Koffer packen für die letzte Reise

Für eine Ausstellung sind hundert Menschen in sich gegangen und haben sich gefragt: Was ist mir wirklich wichtig im Leben – und hinterher?  
Jasmin Menrad |
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Den Koffer für die letzte Reise packen: Zumindest in Gedanken können wir das tun. 100 Menschen haben für eine Ausstellung tatsächlich einen Koffer gefüllt, mit Erinnerungen, Wünschen und Träumen - Mit der AZ können Sie einen Blick in einige der Koffer werfen. Die Bilder zum Durchklicken.
AZ/Bernd Wackerbauer 11 Den Koffer für die letzte Reise packen: Zumindest in Gedanken können wir das tun. 100 Menschen haben für eine Ausstellung tatsächlich einen Koffer gefüllt, mit Erinnerungen, Wünschen und Träumen - Mit der AZ können Sie einen Blick in einige der Koffer werfen. Die Bilder zum Durchklicken.
So ist sie aufgebaut, die Ausstellung in der ehemaligen Karmeliterkirche. In Reih und Glied stehen Träume, Wünsche und Erinnerungen. Mit der AZ können Sie hier einen Blick in einige der Koffer werfen - Durchklicken!
Bernd Wackerbauer 11 So ist sie aufgebaut, die Ausstellung in der ehemaligen Karmeliterkirche. In Reih und Glied stehen Träume, Wünsche und Erinnerungen. Mit der AZ können Sie hier einen Blick in einige der Koffer werfen - Durchklicken!
EIN KLEINES PARADIES - Alexander Nix (50), Landschaftsarchitekt: In seinem Beruf, der für ihn zugleich Berufung ist, schafft er kleine Paradiese. Das Jenseits möchte er sich als Garten vorstellen. Er fragt sich: „Hast du genug für andere getan?“. Und: „Was kannst du hinterlassen?“ Die Äpfel haben für ihn einen großen Symbolgehalt, in den Kernen sieht er die menschliche Seele.
Bernd Wackerbauer 11 EIN KLEINES PARADIES - Alexander Nix (50), Landschaftsarchitekt: In seinem Beruf, der für ihn zugleich Berufung ist, schafft er kleine Paradiese. Das Jenseits möchte er sich als Garten vorstellen. Er fragt sich: „Hast du genug für andere getan?“. Und: „Was kannst du hinterlassen?“ Die Äpfel haben für ihn einen großen Symbolgehalt, in den Kernen sieht er die menschliche Seele.
FRÖHLICH STERBEN - Michael Berger (60), Galerist: Sein Mentor, der aus Südkorea stammende Künstler Nam June Paik, bringt den fernen Osten mit dem Abendland zusammen. Michael Berger möchte den Tod mit dem Humor zusammenbringen: „Meine Zukunft ist fröhlich sterben = Happy End. Bitte sagen Sie jetzt nichts, das letzte Hemd hat keine Taschen.“
Bernd Wackerbauer 11 FRÖHLICH STERBEN - Michael Berger (60), Galerist: Sein Mentor, der aus Südkorea stammende Künstler Nam June Paik, bringt den fernen Osten mit dem Abendland zusammen. Michael Berger möchte den Tod mit dem Humor zusammenbringen: „Meine Zukunft ist fröhlich sterben = Happy End. Bitte sagen Sie jetzt nichts, das letzte Hemd hat keine Taschen.“
NICHT ALLEINE GEHEN - Alten- und Pflegeheim St. Josef in Dernbach: Von der Bitte, für die Ausstellung einen Koffer zu packen, fühlten sich gleich mehrere Bewohner des Altenheims im Westerwald angesprochen – so dass sie gleich fünf Koffer gepackt haben. „Denn wenn ich etwas Liebes von hier mitnehmen kann ins unbekannte Land des Todes, dann bin ich dort nicht so allein“, schreibt einer der Kofferpacker.
Bernd Wackerbauer 11 NICHT ALLEINE GEHEN - Alten- und Pflegeheim St. Josef in Dernbach: Von der Bitte, für die Ausstellung einen Koffer zu packen, fühlten sich gleich mehrere Bewohner des Altenheims im Westerwald angesprochen – so dass sie gleich fünf Koffer gepackt haben. „Denn wenn ich etwas Liebes von hier mitnehmen kann ins unbekannte Land des Todes, dann bin ich dort nicht so allein“, schreibt einer der Kofferpacker.
EIN WEITERES RÄTSEL - Hermann Josef Baus (60), Fotograf: Bis an den Rand hat der Fotograf seinen Koffer mit Rätselheften gefüllt, diese sogar an den Deckel geklebt. Den Grund erklärt er in einem einfachen Satz: „Damit ich weiterrätseln kann.“ Ob er damit das schlichte Knobeln oder eine philosophische Dimension anspricht, ist unklar. Dieser Koffer bleibt – genau: ein Rätsel.
Bernd Wackerbauer 11 EIN WEITERES RÄTSEL - Hermann Josef Baus (60), Fotograf: Bis an den Rand hat der Fotograf seinen Koffer mit Rätselheften gefüllt, diese sogar an den Deckel geklebt. Den Grund erklärt er in einem einfachen Satz: „Damit ich weiterrätseln kann.“ Ob er damit das schlichte Knobeln oder eine philosophische Dimension anspricht, ist unklar. Dieser Koffer bleibt – genau: ein Rätsel.
EIN ZWISCHENSPIEL - Dr. Margret Causemann (67), Ethnologin: In den Koffer hat sie sich selbst gepackt – damals und heute. „Gedanken, Gefühle, Taten, Atome, die jemals meine Person durchkreuzten,“ finden sich demnach im Bild des Kindes. Lange hat Margret Causemann in Indien in einem Kloster gelebt und meditiert. Den Tod sieht sie nur als Zwischenspiel an. Das Leben hat Dauer.
Bernd Wackerbauer 11 EIN ZWISCHENSPIEL - Dr. Margret Causemann (67), Ethnologin: In den Koffer hat sie sich selbst gepackt – damals und heute. „Gedanken, Gefühle, Taten, Atome, die jemals meine Person durchkreuzten,“ finden sich demnach im Bild des Kindes. Lange hat Margret Causemann in Indien in einem Kloster gelebt und meditiert. Den Tod sieht sie nur als Zwischenspiel an. Das Leben hat Dauer.
DER MUTTER BEGEGNEN - Tanja Schäfer (31), Krankenpflegerin: Durch ihren Beruf setzt sie sich täglich mit Leben und Tod auseinander. Den Koffer hat sie für ihre Mutter gepackt, die vor langer Zeit auf eine eigene Reise gegangen ist. Mit diesem Koffer möchte Tanja Schäfer ihrer Mutter von ihren Wünschen und Träumen erzählen und Dinge zeigen, die ihr wichtig sind.
Bernd Wackerbauer 11 DER MUTTER BEGEGNEN - Tanja Schäfer (31), Krankenpflegerin: Durch ihren Beruf setzt sie sich täglich mit Leben und Tod auseinander. Den Koffer hat sie für ihre Mutter gepackt, die vor langer Zeit auf eine eigene Reise gegangen ist. Mit diesem Koffer möchte Tanja Schäfer ihrer Mutter von ihren Wünschen und Träumen erzählen und Dinge zeigen, die ihr wichtig sind.
EINE REISE OHNE GEPÄCK - Ferro Knopp (58), Künstler: In Ferro Knopps Koffer kann jeder hinein sehen – und auch hindurch sehen. Nur einen Satz schreibt der Künstler über seinen Koffer: „Ich reise immer ohne Gepäck.“ Da es im Volksmund heißt, man könne auf seine letzte Reise ohnehin nichts mitnehmen, setzt sich Knopp schon im Diesseits aktiv mit dem Jenseits auseinander.
Bernd Wackerbauer 11 EINE REISE OHNE GEPÄCK - Ferro Knopp (58), Künstler: In Ferro Knopps Koffer kann jeder hinein sehen – und auch hindurch sehen. Nur einen Satz schreibt der Künstler über seinen Koffer: „Ich reise immer ohne Gepäck.“ Da es im Volksmund heißt, man könne auf seine letzte Reise ohnehin nichts mitnehmen, setzt sich Knopp schon im Diesseits aktiv mit dem Jenseits auseinander.
HERZ, HIRN UND HÄNDE - Dorothea Heidorn (64), Hebamme: Über 9000 Menschenkinder hat diese Hebamme auf die Welt begleitet. Für ihren Beruf braucht sie Herz, Hirn und Hände. Die hat sie in ihren Koffer gepackt. Außerdem ein Gedicht, das ihr 17 Jahre jüngerer Mann für sie zum Geburtstag geschrieben hat. Das soll bei ihrer Beerdigung vorgelesen werden.
Bernd Wackerbauer 11 HERZ, HIRN UND HÄNDE - Dorothea Heidorn (64), Hebamme: Über 9000 Menschenkinder hat diese Hebamme auf die Welt begleitet. Für ihren Beruf braucht sie Herz, Hirn und Hände. Die hat sie in ihren Koffer gepackt. Außerdem ein Gedicht, das ihr 17 Jahre jüngerer Mann für sie zum Geburtstag geschrieben hat. Das soll bei ihrer Beerdigung vorgelesen werden.
Im Ausstellungsraum in der ehemaligen Karmeliterkirche finden täglich begleitende Veranstaltungen statt.
Bernd Wackerbauer 11 Im Ausstellungsraum in der ehemaligen Karmeliterkirche finden täglich begleitende Veranstaltungen statt.

Für eine Ausstellung sind hundert Menschen in sich gegangen und haben sich gefragt: Was ist mir wirklich wichtig im Leben – und hinterher?

München - Der Koffer, den Eva D. für die Ausstellung gepackt hat, enthält die Fotografie eines lebensgroßen Engels, der auf dem alten Südfriedhof hier in München steht.

Ein halbes Jahr, nachdem die Art-Directorin ihren Koffer gepackt hatte, erhielt sie eine Krebsdiagnose. Wer in der Ausstellung ihren Koffer ansieht, der kann die 50-Jährige über den Audio-Guide ruhig erklären hören, was dieser Engel für sie bedeutet: „Er wirkt ernst, aber nicht traurig. Als ob er wüsste, wo’s langgeht.“

Er soll ihre Begleitung für die letzte Reise sein. Symbolisch. Denn mitnehmen kann man ja nichts. Nach der Krebsdiagnose, sagt Eva D., habe sie ihren Glauben und ihre Spiritualität verloren.

Heute zieht sie vor allem positive Erfahrungen aus der Erkrankung. Sie begann, sich auf das Wesentliche zu konzentrieren: „Wenn man um’s Leben kämpft, muss man sich nicht mehr über eine leere Kaffeedose aufregen“, sagt D..

Diese Reduktion auf das, was wichtig ist, zieht sich als roter Faden durch die Ausstellung. 103 Männer und Frauen aller Altersklassen und aus allen sozialen Schichten haben sich für die Wanderausstellung die Frage gestellt: Was packe ich meinen Koffer? Sentimentales oder Praktisches? Erinnerungen oder Ausrüstungen? Es gehört Überwindung dazu, sich mit dem Gedanken an die eigene Endlichkeit vertraut zu machen. Fritz Roth, der die Ausstellung konzipiert hat, will genau das: „Ich wünsche mir, dass die Leute den Tod persönlich nehmen“.

In der ehemaligen Karmeliterkirche sind die Koffer zu sehen. Bei 13 davon gibt es nicht nur etwas zu sehen, sondern auch zu hören. Über einen Audio-Guide kann man den Kofferpackern lauschen. Sie erzählen, weshalb sie Dinge eingepackt haben, und sprechen über Erfahrungen mit dem Tod. Begleitend zu der Ausstellung finden jeden Abend Veranstaltungen statt, die sich mit dem Thema Tod und Endlichkeit auseinander setzen. Sofort beginnt der Besucher, sich selbst zu fragen: Was würde ich einpacken? Nichts? Auch das wird vielfältig dargestellt. Eine Frau wünscht sich eine Pause vom Menschsein und möchte als Katze wiedergeboren werden. Deshalb ist nur eine Maus in ihrem Koffer.

Viele denken auch irdisch: Zigaretten, denn im Jenseits kann man endlich gefahrlos rauchen. Bücher, solche die sich mit dem Tod auseinander setzen, oft die Bibel oder einfach ein Roman, etwa Douglas Adams: „Das Universum und der Rest“.

„Ein Koffer für die letzte Reise“ von Samstag, 15. Oktober bis zum 25. November. Täglich von 9 bis 18 Uhr, Karmeliterstraße 1.

 

 

 

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