Krachende Gitarrenwände mit Zuckerguss

Scars on Broadway wollen partout nicht berühmt sein und kommen ins Backstage.
Eigentlich hat jede Band nur ein Ziel: berühmt zu werden. Doch bei Scars on Broadway verhält es sich anders. Sie freuen sich, wenn sie nicht erkannt werden. „Ich wurde kürzlich von einem Fan gefragt, was ich jetzt mache. Ich meinte nur, ich spiele bei Scars on Broadway. Er meinte: ’Kenne ich nicht, nie gehört’“, sagte Scars-Mastermind Daron Malakian, „cool, das war die Antwort die ich hören wollte“.
Paradox? Nein, aber eben anders. Denn Malakian will mit seinem Projekt ganz von vorne anfangen. Ohne die Bürde von System of a Down, der Band, deren Sound er entscheidend mitgeprägt hat und mit der er fünf Platin-Scheiben en suite aufnahm. Doch der Mann aus Los Angeles mit den armenischen Wurzeln wollte nicht System II machen. Malakian, der sich trotzdem System-Drummer John Dolmayan in die Band holte, hat bewusst die Platin-Pfade verlassen.
Stakkato-Schrammeleien mit fast kitschigen Melodien
Zwar baut er sein neues Klangprojekt auf dem gleichen Fundament aus beinharten Rhythmen und krachenden Gitarrenwänden auf. Rhythmen, die sich in irrsinnigen Dynamik- und Tempowechseln zuweilen selber ein Bein zu stellen scheinen, um dann aber aus der Schieflage heraus erst so richtig zuzutreten. Doch Scars setzen mit Darons etwas quäkiger Stimme eben nicht nur auf die Dampframme, sie haben die Welt des Pops für sich entdeckt und über die Metal-Basis gestülpt. Da werden Stakkato-Schrammeleien mit schon fast kitschigen Melodien überzogen. Eine Art Mischung aus Zahnarztbohrer und Süßigkeiten, die einem die Plomben aus der Kauleiste ziehen. Beste Beispiele für die musikalische Überzuckerung der Gehörgänge sind Songs wie „Insane“, „Enemy“ oder „Babylon“.
Heute treten die Scars im Backstage Werk auf und wenn sie so weiter machen, wird sich Malakian bald drüber freuen können, dass die Fans die Band doch kennen, dann wird er erneut im Rampenlicht stehen. Als Mr. Scar und nicht mehr als Herr Down.
Matthias Kerber
Scars on Broadway, Backstage Werk, Friedenheimer Brücke 7, Beginn 20 Uhr, Eintritt 24 Euro, Info Tel. 12661 00