K.o.-Grippe in München: Heuer besonders schlimm

Die Grippe ist heuer besonders aggressiv: Der Erreger attackiert die Lungen und setzt die Patienten teilweise wochenlang außer Gefecht. Zwei Münchner sind bereits gestorben.
Thomas Gautier, Laura Böttcher |
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Es ist an allem Schuld: Eine Aufnahme des H1N1-Virus, das sich zur Zeit bei uns breitmacht und die Grippe auslöst.
Wikipedia/C. S. Goldsmith and A. Balish, CDC Es ist an allem Schuld: Eine Aufnahme des H1N1-Virus, das sich zur Zeit bei uns breitmacht und die Grippe auslöst.

Die Grippe ist heuer besonders aggressiv: Der Erreger attackiert die Lungen und setzt die Patienten teilweise wochenlang außer Gefecht. Zwei Münchner sind bereits gestorben

München - So nett Nikolaus Frühwein auch sein mag – die meisten seiner Besucher wären gerade lieber woanders als bei ihm: In Frühweins Praxis in der Brienner Straße husten sich die Menschen die Seele aus dem Leib. Sie schwitzen auch. Haben hohes Fieber. Sind blass und schwach.

Schuld ist die Grippe. Aber nicht irgendeine. Die hier ist stärker, aggressiver – und legt uns alle frei. München hat die K.o.-Grippe.

„Die, die es trifft, werden von jetzt auf gleich extrem krank und extrem geschwächt“, sagt Frühwein der AZ. „Und dann liegen sie 14 Tage im Bett.“ Das treffe nicht nur schwächere Menschen wie Rentner oder Kinder, sagt Frühwein: „Auch Mitteljährige sind dann nicht mehr arbeitsfähig.“

Das sehen viele seiner Kollegen genauso: „Diese Grippe ist akuter als in den letzten Jahren“, sagt der Münchner Hausarzt Frider Brückner. „Einige Patienten haben Lungenentzündungen und große Probleme beim Atmen. Das sind alarmierende und lebensbedrohliche Symptome.“ Der Mediziner Alexander Rossmann ergänzt: „Ich kenne Patienten, die bis zu drei Wochen im Bett liegen müssen und sich kaum noch bewegen können.“

DIE LAGE IN MÜNCHEN

„Es ist eine deutlich starke Grippewelle spürbar“, sagt Katrin Zettler vom Referat für Gesundheit und Umwelt (RGU). Derzeit gebe es 280 gemeldete Fälle, seit Jahresbeginn waren es 1304. Das sei aber „nur die Spitze des Eisbergs“, so Zettler. Viele Fälle würden nicht erfasst, „manche Patienten werden heimgeschickt. Andere – wie Studenten – gehen gar nicht zum Arzt.“

In den Kliniken merkt man den aggressiven Erreger deutlich: Im Klinikum der LMU liegen sechs Patienten auf der Intensivstation. „Zwei Menschen sind uns in den letzten drei Wochen gestorben“, sagte Intensivmediziner Lorenz Frey. Im Städtischen Klinikum wurden seit Jahresbeginn100 Patienten stationär wegen akuter Grippe aufgenommen. Laut Sprecher Marten Scheibel gab es glücklicherweise keine Todesfälle. Im Rechts der Isar wurden 26 Patienten behandelt, auch hier gab es keine Toten.

DAS IST DER ERREGER

Das Influenza-Virus besteht aus vielen verschiedenen Stämmen. Menschen werden meist von denselben drei attackiert:

*A-H1N1 – die so genannte Schweinegrippe. Dieses Virus wurde 1930 in Schweinen nachgewiesen, eine Variante war 1918 für die Spanische Grippe verantwortlich, die Millionen dahinraffte. Laut RGU-Sprecherin Katrin Zettler sorgt H1N1 deutschlandweit für 46 Prozent der Grippe-Fälle. Laut Tropenmediziner Nikolaus Frühwein ist es aktuell in München sehr aktiv: „Der Großteil hat den Schweinegrippe-Virus.“

*A-H3N2 – auch „Hongkong-Grippe“ genannt. Es sorgt für etwa 36 Prozent aller Fälle.

*B: Dieser Typ ist für 18 Prozent der Influenza-Infektionen verantwortlich.

DARUM LEGT ES UNS FLACH

Viren sind wie Piraten, so Frühwein: „Sie befallen Zellen und vermehren sich in ihnen. Dann wird die Zelle zerstört, und sie schwärmen aus.“ So gehe das weiter, bis das Immunsystem des Körpers eingreife. Der Kampf im Innern führt zu Fieber und schwächt den Organismus – man ist völlig fertig.

Der derzeitige Influenza-Erreger vermehre sich offenbar schneller und zerstöre mehr, so Frühwein. Das Ergebnis: „Sie fühlen sich schlagartig schlecht“, sagt RGU-Sprecherin Katrin Zettler. Betroffen sei heuer oftmals die Lunge – die greift das H1N1-Virus gerne an. „Dieses Mal ist es besonders schlimm“, sagt Frühwein. Viele seiner Patienten hätten stark entzündete Bronchien. „Die husten sich kaputt.“

WAS HILFT?

Ehrlich gesagt: wenig. Immer zum Arzt gehen, rät Zettler. Fiebersenkende Medikamente nehmen, rät Frühwein, „vielleicht auch etwas, das das Abhusten erleichtert“. Am Ende müsse man aber einfach da durch, so der Arzt. Also: „Ab ins Bett – und a Ruah geben.“

 

 

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