Nach der Trauung saßen alle Gäste im Lokal, aber das Brautpaar kam nicht. Später war Grillen bei mir im Garten geplant, doch da kamen sie auch nicht. Erst um halb neun, nachdem alle anderen Eingeladenen gegangen waren, sind sie aufgetaucht. Da habe ich das restliche Essen gepackt und in den Müll gekippt. „Das habt ihr jetzt davon“, habe ich nur gesagt.

Hatten Sie schon immer ein schwieriges Verhältnis zu Ursula?

Sie hat schon immer gelogen, gestohlen und betrogen.

Sie gibt jetzt viele Interviews, stellt sich als unwissend dar.

Das ist sie bestimmt nicht.

Es heißt, ihr Auftreten passt nicht ganz zu ihren Aussagen.

Sie hat sich schon als Jugendliche immer sehr aufreizend angezogen.

Ein Schicksalsschlag war sicherlich die Brustkrebserkrankung Ihrer Tochter – wie ist ihr Ehemann Thomas S. damit umgegangen?

Nach der ersten OP schien alles in Ordnung, aber bald kamen an der Narbe neue Metastasen. Da musste Ursula die rechte Brust abgenommen werden. Thomas hat damals zu ihr gesagt: „Jetzt bist du keine richtige Frau mehr, jetzt hole ich mir Sex woanders.“

War er immer so roh?

Ja.

Gab es Brutalität?

Er hat Ursula mehrfach bedroht, dass er sie umbringt, wenn sie ihn verlässt. Ich glaube, er hat sie auch geschlagen.

 


 

Wie ging er mit den vier gemeinsamen Kindern um?

Den Großen hat er regelmäßig verdroschen. Dem anderen hat er auf der Außentreppe mal das Bein weggezogen, damit er runterfällt.

Und die kleine Tochter?

Sie hat sehr oft hysterisch geschrien. Geschlagen hat er sie wohl aber nicht.

Hatten die Kinder traumatische Erlebnisse?

Ja. Einmal, das weiß ich, hat er alle vier Kinder auf den Balkon ausgesperrt, und der hat ja kein Geländer, weil das Haus in Peißenberg nicht fertig ist.

Was ist dann passiert?

Die Kinder haben so geschrien, dass die Nachbarn die Polizei gerufen haben.

Warum bekam er denn nie eine Anzeige?

Das weiß ich nicht.

Was vermuten Sie?

Dass Thomas und Ursula gegenüber Polizei und Nachbarn das getan haben, was sie am besten können.

Und das wäre?

Lügen

 


 

Ein finanzielles Desaster

Ein Ermittler schildert die Geld-Probleme des mutmaßlichen Doppelmörders

MÜNCHEN - Das finanzielle Desaster des mutmaßlichen Kraillinger Mörders von Chiara († 8) und Sharon († 11) machte Ermittler Marco H. (45) jetzt vor dem Münchner Landgericht deutlich: „Der Angeklagte und seine Frau hatten 23 Kontoverbindungen. Sie hatten mehr Ausgaben als Einnahmen.“

Der Schuldenberg lag bei über 120.000 Euro. Eigentlich sei der Betrag, mit dem der Neubau des Angeklagten Thomas S. belastet war, überschaubar gewesen. Jedoch nicht für den Angeklagten. Mit einem Monatsgehalt von 2000 Euro als Postbote musste er vier Kinder ernähren. Immer wieder zahlte er keine Raten an die Banken. Dreimal stand die Zwangsversteigerung bevor.

Die Geldprobleme bekamen sie auch nicht in den Griff, als der Schwiegervater aus einem Immobilien- und Aktienverkauf 150.000 Euro überwies. Marco H.: „Das Geld war binnen eines Jahres weg. Darunter waren auch mehrere Barabhebungen.“ Mehrfach habe die Gerichtsvollzieherin vor der Haustür gestanden und vergeblich geklingelt. Der Angeklagte und seine Noch-Ehe-Frau haben den Offenbarungseid abgelegt.

Nach der Festnahme von Thomas S. fand die Polizei aus den Jahren 2010/2011 43 ungeöffnete Mahn-, Schuld- und Zwangsvollstreckungs-Bescheide. Die Familie hat ihre finanzielle Misere einfach ignoriert. Daher gehen die Ermittler davon aus, dass Thomas S. nicht nur die Kinder umbringen wollte. Auch die Mutter, sie ist seine Schwägerin, sollte sterben. Allerdings blieb sie in dieser Nacht lange in der Musik-Kneipe „Schabernack“, das nur einen Steinwurf von ihrer Wohnung entfernt liegt. Thomas S. soll sein Vorhaben dann aufgegeben haben.

Das Motiv: Habgier. Wenn die Schwägerin und deren Kinder tot sind, wäre seine Frau Alleinerbin. Die Noch-Ehefrau des Angeklagten und ihre Schwester stammen aus einer wohlhabenden Familie.

 

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