Kloster Ettal: Pater G. weist alle Vorwürfe zurück

München - Vier junge Männer klagen ihn an: Pater G., bürgerlich Jürgen R. (44), soll ihnen in ihrer Zeit als Schüler des Ettaler Klosterinternats bei verschiedenen Gelegenheiten in die Hose gegriffen haben. Doch der Priester streitet alles ab. Drei Stunden lang listet er beim gestrigen Prozessbeginn minuziös auf, wann er mit welchem Schüler wie zu tun hatte und warum es nicht sein kann, dass er die Buben missbraucht hat. Am Ende das Fazit des Angeklagten: „Alle Vorwürfe sind unzutreffend.“
Die Staatsanwaltschaft wirft ihm 22 Fälle des sexuellen Missbrauchs von Kindern und Schutzbefohlenen sowie zwei weitere Versuche. Die Opfer sind Internatsschüler, um die sich Pater G. als Präfekt kümmern sollte. Nach Ansicht der Ankläger hat er das Vertrauen der 12 bis 14 Jahre alten Kinder aber missbraucht. In seinem Präfektenzimmer soll er zwischen 2001 und 2005 regelmäßig Schüler abends unter der Unterhose befummelt haben. Auch auf einer Berghütte gab es laut Anklage sexuellen Missbrauch an einem 13-Jährigen. Das Opfer stellte sich schlafend.
Bereits am 7. Mai 2005 war der Präfekt von der Klosterleitung aus dem Internat rausgenommen werden. Damals aufgrund einer Distanzlosigkeit gegenüber den Schülern, die diese dem Direktor angezeigt hatten. Dabei ging es offenbar darum, dass der Pater die Kinder zu sich auf den Schoß nahm und streichelte.
Dass er es an der notwendigen Distanz fehlen ließ, gibt Johann R. zu. Die Streicheleinheiten seien aber als Trost bei schulischen Problemen gemeint gewesen. Eine sexuelle Motivation habe es dafür nie gegeben. Er habe die Internatsschüler lediglich an Bauch und Rücken gestreichelt. Genauso wie es früher seine Mutter gemacht habe, wenn er Trost brauchte. Er sei selber ein sehr schlechter Schüler gewesen. Erst spät, nach vollendeter Bankkaufmann-Lehre, fand er zum Kirche. Ettal habe er sich ausgesucht, weil er ein begeisterter Bergsportler sei.
Seine Rolle als Erzieher in dem Internat beschreibt er so: „Ich war in dieser Zeit Vater- und Mutterersatz.“ Dass es ihm damals an Distanz zu den Kindern gefehlt habe, tue ihm zwar jetzt leid, aber er führt seine Fehler vor allem auf eine mangelnde pädagogische Ausbildung zurück.
Die lange Erklärung von Johann R. zielt vor allem darauf, die Glaubwürdigkeit seiner ehemaligen Schutzbefohlenen zu erschüttern. Missbrauch im in der Berghütte? Sei doch gar nicht möglich, weil andere Schüler direkt daneben lagen und wach geworden wären. Missbrauch im Präfektenzimmer? Viel zu riskant, weil die Tür immer offen stand und es bei ihm zuging „wie im Taubenschlag“.
Warum dann die Vorwürfe? Die seien in einem Fall die Rache dafür, dass eines der mutmaßlichen Opfer wegen Diebstahls vom Internat flog. In den anderen Fällen hätten sich die Schüler von ihm ungerecht behandelt gefühlt. Einer der Schüler sei in psychiatrischer Behandlung gewesen, ein anderer sei ein ziemlicher Quertreiber gewesen.
Als es dann um seine eigene sexuelle Vergangenheit vor dem Mönchsgelübde gehen soll, wird Pater G. plötzlich schweigsamer. Erst müsse die Öffentlichkeit ausgeschlossen werden.
Für Robert Köhler vom Verein der Ettaler Missbrauchopfer kommt der Prozess gegen den Pater sowieso sehr spät: „Die Jahre des Wartens sind eine wahnsinnig belastende Zeit.“ Er fürchtet zudem, dass das Bedürfnis der Opfer nach Genugtuung nicht erfüllt wird.
Am 11. Februar kommt das erste der mutmaßlichen Opfer zu Wort.