"Klinisch rein ist nicht möglich"
Die Brotmanufaktur Schmidt, die sechs eigene Filialen und rund 100 Gastronomie-Betriebe beliefert, setzt auf Transparenz – hier erklären die Chefs, wie sie ihren Betrieb sauber halten
München – „In einer Backstube kann es nicht klinisch rein sein wie in einem Krankenhaus. Aber was sich Müller-Brot geleistet hat, das kann sich kein normaler Bäcker erlauben“, sagt Markus Schmidt (37) von der Brotmanufaktur Schmidt. Zwei Wochen lang versuchten Putzkolonnen die Produktionsstätte von Müller-Brot in Neufahrn wieder sauber zu schrubben – erfolglos. Die Inspekteure haben eine Wiederaufnahme der Produktion am Freitag erneut verboten (AZ berichtete). Mäusekot, Schimmel, Kakerlaken – die hygienischen Zustände in Neufahrn sprengen offenbar alle Vorstellungen.
Auch die von Bäckermeister Schmidt, der mit seiner Frau Sonja (34) mitten im Wohngebiet in Haidhausen eine Bäckerei betreibt. Das Paar beschäftigt 90 Konditoren, Bäcker, Verkäufer und Fahrer. Täglich beliefern sie sechs eigene Filialen sowie rund 100 Restaurants, Bistros, Kantinen und Feinkostgeschäfte. Die Haidhauser Bäcker setzen in der Müller-Krise auf Transparenz. „Wir haben nichts zu verbergen“, sagen sie. Seit dem Skandal bieten die Schmidts sogar Führungen für ihre Kunden an. Auch für die AZ öffneten sie ihre Backstube in der Steinstraße:
Es riecht nach Mehl, Wasser und Desinfektionsmittel. Für heute sind die Bäcker und Konditoren fertig. Es ist 15 Uhr. 240 verschiedene Backwaren haben die Angestellten geknetet, verziert und in die riesigen Backöfen geschoben – Krapfen, Brezn, Croissants, Kuchen, Törtchen, Semmeln und allein 350 Laibe des berühmten doppelt gebackenen Bauernkrustenbrots.
Es ist eng in der verwinkelten, nur rund 800 Quadratmeter großen Backstube. Vor allem am Vormittag geht es hektisch zu. „Das Mehl staubt und verbreitet sich überall“, erklärt Chefin Sonja Schmidt. Das ist einer der Gründe, warum es niemals steril sein kann in einer Backstube. Der Aufwand, der betrieben werden muss, damit trotzdem alles appetitlich bleibt, ist sehr groß, erklärt die Bäckermeisterin. Und das jeden Tag.
Los geht es schon mit der Einrichtung: Alle Wände sind gefliest, geht eine Kachel kaputt, muss sie sofort ausgewechselt werden, damit keine Tierchen Unterschlupf finden können. Die meisten Geräte sind aus Edelstahl. Der Boden besteht aus gegossenem Kunstharz. Auch hier gibt es keine Schlupflöcher.
Schon seit Jahrhunderten wird in der Steinstraße 27 gebacken. Einst stand hier eine Mühle, die von einem Bach gespeist wurde, der am Maximilianeum in die Isar floss.
Damals und weit bis ins 20. Jahrhundert waren in der Backstube auch Katzen fürs Ungeziefer zuständig. Sie fraßen die Mäuse. Das ist längst verboten. Katze Luzie, die zuletzt hier jagen durfte, lebt schon seit Jahren am Schliersee in Rente.
Heute steht in jedem Raum vorsorglich eine Mausefalle, alle zwei Monate kommt der Kammerjäger zur Kontrolle – routinemäßig. „Allein für Reinigungsmittel und eine externe Firma, die uns berät, geben wir pro Jahr rund 50.000 bis 60.000 Euro aus“, sagt Sonja Schmidt. Da sind die drei Vollzeit-Reinigungskräfte, die die Schmidts beschäftigen, noch nicht mitgerechnet. „Aushilfskräfte haben wir nicht. Billige oder dumme Leute putzen nicht gut“, meint Markus Schmidt. Zudem muss jeder Mitarbeiter seinen Arbeitsplatz selbst sauber halten. 1,5 Stunden Zeit bringt jeder dafür durchschnittlich auf – jeden Tag. Sonja Schmidt: „Kein normaler Bäcker kann sich einen Saustall leisten. Der wäre schon längst zugesperrt worden.“ Und dann gibt es noch einen wichtigen Aspekt, der für die Schmidts unhygienische Zustände verbietet: „Wir wollen doch unsere Ware auch gern essen.“
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