„Komm her, du Drecksau!“

Der getötete Manager hat auf dem Bahnsteig von Solln noch einmal den Notruf angerufen– jetzt wurde im Prozess gegen seine mutmaßlichen Mörder am Dienstag der Mitschnitt abgespielt. Das Anrufprotokoll.
von  Abendzeitung
Der Grabstein von Dominik Brunner.
Der Grabstein von Dominik Brunner. © dpa

MÜNCHEN - Der getötete Manager hat auf dem Bahnsteig von Solln noch einmal den Notruf angerufen– jetzt wurde im Prozess gegen seine mutmaßlichen Mörder am Dienstag der Mitschnitt abgespielt. Das Anrufprotokoll.

Nur Brunners Stimme durchschneidet die Stille im Sitzungssaal 101 im Justizzentrum an der Nymphenburger Straße. Eine Stimme, die vom Band kommt. Laut wird der Manager, er herrscht die beiden Burschen auf dem Bahnsteig in Solln an: „Oan erwischt’s gleich“, schreit der 50-Jährige.

41 Sekunden später ist aus dem Schreien ein Flüstern geworden: „I nimm oan mit“ sagt Dominik Brunner noch einmal leise. Seine letzten Worte – aufgezeichnet von der Notrufzentrale, die er zuvor alarmiert hatte. Das Tonband wurde gestern im Gerichtssaal vorgespielt. Danach verliest die LKA-Expertin Rafaela Lauf, die das Stimmengewirr auf dem Originalband analysiert hat, eine Abschrift.

Brunner hatte sein Handy am 12. September 2009 offenbar in seine Hosentasche gesteckt, nachdem er zuvor bereits in der S-Bahn einmal den Notruf gewählt hatte: Um 16.05 Uhr hatte er der Polizei mitgeteilt, dass zwei Jugendliche Kinder ausrauben wollten. „Ich steig mit denen aus, ich nehm die mit, die jungen Leut’“ hatte Brunner dem Beamten am Telefon mitgeteilt. Dann hat er wohl - versehentlich oder absichtlich – die Wahlwiederholung gedrückt, so dass die Notrufzentrale das fürchterliche Geschehen auf dem Bahnsteig mitverfolgen konnte.

Die AZ dokumentiert den Wortlaut des Notrufs:

„Hier ist der Polizeinotruf. Bitte legen sie nicht auf.“

Dann Stille.

Stoffgeräusche vom Handymikro. Brunner hat das Handy in der Tasche.

17 Sekunden: Hallo, Polizeinotruf.

20 Sekunden: Stimmen. Unverständlich

22 Sekunden: Freizeichen

23 Sekunden: Brunner: „Oan erwischt’s gleich"

25 Sekunden: Brunner: „I nimm oan mit, i nimm oan mit!“

Restlicher Text nicht verständlich.

27 Sekunden: Brunner: „I nimm oan mit"

29 Sekunden: Geräusche etc.

34 Sekunden: Täter: „Komm her, komm her, Du Drecksau“

41 Sekunden: Brunner: „I nimm oan mit, i nimm oan mit!

45 Sekunden: Täter: „Du Bastard, Mann. Du Bastard, Mann“

50 Sekunden: Täter: „Du Arschloch, du Bastard“

51 Sekunden: Ein Mann: „Lasst den Scheiß da drüben!“

54 Sekunden: Stimme: „Holt die Polizei!“

56 Sekunden: „Lasst den Mann“

57 Sekunden: Täter: „Bastard“

1 Minute 4 Sekunden: Täter: „Du Bastard“

1 Minute 7 Sekunden: Täter: „Ist mir scheißegal“

1 Minute 9 Sekunden: Täter: „Verpiss dich“

1 Minute 12 Sekunden: Brunner stöhnt nur noch

1 Minute 13 Sekunden: Täter: „Fuck, Mann“

1 Minute 16 Sekunden: Täter: „Du Motherfucker“

Ein Mann schreit: „Hört auf!"

1 Minute 20 Sekunden: „Aufhören!“ Täter: „Bastard, Mann"

1 Minute 22 Sekunden: Brunner stöhnt

1 Minute 24 Sekunden: Täter: „Du Motherfucker“

1 Minute 26 Sekunden: Frau aus Notrufzentrale: „Da ist eine Schlägerei. Ich höre alles mit"

1 Minute 27 Sekunden: Männerstimme: „Hört auf"

1 Minute 32 Sekunden: Frauenstimme: „Lieber Gott..."

1 Minute 33 Sekunden: Täter: „Motherfucker“

1 Minute 35 Sekunden: Mann: „Ne, ne. Bleibt mal schön hier"

1 Minute 37 Sekunden: Frau aus Notrufzentrale: „Die schlägern nur."

1 Minute 40 Sekunden: S-Bahn fährt ein. Man versteht nichts mehr

1 Minute 50 Sekunden: Frauenstimme: „Scheiße, scheiße"

1 Minute 53 Sekunden: Männerstimme: „Keine Ahnung. Holt einen Krankenwagen“

1 Minute 54 Sekunden: „Holt mal den Notarzt!“

1 Minute Sekunden: Mann: „Notarzt!“

2 Minute 2 Sekunden: Frau: „Ruft die Polizei!“

2 Minute 5 Sekunden :„Hallo, hier ist der Notruf. Bitte legen Sie nicht auf.“

Kurz danach treffen Sanitäter und Notarzt ein. Eine Zeugin, die Arzthelferin Jasmin A. stützte Brunners Schädel ab. „Als ich seinen Kopf hielt, wusste ich, er wird sterben.“

Bevor das Tonband abgespielt wurde, kam Brunners Ex-Freundin Petra P. zu Wort: „Er ist jemand gewesen, der sich eingemischt hat und versucht hat zu schlichten“, sagt sie. Er habe einmal einen Selbstverteidigungskurs und vor 15 Jahren ein Boxtraining gemacht, aber sie habe ihn nie in einer tätlichen Auseinandersetzung erlebt. „Er war nicht aufbrausend“, sagt sie.

Außer Heuschnupfen habe Brunner „keine gesundheitlichen Probleme gehabt“, sagte die Ärztin. „Er hat nie über Herzbeschwerden geklagt. Über so was hätten wir ganz sicher geredet.“

T. Huber

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