Kommt die Fahrbahnheizung für die Landshuter Allee?

MÜNCHEN - Die Belastung mit den gefährlichen Partikeln ist immer noch zu hoch: Der Umweltausschuss der Stadt München entscheidet am Dienstag über eine Fahrbahn-Heizung für die Landshuter Allee und Moos für die Mittelstreifen.
Der Countdown läuft: Ab Oktober 2012 dürfen nur noch Autos mit grüner Plakette in die Umweltzone innerhalb des Mittleren Rings fahren. Für 100000 in München zugelassene Autos – etwa jeden sechsten Pkw und Lkw – bedeutet das: Fahrverbot in der City. Bereits ab 1. Oktober 2010 ist die Hälfte davon (45000 Autos) aus der Innenstadt verbannt. Der Stadtrat stemmt sich trotzdem weiter gegen die Feinstaub-Belastung – am Dienstag diskutiert der Umweltausschuss weitere Maßnahmen gegen die gesundheitsgefährdenden Partikel. Auf der Tagesordnung stehen Vorschläge wie eine Fahrbahn-Heizung für die Landshuter Allee, die Bepflanzung der Mittelstreifen mit Moos, die Verlegung von Bushaltestellen und die millionenteure Nachrüstung von Kehrmaschinen. Außerdem diskutieren die Politiker, ob nicht vielleicht doch das Wetter und nicht die Autos schuld an der Feinstaub-Misere sind.
Auslöser der Vorschlags-Flut ist der Stadtrat. Der hat vor einem halben Jahr die Verwaltung einstimmig beauftragt, „zusätzlich kurzfristig wirkende Maßnahmen“ zu erarbeiten. Auf fast 70 Seiten haben das Umwelt-, Planungs- Bau- und Kreisverwaltungsreferat diese zusammengetragen – die skurrilsten Ideen:
Fahrbahn-Heizung für die Landshuter Allee:
Das Landesamt für Umwelt hat die Salz-Streuung des Mittleren Rings als mögliche Feinstaub-Quelle ausgemacht. Das Baureferat bezweifelt das, hat aber trotzdem als Alternative zum Streuen den Einbau einer Fahrbahnheizung geprüft. Diese sei aus skandinavischen Ländern bekannt, in Island werden heiße Quellen dazu benutzt. Die städtischen Experten wenden ein, dass die Verlegung der Heizungsrohre „äußerst kompliziert“, die Betriebskosten „sehr hoch“, eine Umsetzung „wirtschaftlich fraglich“ und „nicht sinnvoll“ sei. Hierzu könnten die Kommunalpolitiker aber noch eine Machbarkeitsstudie in Auftrag geben.
Kehr-Paket gegen Feinstaub:
Das hat die Stadt bereits probiert – zwei Wochen lang wurde die Landshuter Allee vor dem Berufsverkehr nass gewischt und gekehrt. Ergebnis: null. Trotzdem wird Umweltreferent Joachim Lorenz morgen „eine verstärkte Nassreinigung bei längeren Wärmeperioden“ vorschlagen, um diese Maßnahme mit dem Landesamt für Umwelt „zu evaluieren“. Seine Experten hatten eingewandt, dass „bei einem erneuten Versuch eine aufwändige messtechnische Begleitung mit differenzierten Analysen erforderlich“ sei. FDP-Fraktionschef Michael Mattar hatte zudem vorgeschlagen, alle Kehrmaschinen mit Feinstaub-Filtern auszurüsten. Das kostet etwa 1,5 Millionen Euro. Ein künftiger Einsatz wird trotzdem nicht ausgeschlossen.
Ohne Bus kein Ruß:
Der Ausschuss berät allen Ernstes die Verlegung des 53-er Bushaltestelle Schlörstraße. Diese liegt genau neben der Messstation. Eine Überprüfung ergab erstaunlicherweise, dass die Busse „in der Regel nicht länger als 15 bis 20 Sekunden halten. Um eben Fahrgäste ein- und aussteigen zu lassen.“ Eine Verlegung sei nicht sinnvoll, so die Beschlussvorlage.
Mit Moos gegen Staub:
Thomas Hummel (Bayernpartei) bat zu prüfen, ob die Verlegung von Moosmatten wie im Mittelstreifen der A562 in Bonn, den Feinstaub binden kann. Die Bewertung der Experten: Mit Moos wird man die Partikel nicht los – dem Antrag sei „aufgrund dieser grundsätzlichen Bewertungen“ nicht stattzugeben.
Verkehrte Wetter-Welt:
Der Einfluss des Straßenverkehrs auf die Feinstaub-Belastung ist unbestritten, aber auch unbewiesen. Seit der Einführung der Umweltzone geht die Belastung zwar zurück. Das zeigt eine Studie des Helmholtz-Zentrums. Allerdings hat die, wie das Referat auf SPD-Anfrage erklärt, „den Einfluss witterungsbedingter Schwankungen nicht herausgerechnet“. Auf Antrag der CSU räumen die Experten gar ein, dass 2008 von insgesamt 61 Überschreitungen fünf durch Sahara-Staub verursacht wurden.
G. Thanscheidt