Konfrontation der "Kleinen": Jeder gegen jeden vor der Landtagswahl in Bayern

Bayern befindet sich im ultimativen Wahlkampf-Endspurt. Bei "BR24 Wahl – Die Konfrontation" stiegen die Spitzenkandidaten der "kleinen Parteien" in den Ring. Hubert Aiwanger (Freie Wähler), Martin Böhm (AfD), Florian von Brunn (SPD) und Martin Hagen (FDP) kämpften um die Gunst der bayerischen Wähler. Es wurde konfrontativ.
von  Viktoria Hausmann
Schlagabtausch in Viererrunde: Hubert Aiwanger, Martin Böhm, Martin Hagen und Florian von Brunn (v. li.) kämpften im BR um möglicherweise entscheidende Wählerstimmen.
Schlagabtausch in Viererrunde: Hubert Aiwanger, Martin Böhm, Martin Hagen und Florian von Brunn (v. li.) kämpften im BR um möglicherweise entscheidende Wählerstimmen. © Screenshot: BR24 Wahlarena

München - Eigentlich kann man nicht von einem Duell sprechen, wenn vier gegeneinander antreten. Doch bei dieser TV-"Konfrontation" wurde für jedes Thema ein Duell zwischen zwei Kontrahenten ausgelost. So musste jeder gegen jeden ran. Recht gegen Links, Alt gegen Neu, Regierung gegen Opposition. Das Ziel ist ein gutes Wahlergebnis.

Das heißt für jede Partei etwas anderes: Die Freien Wähler wollen zweitstärkste Kraft bleiben. Die AfD will an den Freien Wählern vorbeiziehen. Die SPD möchte wenigstens zweistellig werden und die FDP würde gerne weiter im Landtag sitzen. Entsprechend arbeiteten sich die drei Oppositionellen Martin Hagen (FDP) Florian von Brunn (SPD) und Martin Böhm (AfD) am stellvertretenden bayerischen Ministerpräsidenten und Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) ab. Dabei gab es manchmal Einigkeit und manchmal harte Worte.

Martin Hagen (FDP) möchte ein Ende der Merkel-Politik

Am Anfang der Sendung wirkt es so, als hätten Martin Hagen (FDP) und Florian von Brunn (SPD) Kreide gegessen. Die beiden klangen bei Themen wie Migration erst eher konservativ. Florian von Brunn (SPD) wurde wegen Krankheit ins Studio zugeschaltet. Seine Stimme klang angeschlagen.
Nach einer kurzen Einstiegsrunde losen die Moderatoren Ursula Heller und Christian Nitsche das erste Duell zum Thema Migrationspolitik aus.

Es trifft FDP und SPD. Von Brunn bedauert, die viele ertrunkenen Flüchtlinge, aber ungebremste Migration ist auch nicht gut. Hagen möchte weg von der "Merkel-Politik der offenen Grenzen". Erwähnt illegale Armutsmigration. "Wir sind natürlich ein Magnet für solche Menschen." Von Brunn erwähnt "gesteuerte Flüchtlinge von Russland". Das müsse man unterbinden.

Florian von Brunn betont, dass die SPD gegen illegale Migration ist

Als die Runde geöffnet wird, reagiert Hubert Aiwanger (Freie Wähler) belustigt: "Mich freut, dass hier neue Töne kommen. Hätten wir vor ein paar Wochen gesagt, Russland steuert die illegale Migration, hätten alle gesagt, das sei eine Verschwörungstheorie", sagt er. AfD-Spitzenkandidat Martin Böhm wird zur Russlandnähe seiner Partei befragt und reagiert empört: "Ich verstehe nicht, wie jemand, der uns kennt, uns das vorhalten kann", sagt der rechtskonservative Hardliner: "Wir sind die Partei, die schon immer gegen illegale Migration ist."

Hier fühlt sich von Brunn zu einer Klarstellung verpflichtet. Seine Partei sei zwar gegen illegale Migration, aber "wir stehen zum Grundrecht auf Asyl."
FDP-Mann Martin Hagen will deutsche Bürger nicht überfordern: "Kein Asyl für Menschen, die kein verfassungsmäßiges Recht auf Asyl bei uns haben", sagt Hagen und nennt die AfD "die fünfte Kolonne Moskaus". "Der Limbo unter der fünf Prozent-Stange durch gelingt ihnen ganz gewiss", revanchiert sich Martin Böhm prompt.

Die FDP ist das größte Hindernis für Bayern", wütet Freie-Wähler-Chef Hubert Aiwanger

Er folgt das zweite Duell über die Wirtschaft: FDP vs. AfD. Hier ist Hagen gegen den von der AfD gewollten Dexit und kritisiert dann Aiwangers Haltung gegen Handelsabkommen. Nitsche erinnert ihn, dass er gerade nicht mit Aiwanger redet. Hagen verstummt. Böhm ergreift das Wort, kritisiert Abwanderung und hohe Energiekosten. "Dagegen haben Sie keine Lösungen", ruft Martin Hagen. Kurz reden beide gleichzeitig, wollen sich übertönen. Dann ist das zweite Duell vorbei.

Das Thema Wirtschaft nutzte Martin Hagen (FDP), um gegen die Freien Wähler und die AfD zu ledern.
Das Thema Wirtschaft nutzte Martin Hagen (FDP), um gegen die Freien Wähler und die AfD zu ledern. © Screenshot: BR24 Wahlarena

"Die FDP ist das größte Hindernis für Bayern", poltert Hubert Aiwanger, weil Christian Lindner die Unternehmenssteuern nicht senken würde.
Von Brunn kritisiert Aiwangers Blockade der Stromtrassen. Behauptet, dass sich die Chefs von BMW und Audi nicht mit ihm treffen wollen, weil er keine Ideen hätte.

"Das ist ihre Schuld", brüllt Aiwanger dazwischen. Wahrscheinlich meint er die Flugblattaffäre. Von Brunn fährt ungerührt fort. "Es reicht, wast g‘sagt host", schnappt Aiwanger verärgert und lobt seine Wirtschaftspolitik. Kein bayerischer Wirtschaftsminister hätte mehr für erneuerbare Mobilität getan als er.

Hubert Aiwanger (Freie Wähler) verwies auf seine Erfolge als bayerischer Wirtschaftsminister.
Hubert Aiwanger (Freie Wähler) verwies auf seine Erfolge als bayerischer Wirtschaftsminister. © Screenshot: BR24 Wahlarena

Dann darf Böhm über zurückgehende Auto-Exporte reden. Doch eine Lösung bietet der AfD-Mann nicht. Martin Hagen kritisiert die Verschärfung von Problemen wie dem Fachkräftemangel und wird prompt gefragt, warum die FDP nicht stark in den Umfragen ist, wenn so viel mehr Wirtschaftskompetenz als alle Parteien habe. Der FDP-Chef wird kleinlaut: "Weil wir nicht den Wirtschaftsminister stellen."

Martin Böhm (AfD) will für den Klimaschutz Bayerns Wirtschaft nicht runterfahren

Das dritte Duell über Klimapolitik zwischen SPD vs. AfD beginnt. Böhm kritisiert die Kilmaziele. Auf dem Land würden Menschen vom Verkehr abgeschnitten. Von Brunn ist entrüstet: "Ich kann doch nicht ernsthaft auf jemanden eingehen, der die Klimaerhitzung leugnet", sagt er matt. Er sei aber mit seinem Punkt über den Verkehr auf dem Land einverstanden.

Böhm poltert weiter: "Wir haben einen verschwindend kleinen Anteil an CO2. Dafür kann man nicht die Wirtschaft von Bayern und Deutschland runterfahren." Auch Martin Hagen (FDP) findet, dass Deutschland beim Klimaschutz kein "Klassenstreber" sein muss. Ob man ein Ziel eher erreicht, sei dem Klima egal. Hubert Aiwanger versucht es noch mal mit seinem Lieblingsthema Wasserstoff, wird aber von den Moderatoren abgewürgt. Florian von Brunn (SPD) verkündet, "Klimaschutz muss bezahlbar sein."

Beim Thema Bildung geht es zwischen den Kandidaten heiß her

Das vierte Duell steigt zum Thema Unterrichtsausfall. FDP vs. Freie Wähler Hagen kritisiert den Bildungsminister der Freien Wähler, Michael Piazolo. Aiwanger kritisiert, dass die FDP den Beamtenstatus bei Lehrern abschaffen will. Hagen widerspricht, das wolle die FDP nur, damit Schulen sich selbst besser verwalten könnten und Lehrer mehr verdienen. Damit ist das Duell auch schon vorbei.

AfD-Mann Böhm will den Lehrerberuf interessanter machen und Lehrkräfte aus anderen Bundesländern abwerben. Von Brunn will weniger Bürokratie, mehr Sozialpädagogen und IT an Schulen. Hagen will bessere frühkindliche Bildung, mehr Kitaplätze, Talentschulen in Brennpunkten. Dann streiten Aiwanger und von Brunn über Kitaplätze. Aiwanger möchte mehr frühkindliche Erziehung zu Hause. "Das ist ja 19. Jahrhundert", brüllt von Brunn dazwischen. Bayern solle besser werden.

Hubert Aiwanger beklagt die schlechte ÖPNV-Anbindung auf dem Land

Duell Nummer fünf behandelt die Verkehrspolitik: Freie Wähler vs. AfD. Aiwanger fängt an, redet von der schlechten Anbindung auf dem Land, Wasserstoff-Autos und Wasserstoff-Zügen. Böhm hört ruhig zu, erklärt, dass er auch auf dem Land aufgewachsen ist und lobt die sparsamen Emissionen des Diesels, die er ausweiten möchte. Das Duell endet im Einklang.

Hält den Diesel für emissionsarm: AfD-Politiker Martin Böhm.
Hält den Diesel für emissionsarm: AfD-Politiker Martin Böhm. © Screenshot: BR24 Wahlarena

Auch von Brunn (SPD) schlägt eher ähnliche Töne an. Man müsse das Auto behalten. Die besten Autos müssten nach wie vor aus Bayern kommen. Er fordert ein 29-Euro-Ticket. Moderatorin Ursula Heller fragt, warum die Ampel schon das 49-Euro-Ticket nicht übers Jahresende finanzieren kann.

Hier schaltet sich Hagen (FDP) ein. Das 49-Euro-Ticket würde nur Menschen nutzen, die eine ÖPNV-Anbindung hätten. Viele hätten aber keine. Böhm wird gefragt, ob auch Flüchtlinge Bus fahren sollten, wenn sie qualifiziert sind. Er findet, es gäbe "genug gute, gesunde, deutsche Männer" dafür und will, dass das Ansehen des Berufs wieder steigt.

Ansiedlung von Unternehmen: Martin Böhm kritisiert die "Ampelabrisstruppe"

Im letzten Duell wird die Frage "Wie schafft man es, dass in Bayern keine Region abgehängt wird?" an Freie Wähler und SPD gestellt. Aiwanger findet, dass Bayern bisher zu zentralistisch regiert wurde. Deswegen seien die Freien Wähler gewählt worden. Er will Städte und Gemeinden stärken. Auf dem Land mehr bauen.

Hier würde Berlin ihnen "in die Suppe spucken". "Das ist doch unsere Idee", ruft von Brunn und redet über gleichwertige Lebensverhältnisse und mehr Geld für Stadt und Land. "Das wird nicht reichen, mit der SPD", antwortet Aiwanger. Damit endet das Duell auch schon.

Florian von Brunn (SPD) war als einziger Kandidat nicht im TV-Studio, sondern per Videoschalte dabei.
Florian von Brunn (SPD) war als einziger Kandidat nicht im TV-Studio, sondern per Videoschalte dabei. © Screenshot: BR24 Wahlarena

Martin Böhm will mehr Firmen auf dem Land. Redet von der "Ampelabrisstruppe", die die Ansiedlung von Unternehmen erschwere. Hagen findet das Leben auf dem Land gut und möchte eine bessere digitale Infrastruktur für Menschen im Home-Office. Hier ist Aiwanger gefragt, der kritisiert die Privatisierung des Telefonnetzes.

"Die Sorgen der Bürger sind mir Befehl": Bei den Schlussstatements geben die Kandidaten noch einmal alles

Dann folgt der Punkt "Demokratie in Gefahr". Hier würde Aiwanger nicht mit der AfD regieren, findet aber, dass die Demokratie von der Ampel nicht gelebt würde. Diese würde gegen den Wählerwillen handeln und wäre deswegen zum Beispiel beim Thema Flüchtlinge zu langsam.

Als er seinen Widerstand gegen das Heizungsgesetz erwähnt, wird er vom FDP-Chef angebrüllt. Er selbst würde spalten und behaupten, die Demokratie funktioniere nicht. Dann ist die Sendezeit fast vorbei.

Bei den Schlussstatements sagt Martin Hagen (FDP), die Wahl werde spannend, weil man sich fragt, ob es noch eine liberale Stimme geben wird. Seine Partei stünde für Maß und Mitte und würde deshalb gebraucht.

Es folgt Florian von Brunn: "Ich beziehungsweise die SPD" würden für die Anliegen der Menschen antreten. Dann Martin Böhm: Die AfD sei die "bürgerlichste aller Parteien". Deshalb solle der Wähler die Brandmauer einreißen. Zum Schluss spricht Aiwanger von der Spaltung der Gesellschaft und den Problemen der "normalen Bevölkerung". "Die Sorgen der Bürger sind mir Befehl."

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