Kommt die dritte Startbahn trotzdem?
Trotz des Münchner Neins zum Ausbau herrscht Misstrauen, ob die Entscheidung dauerhaft gilt - zumal Minister Zeil seine Pläne weiter verfolgt. Das sind die möglichen Szenarien
MÜNCHEN - „Glücklich, aber auch etwas erschöpft.“ So beschrieb Grünen-Chef Dieter Janecek sein Innenleben am Tag nach dem Startbahn-Entscheid. Das Ergebnis sei „sowas von eindeutig“. Da gebe es keinen Interpretations-Spielraum. Auch für Co-Chefin Theresa Schopper steht fest: „Es wird keinen Bau der dritten Startbahn geben.“
So ganz sicher sind sich da nicht alle. Die Bürger fragen sich: Finden die Befürworter noch ein Schlupfloch? Dass Wirtschaftsminister Martin Zeil ankündigte, „ohne Wenn und Aber“ am Bau festzuhalten, nährt das Misstrauen. Die AZ macht den Tricksereien-Test. Wo könnten die Befürworter ansetzen, um ihr Projekt durchzudrücken? Und mit welchem Erfolg?
Verkauf des städtischen Flughafen-Anteils:
Die Landeshauptstadt München ist mit aktuell 23 Prozent die kleinste Gesellschafterin des Flughafens. Der Freistaat hält 51, der Bund 26 Prozent. Alle drei Eigentümer müssen über das Ausbauprojekt einstimmig votieren. So will es der Gesellschaftervertrag (§ 12). Genau da setzte der Bürgerentscheid an. Denn jetzt muss München seinen Segen verweigern. Doch was, wenn sich die Stadt von ihrem Anteil trennen würde?
Diese Idee war jüngst aus der Staatskanzlei zu vernehmen. Dann hätten die anderen Eigentümer nämlich wieder freie Bahn. Vor mehr als zehn Jahren war so ein Verkauf tatsächlich mal der Plan. Jetzt aber sagt OB Ude: „Der Vorschlag aus der Staatskanzlei, den Bürgerwillen durch Veräußerung der städtischen Flughafenanteile zu umgehen, sollte schnell zurückgezogen werden.“
Volksentscheid:
Ist es eine Option, dass die Bürger nochmal über die Startbahn abstimmen – und zwar bayernweit? Experten sind da äußerst skeptisch. So erklärt Verfassungsrichter Klaus Hahnzog der AZ: „Ein Hinderungsgrund ist die restriktive Rechtsprechung des bayerischen Verfassungsgerichts- hofs.“ Der hatte auch das Votum über den Transrapid für unzulässig erklärt – weil laut Verfassung über den Staatshaushalt keine Volksbegehren stattfinden dürfen.
Zum anderen, so meint Hahnzog, könne so ein Volksentscheid der eigenständigen Flughafen München GmbH nichts vorschreiben. Höchstens dem Freistaat als Mehrheitsgesellschafter. Was nichts an der Lage ändert: Denn die Staatsregierung ist ja schon jetzt für den Ausbau. Ganz unabhängig von rechtlichen Zweifeln an der Zulässigkeit eines Volksentscheids gilt: Dass die Befürworter in Franken oder Niederbayern auf größeres Engagement für den Airport-Ausbau stoßen, ist unwahrscheinlich.
Landtagswahl:
Ministerpräsident Seehofer hat vor dem Entscheid gesagt, er wolle die Landtagswahl 2013 zur Abstimmung über das Projekt machen. Eine Ankündigung, die OB Ude „unerforschlich“ nennt. Er sagt: „Kein wie auch immer gearteter Wahlausgang auf Landesebene kann eine Entscheidung der Münchner, wie mit dem Münchner Flughafenanteil zu verfahren ist, außer Kraft setzen.“
Bindungsfrist:
Das offizielle Verfallsdatum eines Bürgerentscheids liegt bei einem Jahr. Das war allerdings auch beim Hochhaus-Entscheid so. Und da wurden nach Ablauf dieser Zeit auch keine Wolkenkratzer gebaut. Ude hat schon betont: Es könne nicht den geringsten n Zweifel an der „viel weitergehenden moralischen Bindung durch einen Bürgerentscheid“ geben.
Kommunalwahl:
Udes OB-Amtszeit endet 2014. Sein Kronprinz Dieter Reiter verspricht: „Auch mit mir als OB wird wird es keine dritte Startbahn geben!" Was aber passiert, wenn die CSU das Rathaus erobert? Bislang beteuert CSU-Chef Ludwig Spaenle: „Die Münchner Bürgerschaft – also der Souverän – hat entschieden. Und das ist klar zu respektieren.“