Kongresshalle an der Ludwigsbrücke: Start in eine neue Zukunft
München - Die Kongresshalle war Wirkstätte von Nazis, nach dem Krieg spielten Amerikaner hier Basketball oder es wurde musiziert. Kinder setzen im Imax fasziniert ihre 3D-Brillen auf oder schauten staunend auf die große Kuppel des Planetariums.
Kongresshalle: Die Vergangenheit ist präsent
All das ist Vergangenheit, aber eine, die auch bei der Eröffnung des neuen Kapitels der Geschichte des Gebäudes an der Ludwigsbrücke präsent ist: Nämlich in Form von Bildern, die Wolfgang Heckl, Chef des Deutschen Museums am Samstag auf die Kuppelstruktur des ehemaligen Planetariums werfen lässt.
Whistleblowerin zu Besuch in München
Die Kongresshalle, die schon viele Namen hatte, darunter "Amazeum" und "Forum der Technik" wird nun "Forum der Zukunft" heißen. Besucher sollen hier die Technologie von morgen erleben können, aber auch über sie in den Dialog treten. Gleich am Eröffnungswochenende fand ganz in diesem Sinne auf der Museumsinsel das "Festival der Zukunft" statt, unter anderem mit der Whistleblowerin Chelsea Manning und dem Kryptologen David Chaum.

Schneller fertig als gedacht
Vor sechs Jahren hatte das Deutsche Museum bekanntgegeben, der Kongresshalle eine neue Mischnutzung angedeihen lassen zu wollen. Das gastronomische und das Kulturangebot war jedoch deutlich früher fertig. Seit 2017 ist der Blitz-Club, zu dem auch ein Biergarten gehört, auf der Museumsinsel zu finden. Eine Zwischennutzung, auf die man sich damals geeinigt hatte, die aber nun erst einmal erhalten bleibt, wie das Museum mitteilt.
Das "Forum der Zukunft" wird nun aber auch eine eigene Außenfläche haben, die für Veranstaltungen genutzt werden kann. Sie befindet sich in einem Innenhof des Deutschen Museums.
Neues Virtual-Reality-Labor
Ebenfalls im Erdgeschoss: das "Proxy", das neue Virtual-Reality-Labor mit 200 Quadratmetern. Dreimal in der Woche ist hier etwas los (dienstags 10-14 Uhr, donnerstags und freitags 13-17 Uhr), im August kann man sich noch kostenlos anschauen, was mit Virtual-Reality-Brillen alles möglich ist. Dieser Teil ist sozusagen die einzige Dauerausstellung im "Forum der Zukunft".

Workshops, Kunst und Raketen
Der Rest des Gebäudes soll für Veranstaltungen genutzt werden, zum Beispiel auch das 700 Quadratmeter große "Experience Center" im Erdgeschoss, in dem das Deutsche Museum Präsentationen, Workshops und (digitale) Kunstinstallationen plant. Am Eröffnungswochenende konnten Besucher hier schon einmal Roboter und Raketenmodelle ansehen, oder sich mithilfe des "Deep-Fake"-Spiegels in jemand anderen verwandeln.

Vom Planterium zum "Streaming Dome"
Im ersten Obergeschoss ist das ehemalige Planetarium zum "Streaming Dome" geworden, auch die Räumlichkeiten des ehemaligen Imax-Kinos gibt es noch. Die TU, die schon vor der Fertigstellung einige Räume genutzt hat, bleibt ebenfalls an der Ludwigsbrücke und forscht.

Die Geschichte der Kongresshalle
1928: Museumsgründer Oskar von Miller erdachte die Kongresshalle als Ergänzung des Hauptbaus. Hier sollten Tagungen stattfinden und eine Bibliothek untergebracht werden. Als 1928 der Grundstein gelegt wurde, war auch Reichspräsident Paul von Hindenburg zugegen, weniger als zehn Jahre später, 1935, wurde der Kongressbau eröffnet.
1943: Die Nazis ließen den Bibliotheksbau ab 1943 von der "Organisation Todt" nutzen, die für die bauliche Umsetzung von Schutz- und Rüstungsprojekten zuständig war. Das dürfte mit einer der Gründe gewesen sein, warum die Museumsinsel im Zweiten Weltkrieg bombardiert wurde. Ein Fünftel der Sammlung des Museums ging damals verloren. Die wertvollsten Sammlungen und 20.000 Bände der Bibliothek hatte man aber vorsorglich in Klöster und Schlösser ausgelagert.
1946: Die Kongresshalle bekam nach Ende des Krieges eine ganz andere Nutzung und stand als "Jubilee Hall" mehrere Jahre für amerikanisches Varieté und Sport zu Verfügung. Ab 1946 spielten die Münchner Philharmoniker dort. Das Publikum goutierte die Akustik jedoch nur mäßig. Eine Debatte, die München erhalten geblieben ist.
1985: Neben dem Klassik-Publikum war auch Pop an der Ludwigsbrücke zu Gast: Jimi Hendrix, Sammy Davis Jr. und The Who begeisterten ein etwas jüngeres und auch wilderes Publikum. 1985 wurde nur wenige Gehminuten weiter der Gasteig eröffnet. München hatte eine neue Akustik-Diskussion und die Kongresshalle keine Funktion als Konzerthalle mehr.
1989: 1989 wurde sie im Erbbaurecht an einen Privatinvestor verkauft und bekam nach einer Umgestaltung einen neuen Namen: „Forum der Technik“. 1992 wurde hier Deutschlands erstes Imax-Kino eröffnet. Gezeigt wurden Filme wie „New York – Eine Zeitreise“ oder „T-Rex“, den die Zuschauer dank blau-roter Pappbrillen in 3D genießen konnten. Was am Anfang gut funktionierte, weshalb auch in anderen Städten wie Speyer und Bochum Imax-Kinos hochgezogen wurden.
2005: In München sollte durch den Erfolg die Querfinanzierung des ebenfalls im Gebäude untergebrachten Planetariums gelingen. Dieses einzurichten war Teil des Vertrags zwischen Investor und dem Museum. Eine Rechnung, die aber nur wenige Jahre aufging. 2005 ging Imax insolvent, das Planetarium machte dicht. 2010 war es auch mit den drei Kinosäalen vorbei, die inzwischen als Forumkinos nicht nur 3D, sondern auch andere Filme zeigten.
2012: Das Deutsche Museum kaufte das Gebäude zurück, für drei Millionen Euro. Dann folgte Leerstand, der mit der Konzertsaal-Hängepartie zu erklären ist: Denn das Gebäude an der Ludwigsbrücke war lange als Spielort im Gespräch. Der damalige Wissenschaftsminister Wolfgang Heubisch (FDP) war ein großer Fürsprecher davon. 2012 kamen die Pläne wegen Widerstands aus dem Kuratorium des Deutschen Museums jedoch ins Stocken. Dann wurde der Konzertsaal ohnehin im Werksviertel geplant.
2016: 2016 verkündete das Deutsche Museum, den Kongresssaal umbauen zu wollen, 2017 zog der Blitz-Club plus Biergarten ein. Nun, 2022, ist auch der wissenschaftliche Teil des Gebäudes fertig.
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