Koalitionskrach! Bettensteuer wird vertagt

Eigentlich sollte der Stadtrat nächste Woche eine neue Steuer für Touristen beschließen. Doch die Grünen wollen die Abstimmung nun verschieben.
von  Christina Hertel
Wegen der geplanten Bettensteuer für Touristen gibt es Krach im Rathaus. (Symbolbild)
Wegen der geplanten Bettensteuer für Touristen gibt es Krach im Rathaus. (Symbolbild) © Peter Kneffel/dpa

Mit einer neuen Übernachtungssteuer wollte Kämmerer Christoph Frey (SPD) bis zu 60 Millionen Euro einnehmen. Jeder Tourist, der in München im Hotel, in einer Ferienwohnung oder auch auf einem Campingplatz übernachtet, soll in Zukunft etwa fünf Prozent auf seinen Übernachtungspreis oben drauf bezahlen. So war Freys Plan - eigentlich. Doch daraus wird nun erst einmal nichts.

Der Gegenwind aus der Wirtschaft war gewaltig. "Die Münchner Tourismuswirtschaft arbeitet sich gerade aus dem tiefen Tal der Corona-Pandemie zurück", sagte Peter Kammerer, der stellvertretende IHK-Hauptgeschäftsführer. In dieser Situation eine Bettensteuer einzuführen, lehne er ab. "Von der überfallartigen Vorgehensweise ohne jegliche Gespräche im Vorfeld ist die Münchner Wirtschaft tief enttäuscht."

Bettensteuer: Grüne fordern Nachbesserung

Auch der Hotel- und Gaststättenverband zeigte sich unzufrieden. All dieser Unmut ist inzwischen auch bei den Grünen angekommen. Sie fordern nun, dass der Kämmerer noch einmal nachbessern muss.

Eigentlich hätte der Stadtrat am Dienstag darüber abstimmen sollen, ob die Kämmerei ein konkretes Konzept für eine solche Übernachtungssteuer ausarbeiten soll. Doch die Stadtratsfraktion der Grünen beantragte nun eine Vertagung des Beschlusses.

Die Kämmerei hätte die Tourismus- und Hotellerie-Branche einbeziehen und anhören müssen – und zwar bevor die Verwaltung die Vorlage erstellte, findet Sebastian Weißenburger, der für die Grünen im Finanzausschuss sitzt. "Es war ein Fehler, dass die Verbände von der Steuer erst aus der Zeitung erfahren", sagt er.

Grüne befürworten Übernachtungssteuer grundsätzlich

Dass der Kämmerer daran arbeitet, neue Einnahmequelle zu erschließen, sei den Grünen bekannt gewesen. Doch, dass Frey die Steuer ausgerechnet jetzt auf die Tagesordnung setzte, sei auch für seine Fraktion eine Überraschung gewesen, so Weißenburger. Grundsätzlich befürworten die Grünen eine Übernachtungssteuer jedoch. Allerdings müsse der Kämmerer das entstandene "Kommunikationsdefizit" wieder gut machen und die Branche anhören.

Noch deutlicher klingt die Kritik von CSU-Chef Manuel Pretzl. Er bezeichnet das Vorgehen der SPD als "stillos". Pretzl spricht sich deshalb ebenfalls für eine Vertagung aus.

Kämmerer und SPD-Chefin sehen keinen Fehler

Einen Fehler wollen aber weder Christoph Frey noch die Fraktionschefin der SPD Anne Hübner sehen. Schließlich, betonen beide, gehe es gerade bloß um einen grundsätzlichen Beschluss. Wenn es um die konkrete Ausgestaltung der Steuer geht, wären die Tourismusvertreter selbstverständlich angehört worden, versichern der Kämmerer und die SPD-Chefin.

"Normalerweise gebe ich die Vorlagen immer zuerst an den Stadtrat und dann an die Beteiligten", so Frey. "Wir können die Schritte aber auch gerne umdrehen."

"Wir brauchen alle Einnahmen, die nur möglich sind"

Dass die Hotelbranche den Vorschlag ablehnen würde, habe er bereits erwartet, sagt er. Allerdings betont er auch: "Wir brauchen alle Einnahmen, die nur möglich sind." Denn die Liste der notwendigen Investitionen ist lang. "Jeder Euro zählt, damit die Stadt nicht mittelfristig in die Handlungsunfähigkeit rutscht."

Auch Anne Hübner betont, dass aus ihrer Sicht an der Steuer nicht mehr zu rütteln ist. Schließlich gebe es die Steuer in zahlreichen deutschen Großstädten – von Berlin bis Hamburg. "Und dort bleiben die Touristen auch nicht fern", sagt Hübner.

Außerdem würden von den Investitionen, die München schultern müsse, auch die Touristen profitieren. Denkbar ist aus ihrer Sicht, einen Teil der Einnahmen wieder in den Tourismus zu stecken. Doch darauf, dass es in München bald eine Sondersteuer für Übernachtungen gibt, müssen sich die Hotels trotzdem einstellen. "Ansonsten hätten wir darüber nachdenken müssen, andere Steuern zu erhöhen", meint sie. "Zum Beispiel die Gewerbesteuer." Und das hätte schließlich die Betriebe hier vor Ort getroffen – und die Touristen.

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