„Kochen auf sehr hohem Niveau“
MÜNCHEN - Die Jury kürt beim Kochfinale nur einen Sieger und vergibt drei zweite Plätze - die Urteile schwanken zwischen „leicht und lecker“ sowie „tolles Ergebnis.
Als erste Finalistin war Karen Kaboth fertig. Mit leuchtend roten Wangen richtete sie der Jury ihre Kreation an: „Gefüllte Perlhuhnbrust im Schinkenmantel mit Balsamicosauce, Wirsing und Maronen-Püree.“ Ein paar Saucenkleckse wischte die 38-jährige Hobbyköchin noch schnell vom Tellerrand, und dann ging's Richtung Jury-Tisch.
Dort saßen bereits die vier Spitzenköche Inge Stollberg, Giovanni Russo, Werner Licht und Holm Schwarzer, AZ-Chefredakteur Arno Makowsky, AZ Autorin Annette Baronikians sowie die Segmüller-Chefs Reinhold Gütebier und Wolfgang Rauscher mit reichlich Appetit.
Schließlich war in der Show- Küche zuvor über zwei Stunden engagiert gebrutzelt worden: Es roch köstlich nach allerlei Aromen. Zwei-Sterne-Koch Christian Jürgens, der noch vor dem Essen seinen Flieger nach Köln erreichen musste, hatte den Kandidaten lange zugeschaut – und war beeindruckt. Die Erwartungen waren hoch.
„Optisch schon mal ansprechend“, lautete das erste Urteil von Werner Licht. Nach eingehendem Probieren fügte er dann hinzu: „In Frau Kaboths Gericht steckt viel Aufwand und Mühe, doch leider ist meine Perlhuhnbrust etwas zu wenig gegart.“ Nicken in der Runde. Einige hätten sich auch den Schinkenmantel ein wenig dünner gewünscht. „Alles in allem aber eine gute Gesamtkomposition“, befand Holm Schwarzer, und wieder wurde zustimmend genickt. Finalistin Karen Kaboth stand lächelnd einige Meter vom Jury-Tisch entfernt und hoffte.
Als nächster war Rainer Schneider an der Reihe, der mit einem Dessert ins Finale gewählt wurde – mit „Topfen-Nockerl auf Glühweinschaum“. Jedes Jury-Mitglied bekam einen hübsch angerichteten Teller vorgesetzt. Werner Licht las vor, was Kollege Christian Jürgens zu diesem Wettbewerbs- Beitrag notiert hatte: „Großes Lob. Nockerl hervorragend gemacht. Anstelle des Schaums hätte ich aber zum Beispiel einen gelierten Glühwein besser gefunden.“
Arno Makowsky sah man die Begeisterung an: „Dieses Dessert schmeckt mit dem Glühwein so richtig nach Weihnachten. Und weihnachtliche Rezepte haben wir ja gesucht.“ Nicht nur sein Teller war leer. „Das ist so leicht und lecker. Da würde man glatt noch eine Portion wollen“, so Reinhold Gütebier.
Wie das erste Gericht, so war auch das Dritte wieder aufwändiger: Susanne Lößls „Hirschfiletmedaillons mit Macadamia- Kruste auf Rosenkohlblättern mit Sellerie-Püree“. Schweigen am Jury-Tisch. Alle probierten und probierten. „Irgendwie perfekt", sagte schließlich Spitzenkoch Werner Licht lachend. „Stimmt! Das Fleisch ist zartrosa, der Rosenkohl schön knackig. Frau Lößl war sehr nervös, doch das Ergebnis ist toll“, urteilte Giovanni Russo. Und Holm Schwarzer? Der schwieg. „Ich schweige und genieße“, sagte er: „Ein schönes saisonales Gericht. Die Nuss-Kruste hätte mehr Salz vertragen, aber das ist Geschmackssache."
Längst war der Jury klar, dass die Entscheidung am Schluss nicht leicht werden würde. „Platz vier können wir eigentlich gar nicht vergeben, weil alle Finalisten besser sind“, so Inge Stollberg. Erste Überlegungen wurden laut, Platz vier womöglich gar nicht zu vergeben.
Als letzte Finalistin war dann Silke Wingens an der Reihe. Von ihr bekam die Jury wieder ein raffiniertes Gericht aufgetischt: „Maronenbraten in Rotwein- Kirsch-Sauce mit Rosenkohl und Schupfnudeln“, eine vegetarische Kreation.
„Eine sehr gute Idee und wunderbar angerichtet", lautete der erste Kommentar von Spitzenköchin Inge Stollberg: „Der Maronenbraten ist mir nur ein bisserl zu trocken.“ Dass er auch etwas mehr Würze vertragen hätte, meinte Giovanni Russo: „Da fehlt ein wenig der Kick. Gut wäre im Maronenbraten beispielsweise ein Schuss Grappa mit eingelegten Sultaninen.“ Nicken am Jury-Tisch – und doch wurde auch dieses Gericht gelobt. Und so begann eine heiße Diskussion über die Platzierung.
Jedes Jury-Mitglied hatte so seine ganz persönlichen Favoriten. An Begründungen für oder gegen ein Gericht fehlte es nicht. Die vier Finalisten räumten derweil gemeinsam ihre Arbeitsplätze auf, plauderten mit den Kochkollegen und warteten gebannt auf das Ergebnis.
Das stand schließlich auch fest – und war tatsächlich doch noch einstimmig zustande gekommen: Gestrichen wurde nicht nur der vierte Platz, sondern auch der dritte und der zweite: „Ein Finalist war besser als die anderen, die aber allesamt auch auf hohem Niveau gekocht haben“, verkündete Werner Licht im Namen der gesamten Jury.
Die vier Hobbyköche strahlten übers ganze Gesicht. Von Nervosität keine Spur mehr. Alle waren bester Laune. „Wir sind doch eh schon die vier Besten von rund 150 AZ-Lesern“, sagte Karen Kaboth: „Das allein ist schon eine Freude.“
Diese wurde dann doch noch größer, als der AZ-Chefredakteur die Entscheidung bekannt gab: „Wir haben uns entschlossen, dass es bei unserem Finale nur einen ersten Platz gibt und dreimal Platz zwei!“
Jubel beim Finalisten-Quartett. Dann verkündete Arno Makowsky die Siegerin: Susanne Lößl mit ihrem „Berliner Flughirsch“!
Die konnte ihr Glück kaum fassen, als ihr Kochkollegen und Jury gratulierten und Segmüller- Gesamtvertriebsleiter Reinhold Gütebier die Preisverleihung vornahm. „Alle Kandidaten haben unter Stress toll gearbeitet und auf sehr hohem Niveau gekocht“, sagte Gütebier und überreichte dem Quartett jeweils ein hochwertiges WMF-Kochset im Wert von rund 800 Euro sowie edle Riedel- Weingläser.
Susanne Lößl bekam zudem noch eine WMF-Kaffeemaschine der Superlative für rund 1800 Euro. „Ich kann's nicht fassen“, sagte die Siegerin, die ihr erfolgreiches Gericht jetzt an Weihnachten auch ihrer Familie servieren will: „Dann werde ich glücklicherweise ohne die heutigeNervosität kochen! Hoffentlich gelingt mir mein Hirschfilet dann auch ebenso gut wie heute!“ A. Baronikians
DAS SIEGER-REZEPT : Hirschfiletmedaillons mit Macadamia-Nuss-Kruste
Zutaten (für 4 Personen) - Hirschmedaillons: 600 g Hirschfiletmedaillons, Salz, Pfeffer, 3 EL Butterschmalz, 3 Thymianzweige, 1 Rosmarinzweig, 1 halbierte Schalotte, 1 Knoblauchzehe; Nusskruste: 125 g Butter, 1 Eigelb,6Wachholderbeeren, 1/2 EL abgezupfte Thymianblätter, 100 g gemahlene Macadamianusskerne, 40 g frische Weißbrotbrösel, Salz, Pfeffer; Sauce: 2 rote Zwiebeln, 150 ml schwarzer Johannesbeersaft, 50 ml dunkler Balsamico, 150 ml Rotwein, 150 ml Wildfond, Salz und Pfeffer, Wacholder, 30 g kalte Butterwürfel; Sellerie- Püree: 200 g Knollensellerie, Salz, 180 ml Sahne, 150 g Kartoffeln, Muskatnuss, 3 EL Sahne, 3 EL gehackte Petersilie; Rosenkohl: 600 g Rosenkohl, 30 g Butter, 1 Schalotte, 1 EL Zucker, Salz, Muskatnussabrieb, 2 EL Tomatenwürfel.
Zubereitung: Ofen auf 120 Grad vorheizen. Fleisch mit Salz und Pfeffer würzen, beidseitig in heißem Butterschmalz mit Kräutern, Schalotte und Knoblauch scharf anbraten. Fleisch auf ein mit Alufolie ausgelegtes Blech legen, für ca. 10 bis 12 Min. im Ofen zartrosa braten. Pfanne mit Kräutern beiseite stellen.
Für die Nusskruste Butter schaumig schlagen. Eigelb, gemahlene Wacholderbeeren und Thymian dazu, gut durchrühren. Gemahlene Nüsse in einer Pfanne ohne Fett goldgelb rösten, abkühlen lassen, mit Weißbrotbröseln zur Butter geben, mit Salz und Pfeffer abschmecken. Masse in einen Gefrierbeutel geben, platt ausrollen, in den Kühlschrank legen, bis Kruste fest wird. Diese dann in gleichgroße Stücke wie die Hirschmedaillons schneiden, Gefrierbeutel abziehen, jeweils Kruste auf die Filets legen, andrücken, dann unter dem Backofengrill goldbraun überbacken.
Für die Sauce Zwiebeln in Streifen schneiden und in die Pfanne, in der die Filets angebraten wurden, geben und goldbraun braten. Mit Saft, Balsamico, Wein und Fond ablöschen, einkochen, mit Salz, Pfeffer und Wacholder abschmecken. Kräuter aus der Sauce nehmen, Butter dazu, glattrühren.
Für das Püree Kartoffeln schälen und weich kochen, dann beiseite stellen. Sellerie schälen, in Würfelchen schneiden, in einen Topf mit wenig Wasser geben, mit Salz und Sahne weichkochen, so dass ein dicker Brei entsteht. Mit dem Mixer zu einem glatten Püree mixen. Noch heiße Kartoffeln mit Hilfe einer Kartoffelpresse zum Sellerie geben, gut glattrühren, mit Muskatnuss und Salz abschmecken. Die EL Sahne steif schlagen, mit Petersilie unterheben.
Rosenkohl von äußeren Blättern befreien. Strunk abschneiden, Röschen in die einzelnen Blätter teilen. Schalotten klein hacken. Butter in einer Pfanne erhitzen, Schalotten anschwitzen, Zucker dazu, schmelzen lassen, mit Salz und Muskat würzen. Blätter darin anschwenken, Tomatenwürfel dazugeben.
Püree mit Rosenkohlblättern auf Teller verteilen, Medaillons darauf anrichten, mit Sauce beträufeln.
- Themen:
- Wein