Koffer packen für die letzte Reise

Für eine Ausstellung sind hundert Menschen in sich gegangen und haben sich gefragt: Was ist mir wirklich wichtig im Leben – und hinterher?  
von  Jasmin Menrad

Für eine Ausstellung sind hundert Menschen in sich gegangen und haben sich gefragt: Was ist mir wirklich wichtig im Leben – und hinterher?

München - Der Koffer, den Eva D. für die Ausstellung gepackt hat, enthält die Fotografie eines lebensgroßen Engels, der auf dem alten Südfriedhof hier in München steht.

Ein halbes Jahr, nachdem die Art-Directorin ihren Koffer gepackt hatte, erhielt sie eine Krebsdiagnose. Wer in der Ausstellung ihren Koffer ansieht, der kann die 50-Jährige über den Audio-Guide ruhig erklären hören, was dieser Engel für sie bedeutet: „Er wirkt ernst, aber nicht traurig. Als ob er wüsste, wo’s langgeht.“

Er soll ihre Begleitung für die letzte Reise sein. Symbolisch. Denn mitnehmen kann man ja nichts. Nach der Krebsdiagnose, sagt Eva D., habe sie ihren Glauben und ihre Spiritualität verloren.

Heute zieht sie vor allem positive Erfahrungen aus der Erkrankung. Sie begann, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren: „Wenn man um’s Leben kämpft, muss man sich nicht mehr über eine leere Kaffeedose aufregen“, sagt D..

Diese Reduktion auf das, was wichtig ist, zieht sich als roter Faden durch die Ausstellung. 103 Männer und Frauen aller Altersklassen und aus allen sozialen Schichten haben sich für die Wanderausstellung die Frage gestellt: Was packe ich meinen Koffer? Sentimentales oder Praktisches? Erinnerungen oder Ausrüstungen? Es gehört Überwindung dazu, sich mit dem Gedanken an die eigene Endlichkeit vertraut zu machen. Fritz Roth, der die Ausstellung konzipiert hat, will genau das: „Ich wünsche mir, dass die Leute den Tod persönlich nehmen“.

In der ehemaligen Karmeliterkirche sind die Koffer zu sehen. Bei 13 davon gibt es nicht nur etwas zu sehen, sondern auch zu hören. Über einen Audio-Guide kann man den Kofferpackern lauschen. Sie erzählen, weshalb sie Dinge eingepackt haben, und sprechen über Erfahrungen mit dem Tod. Begleitend zu der Ausstellung finden jeden Abend Veranstaltungen statt, die sich mit dem Thema Tod und Endlichkeit auseinander setzen. Sofort beginnt der Besucher, sich selbst zu fragen: Was würde ich einpacken? Nichts? Auch das wird vielfältig dargestellt. Eine Frau wünscht sich eine Pause vom Menschsein und möchte als Katze wiedergeboren werden. Deshalb ist nur eine Maus in ihrem Koffer.

Viele denken auch irdisch: Zigaretten, denn im Jenseits kann man endlich gefahrlos rauchen. Bücher, solche die sich mit dem Tod auseinander setzen, oft die Bibel oder einfach ein Roman, etwa Douglas Adams: „Das Universum und der Rest“.

„Ein Koffer für die letzte Reise“ von Samstag, 15. Oktober bis zum 25. November. Täglich von 9 bis 18 Uhr, Karmeliterstraße 1.

 

 

 

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