Körperverletzungen, Drogengeschäfte, sexuelle Übergriffe: Wie einer der berühmt-berüchtigtsten Parks Münchens sicherer werden soll
München - Zwischen Gschleckt und Gschlampert ist es nicht weit in der Sophienstraße, die in einem Bogen um den Alten Botanischen Garten herumführt. Auf der Nordseite: schicke, weiße Stadtvillen mit gepflegten Dachterrassen neben dem Nobelhotel The Charles. 13 Schritte über die Straße: Abfälle, zerknüllte Taschentücher und Kondome im Gebüsch.
Dass das – und alles andere – im Park zu bleiben und nicht die Straße zu überqueren hat, kann man auf einem Schild nachlesen, das offenbar ein frustrierter Stadtvilleneigentümer meterhoch in seiner Einfahrt aufgestellt hat: "Unbefugten ist der Aufenthalt verboten", steht da. Und: Wildbieseln verboten, Müll wegwerfen, auf der Parkbank liegen, campieren, Heroin spritzen, Cannabis rauchen, Waffen tragen und Alkohol trinken verboten.

Drogengeschäfte, Körperverletzungen, sexuelle Übergriffe
Man kann's verstehen. Über Jahre hat sich der Alte Botanische Garten, eine grüne Lunge in der Maxvorstadt mit Liegewiesen, Parkbänken, Neptunbrunnen und Kinderspielplatz rund um den Park-Café-Biergarten zum Kriminalitätsbrennpunkt entwickelt. Etliche Drogengeschäfte werden zwischen den Büschen abgewickelt, letztes Jahr hat die Polizei ein Drittel mehr Körperverletzungen gezählt als 2022 und einen deutlichen Anstieg an sexuellen Übergriffen. Das Alkoholverbot, das seit 2017 am zehn Fußminuten entfernten Hauptbahnhof gilt, hat im Park nichts besser gemacht, die Trinkerszene wandert nun eben auch hier herüber.

Alter Botanischer Garten: "Ein totaler Schandfleck"
Nicht einmal an einem sonnigen Freitagmittag fühlen sich Spaziergänger hier so richtig wohl. Zwei Frauen, die auf einer Bank während ihrer Büromittagspause mitgebrachte Salate essen, können keine 20 Meter entfernt einer Gruppe von Jugendlichen und Erwachsenen beim Kiffen zuschauen. Obdachlose liegen auf Holzbänken. Auf dem Kiesweg entlang der Büsche zischt ein Dealer, flankiert von einer größeren Männergruppe, ziemlich unverblümt Passanten "Haschisch? Haschisch?" zu.
Und eine Frau, die ihren Dackel spazieren führt, schimpft, sie habe "in dem Eck dort hinten schon wieder Spritzen herumliegen" gesehen. "Ein totaler Schandfleck" sei das, obendrein gefährlich für ihren Hund. Nein, sagt eine der beiden Mittagspäuslerinnen, am Abend würde sie auf keinen Fall im Alten Botanischen Garten herumlaufen, "das ist mir echt zu kriminell hier". Auch tagsüber sitzen sie mittags nur direkt neben dem Biergarten, da fühle man sich wenigstens ein bisschen geschützt.

Bis spätestens Ende Juli werden drei Kameras installiert
Dass die Polizei den Park nun doch per Videokameras überwachen will, hat sich längst im Park herumgesprochen. Am Spielplatz wissen es Erwachsene und nicken erleichtert. Jugendliche im Park haben davon gehört, zucken aber nur mit den Schultern. Aus der Dackelbesitzerin bricht es fast ein wenig wütend heraus: "Ja endlich! Das hätten sie längst schon machen sollen." Bis spätestens Ende Juni, erklärt die Polizei auf AZ-Nachfrage, werden insgesamt drei Kameras an der Fassade des Justizpalastes entlang der Elisenstraße montiert – mit Blick vor allem auf den Neptunbrunnen, wo offenbar besonders oft Drogengeschäfte abgewickelt werden. Die Aufnahmen werden aufgezeichnet, Zugang hat sowohl die Leitstelle als auch die zuständige Polizeiinspektion.

Drei Mal seit Januar kam die Polizei ins Park Café
Geht es nach Christian Lehner, dem Wirt im Park Café, kann es gar nicht schnell genug gehen, bis die Überwachung endlich da ist. "Ich würde ja zehn Kameras hinhängen", sagt er, "der Park ist viel zu schön, um so zu verkommen." Drei Mal habe er seit Januar die Polizei rufen müssen, weil nachts "irgendwelche Deppen" im Biergarten Schilder zerdeppert, Lampen heruntergerissen und Scheinwerfer eingetreten hätten, "das wird anders werden mit einer Kamera".

"Vielleicht versprechen wir uns zu viel davon"
Aber löst sich die unerwünschte Szene damit in Luft auf? Die Frage liegt Svenja Jarchow-Pongratz im Magen, der Chefin des Bezirksausschusses Maxvorstadt (Grüne). Denn ihr Gremium ist nicht nur für den Alten Botanischen Garten zuständig, sondern auch für den Rest des Viertels. "Ich bin zwiegespalten, was die Wirkung der Kameras anbelangt", sagt sie, "vielleicht versprechen wir uns zu viel davon."
Weil zum einen nur Ausschnitte des Parks überwacht sind, "aus denen man heraustreten" könne, wenn man dealen oder Leute überfallen wolle. Weil zweitens nicht rund um die Uhr jemand in die Kameras schaut. Aber vor allem, weil die Szene wohl weiter wandern werde. "Am Ende haben wir die dann alle am Königsplatz." Dann liegt die Sophienstraße nicht mehr am Rand. Sondern mittendrin.
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